Communicasia, Singapur, 20. bis 23. Juni

Gateway nach Asien

17. August 2006, 23:35 Uhr | Stefan Mutschler

Auch in Asien dreht sich derzeit alles um das Thema Konvergenz. Auf der "Communicasia" in Singapur führte das zur Verschmelzung von ehemals drei eigenständigen Messen für Telekommunikation, Unternehmensnetze und Medienwelt. Zusammen mit der "Enterprise-IT" und der "Broadcast-Asia" ist die Communicasia nun die größte Technologieshow in Südostasien (2339 Aussteller). Schwerpunkte waren mobile Applikationen und "digitaler Lebensstil".

Nirgends liegen Spieltrieb und Geschäftssinn so eng beisammen wie in den Technologiehochburgen
Asiens – Japan, Südkorea und mehr und mehr auch Singapur. Auffallend viele Menschen hantieren hier
unentwegt mit ihren kleinen Handys und PDAs – wobei ein Beobachter keine Chance hat zu erkennen, ob
sich der Betreffende gerade um die Familienplanung kümmert (etwa per Videodating-Service, wie ihn
Ericsson auf der Communicasia vorstellte), seinen Staubsauger versteigert (Bidshot präsentierte
unter anderem das erste Webportal für den Handel per Handy) oder einfach nur fern sieht (zum
Beispiel mit einem PDA, der durch einen kleinen Stecker von Innoxius Technologies zum
Multisystemdigitalempfänger für DVB-H, DVB-T, T-DMB, DAB und enhanced-packet-mode-DAB wird).
Mobility auch im Gesundheitswesen: Philips etwa steckte auf der Messe intelligente Sensoren in den
Maßanzug. Diese überwachen permanent den Gesundheitszustand des Trägers und senden kritische
Informationen zunächst per Bluetooth auf das mitzuführende Handy und von dort wahlweise zum
Hausarzt oder an eine Klinik. Schneller als in Europa und auch schneller als in Amerika finden
solche Applikationen in Asien den Weg in den Alltag und damit ins Geschäftsleben. Kein Wunder also,
dass die entsprechenden Anbieter damit zunächst den asiatischen Markt bedienen, auch wenn sie aus
Europa oder anderswo herkommen.

Während in Europa die Mobilfunkoperatoren verschiedener Länder gerade bemüht sind, ihre "
Roaming-Abkommen" etwas anwenderfreundlicher zu gestalten (und auch das nur auf Druck der EU),
fahren die asiatischen Mobilfunker eine völlig andere Schiene: Bereits im November 2004 schlossen
sich acht TK-, beziehungsweise Mobile-Provider mit einer "gemeinsamen Vision" zusammen. Ziel war
es, nicht nur Nachrichten und Telefonate untereinander in ihren Netzen weiterzuleiten, sondern
gemeinsame Services zu entwickeln. Die Philosophie der Bridge Mobile Alliance lautet: Der Nutzer
soll sich zuhause fühlen, gleichgültig in welchem Land er sein Mobiltelefon einschaltet. Wer so
immer weiß, woran er ist, der wird auch eher bereit sein, zusätzliche Services in Anspruch zu
nehmen, so der geschäftliche Gedanke in diesem Szenario. Auf der Communicasia präsentierten Airtel
(Indien), CSL (Hong Kong), Globe Telecom (Philippinen), Maxis (Malaysia), Singtel Mobile
(Singapur), Yes Optus (Australien), Taiwan Mobile (Taiwan) und Telkomsel (Indonesien) unter dem
Dach der Bridge Alliance ihre neuen Dienste. Dazu zählen mit einem Concierge-Portal ein virtueller
Lotse, mit Regional Mobile VPN ein VPN-Service für die nahtlose Verbindung ins Firmennetz im
gesamten Raum Asien-Pazifik sowie ein mobiler Bezahlservice via Handy. Immer stehen nahtlose
Funktion, transparente Preise und ein einheitliches Look and Feel im Mittelpunkt. Gleiches gilt
auch für die Angebote, die noch auf der Roadmap stehen, darunter speziell auf 3G-Netze
zugeschnittene Services, regional angepasste mobile Commerce- Content/IP-Multimedia- und
Unternehmenslösungen sowie erweiterte Roaming-Services.

Entsprechend dem Messefokus rückte Microsoft bei seinem Auftritt den mobilen User in den
Mittelpunkt. Topthema hier: das neue Windows Mobile 5.0, das vor allem hinsichtlich
Multimediafähigkeiten (Media Player 10 Mobile) und Back-Office-Integration aufgerüstet wurde. So
kommt das das mobile Windows jetzt mit Push-Mail-Fähigkeiten. E-Mails, Kalendereinträge und
Aufgaben werden sofort auf das entsprechende Gerät übertragen, sobald sie die In-Box des dafür
zuständigen Exchange 2003-Servers erreichen. Ein weiterer Schwerpunkt auf dem Microsoft-Stand war
mobiles Bezahlen auf Basis der Microsoft "Flexgo"-Technologie. Auch der chinesische
Elektronikgigant Huawei zeigte sich mobil. Unter anderem hatte er ein HSDPA-Funkmodul (High Speed
Downlink Packet Access im UMTS-Netz) im Gepäck, das sich ohne Installationsaufwand einfach per
USB-Verbindung mit einem Laptop oder PC nutzen lässt. Es erlaubt Übertragungsraten bis 3,6 MBit/s,
also mehr als die meisten DSL-Verbindungen im Festnetz.

Die Europäische Gemeinschaft präsentierte sich mit einem Gemeinschaftsstand. Ein
produkttechnisches Highlight war hier "Toca", eine Fingerscan-basierende Security-Lösung des
österreichischen Herstellers Ekey. Anders als die klassischen Fingerprint-Systeme erfasst Toca das
Bild der Fingerkuppe nicht durch breitflächiges Aufdrücken, sondern durch Ziehen über einen
schmalen Schlitz. Auf diese Weise werden Ablagerungen auf der Scan-Fläche vermieden – bei üblichen
Systemen gerne die Ursache von Fehlern. Deutschland war ebenfalls durch einen Gemeinschaftsstand
(vornehmlich mit Anbietern aus der Satellitentechnik wie zum Beispiel Kathrein), sowie durch
zahlreiche Einzelstände von Herstellen (allen voran Siemens).

Ein wenig erinnert die Communicasia an die CeBIT, wenn auch (noch) in deutlich kleinerem
Maßstab: Breites Spektrum, zahlreiche, repräsentative Stände und dichtes Gedränge in den Fluren.
Nur die Füße schmerzen nach dem Besuch nicht so, wie nach einem CeBIT-Rundgang. Grund: Die Hallen
der Singapur Expo sind nicht hunderte Meter auseinander, sondern – typisch britisch und damit an
die Vergangenheit erinnernd– nahtlos in Reih und Glied gebaut.

IT-Plan für Singapur: Breitband überall

Die IT-Industrie stellt nach Einschätzung der Regierung das Rückgrat der wirtschaftlichen
Entwicklung dar. Mit dieser Erkenntnis hat das Land gerade aktuell einen IT-Plan aufgestellt, der
alles bisher da gewesene weit in den Schatten stellt. Waren die vorangegangen IT-Pläne meist auf
zwei bis drei Jahre ausgelegt und von eher kleineren Etats begleitet, ist der neue "Intelligent
Nation"-Plan auf fast zehn Jahre (bis 2015) projektiert und von einem Investment von "mehreren
Milliarden Singapur-Dollar" gekrönt.

Was dabei herauskommen soll, erklärte Dr. Lee Boon Yang, Minister für Information, Kommunikation
und Kunst anlässlich der Eröffnungsfeier der Communicasia, wo dieser Plan erstmals öffentlich
präsentiert wurde: "Breitband überall, jederzeit und auf jedem Gerät". Auch soll jeder von Zuhause
aus Zugang zu seinen medizinischen Daten haben (und etwa bei einem Arztwechsel dem neuen Arzt zur
Verfügung stellen können). Ein wichtiges Element des Plans ist es, auch ärmeren Familien den Zugang
zum Internet zu ermöglichen. Ein neues Kabelnetzwerk (Glasfaser), das ab nächstem Jahr verlegt
werden soll, erlaubt das Surfen mit Geschwindigkeiten von 1 GBit/s und mehr – so zumindest der
Plan.


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