Eine gute und eine schlechte Nachricht zum Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, der die europäischen Flugzeugflotten per Aschepartikel-Knockout zu Boden geschickt hat - die schlechte zuerst: Der Vulkan mit dem unhandlichen Namen hat den Passagier- und Frachtfliegern nun schon seit Tagen kontinuierliche Bodenhaftung verordnet, was nicht nur die Airlines und Flughäfen viel Geld kostet, sondern auch die Just-in-Time-Produktion zahlreicher Branchen in eine Much-too-late-Logistik verwandelt, was weitere Einbußen verursacht.
So musste zum Beispiel das BMW-Werk in Dingolfing wegen ganz und gar nicht "in time? gelieferter
Elektrobauteile eine
Produktion stoppen, und man hörte sogar
Gerüchte, in Münchner Schicki-Lokalen könnte der
Hummer knapp werden (das
Krustentier, nicht der hässliche Geländewagen).
Die gute Nachricht: Da die Flugindustrie
laut Analysten für zwei Prozent des
weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich zeichnet, ist die erzwungene Erholungspause laut
Klimaforschern letztlich sogar gut für die Umwelt. Dies hat zum Beispiel das britische Blatt
http://www.guardian.co.uk/environment/2010/apr/19/eyjafjallajokull-volcano-climate-carbon-emissions" title="http://www.guardian.co.uk/environment/2010/apr/19/eyjafjallajokull-volcano-climate-carbon-emissions">The
Guardian berichtet, und auf informationisbeautiful.net war auch eine sehr anschauliche Grafik
zum Vergleich des CO2-Ausstoßes des Vulkans mit dem der europäischen Luftfahrtindustrie zu finden:
www.informationisbeautiful.net/2010/planes-or-volcano/.
Aber auch auf die IT-Industrie wirkt sich der Vulkanausbruch aus. So habe ich kurz nach der
Eruption mit meinen Kollegen in der Redaktion gewettet, dass wir nun einen Schwall von
Pressemitteilungen erhalten werden, in denen die Anbieter von Lösungen für Web-Collaboration und
Video-Conferencing eilig vermelden: Wer unsere Tools einsetzt, ist jetzt fein raus, weil er nicht
auf Flüge angewiesen ist.
Und hast du nicht geseh?n: Von der Cisco-Tochter Webex kam die Pressemitteilung "Online gegen
Vulkanasche: Sechs Tipps für den Einsatz von Webkonferenzen?, Easynet rückte seine
Videokonferenz-Angebote unter der Überschrift "Telepresence statt Flugausfall? ins rechte Licht,
und Polycom meldete: "Unterbrechung des Flugverkehrs sorgt für Aufwind bei der Nutzung von
Videokonferenz- und Telepresence-Lösungen? – um nur einige Pressetexte zu nennen. Der Carrier
Telefónica hatte immerhin die nette Idee, seinen Firmenkunden während des Flugverbots kostenlose
Telepresence-Services anzubieten.
Die einschlägigen Anbieter werden ab sofort sicherlich nicht mehr nur die Zeit- und
Kostenersparnis oder Green IT – den Beitrag zum Umweltschutz durch weniger Dienstreisen – in den
Mittelpunkt rücken. Per Eruption hinzugekommen ist nun das Thema "Business Continuity?, also der
unterbrechungsfreie Geschäftsbetrieb in Krisenzeiten. Und diese Anbieter haben damit schlicht und
einfach recht. Allerdings ist die IT-Industrie nach wie vor gefordert, ihren eigenen CO2-Ausstoß
deutlich unter den der Luftfahrtindustrie zu drücken – laut der erwähnten Gartner-Meldung lagen
beide Industriezweige 2007 nämlich noch gleichauf.
Man darf hoffen, dass die bedrohliche Aschewolke den Unternehmen als Weckruf dient, künftig
tatsächlich stärker auf umweltfreundliche Web-Collaboration- und Video-Conferencing-Technik zu
setzen. Dann hätte das isländische Rauchzeichen wenigstens einen langfristigen Nutzen – für die
Unternehmen und für die Umwelt.
LANline/
Dr. Wilhelm Greiner