Um gegenüber der immer stärker werdenden asiatischen Konkurrenz wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die europäische Industrie ihren Vorsprung bei Innovation und Technik ausbauen. Das Schlüsselwort lautet Industrie 4.0: Produktion und IT vernetzen sich zu einem großen Ganzen. Maschinen kommunizieren mit Maschinen, und der Zulieferer ist mit einbezogen, während das Werkstück selbst seine Einzelteile bestellt.
Der bekannte Unternehmensberater und Analyst Roland Berger hat jüngst prophezeit: "Investitionen in Höhe von 1.350 Milliarden Euro sind in den kommenden 15 Jahren europaweit notwendig, um der Industrie 4.0 zum Durchbruch zu verhelfen." Dies bedeutet, dass sich Produktion und klassische IT vernetzen und damit zusammenwachsen. Die Basis für diese Vernetzung ist Kommunikation, und diese muss durch ein zuverlässiges Netzwerk-Monitoring sichergestellt sein.
Um die Bedeutung der Industrie in der europäischen Wirtschaft noch einmal zu unterstreichen: Sie trägt 15 Prozent zur Wertschöpfung bei und macht 80 Prozent der Innovationen und 75 Prozent der Exporte aus. Und sie befindet sich gerade im Übergang in ein neues Zeitalter, denn sie wird intelligenter. Laut den Spezialisten von Roland Berger Strategy Consultants erlaubt die intelligente Produktion die Fertigung von Einzelstücken in Serie bei gleichzeitiger Produktionssteigerung von 30 Prozent. Firmen werden künftig ihre Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel durch digitale Systeme weltweit vernetzen. Durch diese Vernetzung und den damit verbundenen ununterbrochenen weltweiten Informationsaustausch werden Maschinen zukünftig in der Lage sein, "sich selbstständig zu steuern, effizienter zu arbeiten und Fehler schnell zu erkennen". Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit, große Datenmengen durch geeignete IT-Infrastrukturen zu übertragen. Mit einer Investition von rund 90 Milliarden Euro jährlich in den kommenden 15 Jahren soll es Europa schaffen, sich als Vorreiter der neuen Industriewelt zu etablieren.
Getrennte Welten verbinden
Die Entwicklung zur Industrie 4.0 ist unaufhaltsam. Denn in heutigen industriellen Prozessen zählen ungeplante Ausfälle und damit einhergehende Stillstandszeiten nach wie vor zu den schwerwiegendsten Gründen für Umsatzverluste. Auch wenn die einzelnen Schritte in der Versorgungskette gut organisiert und die wichtigsten Ersatzteile stets auf Lager sind, können Ausfälle abseits geplanter Wartungszyklen die Effizienz einer Produktionskette deutlich verringern. Der Traum einer Fertigungsstraße, die niemals ungeplant ausfällt, rückt mit Industrie 4.0 nach Einschätzung von Experten in greifbare Nähe. Dies betrifft zum Beispiel Ersatzteil-Vorablieferungen, die Techniker pünktlich zur geplanten Wartung noch vor drohenden Ausfällen einsetzen können. Darüber hinaus verringern sich die Lagerhaltungskosten, da Ersatzteile nicht mehr auf Verdacht bestellt und gelagert werden müssen. Allerdings bringt die Industrie 4.0 eine wesentliche Herausforderung mit sich: die Abbildung und Integration der nötigen Kommunikationsprozesse in die bestehende IT-Infrastruktur.
Um eine reibungslose Kommunikation zu ermöglichen, müssen die Verantwortlichen die traditionelle Trennung der industriellen Prozesse von der klassischen Unternehmens-IT aufheben. Es gilt, eine Verbindung zwischen zwei Welten zu schaffen, die neben einer räumlichen auch einer sprachlichen Trennung unterliegen, nämlich Produktion und "klassische" IT. Diese "Welten" müssen enger zusammenarbeiten. Beispielsweise hat die Produktion in der Regel keinen direkten Zugriff auf das Internet. Sie ist nicht in die klassische Buchhaltung oder Warenwirtschaftssysteme eingebunden. Dies ist aber erforderlich, etwa wenn Werkstücke ihre eigenen Ersatzteile bestellen können sollen. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass die klassische IT häufig bereits über Tools zur Netzwerküberwachung verfügt und es daher sinnvoll ist, kein weiteres System einzuführen. Besser ist es, das bestehende System auf die Produktion auszuweiten.
Übersetzer für Produktion und IT
Um in diesen Bereichen eine funktionierende Kommunikation zu schaffen, gilt es, unterschiedliche Protokolle zusammenzuführen und Schnittstellen sowie gemeinsame Standards zu etablieren. Möglich wird dies unter anderem durch die immer größere Verbreitung speicherprogrammierbarer Steuerungen (SPS). Im Gegensatz zu früher üblichen, fest verdrahteten Maschinensteuerungen verfügen SPS über ein Betriebssystem und Schnittstellen, die eine Anbindung an konventionelle IT-Netzwerke ermöglichen - der Markt bietet bereits diverse Lösungen, die hier als "Übersetzer" dienen können.
Funktionierende Kommunikation setzt neben einer gemeinsamen Sprache und einem Übersetzer jedoch auch intakte Kommunikationswege und funktionierende Gesprächsteilnehmer voraus. Die konsequente Vernetzung von Fertigungsanlagen und deren Anbindung an offene Netze - also das klassische Intranet und Internet - muss gewährleistet sein. Leistung und Zuverlässigkeit sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren. Erreichen lässt sich dies durch ein umfassendes Netzwerk-Monitoring sowohl der Kommunikationswege als auch der Geräte und Applikationen (Verfügbarkeit- und Bandbreiten-Monitoring).
Netzwerk-Monitoring als zentraler Leitstand für Industrie 4.0
Entscheidend ist die Wahl der richtigen Monitoring-Lösung, die im Idealfall dann den zentralen Leitstand für IT und Produktion bildet. Klassische Monitoring-Tools entstammen der IT-Welt und sprechen standardmäßig nicht die Sprache von Fertigungsstraßen, Robotern oder anderen Industrie-Komponenten. Ist also die Produktion an die IT angebunden, muss die Software flexibel genug sein und das möglichst einfache Erstellen individueller Abfragen und Messpunkte ermöglichen. Der Administrator muss sie an alle benötigten Schnittstellen anpassen können, die sich nicht durch Default-Einstellungen bedienen lassen - und dies vor allem unkompliziert. Denn es gibt schlicht keine klassische IT-Monitoring-Lösung, die standardmäßig Produktionsanlagen überwachen kann. Gleichzeitig sollte eine entsprechende Software allerdings die gängigen Standards der IT beherrschen und selbstverständlich alle Möglichkeiten hinsichtlich Datenauswertung, Alarmierung sowie Datenpublikation umfassen - und wenn möglich auch nichts an ihrer einfachen Handhabung verlieren. Die Lösung sollte also generell breit genug aufgestellt sein, um alle Standards abzudecken. Sie sollte nicht nur reinen Traffic monitoren können, sondern auch in der Lage sein, Applikationen, Datenbanken, Firewall und Server zu überwachen, den "Weg ins Internet" sicherzustellen und die klassischen Protokolle zu bedienen.
Darüber hinaus gibt es weitere Standardanforderungen an die Netzwerküberwachungslösung. So erlauben einfache Installationsroutinen und automatisierte Hilfen bei der Konfiguration in Verbindung mit einem breiten Feature-Set im Bereich der klassischen IT die schnelle Implementierung eines umfassenden IT-Monitorings. Die Monitoring-Software liefert so die Informationsbasis für ein funktionierendes Netzwerk sowie die Grundlagen für das Monitoring unterschiedlicher Industrie-4.0-Komponenten. Umfassende Optionen zu Alarmierung und Benachrichtigung in Verbindung mit Reporting-Features gewährleisten die nötige Sicherheit dafür, dass der IT-Administrator die Monitoring-Ergebnisse stets adäquat auswerten und kommunizieren kann.
Viele Monitoring-Lösungen bieten ein so genanntes "Auto-Mapping": Basierend auf einem Netzwerk-Scan werden dabei automatisiert Übersichten der IT-Topographie generiert. Was in einem klassischen Netzwerk möglicherweise seine Berechtigung hat, hilft in diesem Fall jedoch nicht weiter, da "Auto-Mapping" die verschiedenen Ansichten nur anhand von Dependenzen generiert. Um eine optimale Übersicht der überwachten Kommunikationswege und Geräte sicherzustellen, ist eine räumliche Darstellung weit sinnvoller. Manuelle Map-Editoren, die zum Beispiel das Einlesen eines Gebäudegrundrisses und das freie Platzieren der überwachten Maschinen auf diesem Grundriss erlauben, bieten in diesem Fall die bessere Lösung.