Geht es nach den Eindrücken vom Solution Kongress "Voice over IP? der LANline und COMPUTER ZEITUNG, dann steht Voice over IP ganz oben auf der Investitionsliste der Unternehmen. Noch aber sind technische Herausforderungen zu meistern.
Über 180 Teilnehmer verzeichnete der Solution Kongress der LANline und COMPUTER ZEITUNG, der am
5. und 6. Juli 2005 in München Einsatzmöglichkeiten und technische Voraussetzungen der neuen
Technologie erkundete. Die Veranstaltung dokumentierte allein schon durch ihre Anziehungskraft,
dass bei Voice-over-IP-Lösungen offenbar die Zeit bloßer Diskussionen vorüber ist und reale
Migrationsvorhaben begonnen haben. Das Ergebnis des Kongresses: Voice over IP verspricht gegenüber
klassischen Telefonsytemen Einsparungen, ist aber keineswegs zum Nulltarif zu haben und fordert
IT-Infrastrukturen einiges ab.
Bei der heute erreichbaren Qualität muss man durchaus noch Einbußen gegenüber der klassischen
Telefonie in Kauf nehmen, erfuhren die Besucher gleich im einleitenden Rundumblick zu VoIP von
Kai-Oliver Detken (Decoit), der die Teilnehmer geschickt in die komplexe Thematik einführte.
Vorträge über zukunftssichere Endgeräte (Hartmut Becker, Alcatel), die richtige Netzinfrastruktur
für VoIP (Thomas Moetz, APC) und den direkten Qualitätsvergleich mit ISDN-Telefonie (Ralf
Karbstein, Datakom) befassten sich am ersten Tag mit den Details von Implementierungen und
Migrationen.
Aha-Erlebnisse bescherte den Teilnehmern schließlich die Live-Vorführung der
Security-Spezialisten Enno Rey und Roland Fiege vom Dienstleistungsunternehmen ERNW. Stand bei
anderen Live-Hacks bisher komplexe, ausgefeilte Angriffstechnik im Vordergrund, die auch auf der
Bühne einiges an Vorbereitung erfordert, so machte das Mitlesen der Voice-Pakete in einem Testnetz
den Spezialisten offenbar überhaupt kein Mühe. Ein Großteil der Spionagearbeit bestand einfach
darin, die Micky-Maus-Stimmen der im ersten Anlauf gesammelten Klangdateien mit einem Sound-Editor
in gut hörbare Gespräche zurückzuverwandeln. So wurde schnell klar, dass der Lauschangriff auf
Voice-over-IP mitunter noch leichter fällt als die klassischen Mithörattacken auf Standardtelefone.
Dem Vortrag von Rechtsanwalt Ulrich Emmert (siehe auch Beitrag zum Thema "Spam" auf S. 44) am
zweiten Veranstaltungstag mussten die Teilnehmer dann entnehmen, dass die Endanwender diesen
Problemen zum Trotz von VoIP mehr Vertraulichkeit erwarten dürfen als etwa von E-Mail, da der
Gesetzgeber die flüchtige mündliche Kommunikation stärker schützt. Verschlüsselung dürfte auf
längere Sicht der einzige Ausweg aus diesem Dilemma sein.
Neben der effizienten Nutzung von VoIP im WAN (Martin Schauder, Telefónica) und in drahtlosen
Netzen (Guido Nickenig, Algol) stand am 6. Juli die Integration von VoIP in Unternehmensanwendungen
auf dem Programm (Jürgen Brieskorn, Siemens). Vor allem die Möglichkeit, Kommunikation direkt und
automatisiert mit Projektmanagement zu verknüpfen, reizt viele Anwender. Dass nicht einmal die
Standardisierungsprozesse im VoIP-Umfeld abgeschlossen sind, zeigte Enno Rey in seiner Bewertung
der Protokolle SIP und H.323. Letzteres wird verschwinden, meinte der Referent und bezeichnete es
als zu komplex und zu wenig an Internet-Strukturen angepasst. Dabei aber ist das letzte Wort noch
nicht gesprochen – dies ließ sich an den Zuhörerfragen ablesen, die Informationen zum standardmäßig
verschlüsselten Skype-Verfahren einforderten. Vielen Administratoren begegnet Skype offenbar auch
in Form unerwünschter Privatverbindungen von Mitarbeitern. Uwe Betz vom Unternehmen Conactive
machte in seinem viel beachteten Vortrag zur flexiblen Open-Source-Nebenstellensoftware "Asterisk"
zusätzlich deutlich, dass auch aus dem Umfeld freier Software leistungsfähige Verfahren und
Protokolle zu erwarten sind, deren Bedeutung noch gar nicht eingeschätzt werden kann.
Info: Konradin Events Tel.: 089/45616-112 Web: www.events.konradin.de