HP-Chef Mark Hurd sieht sein Unternehmen noch nicht über dem Berg, sondern plant weitere einschneidende Rationalisierungen. Eine davon ist eine unvorstellbar radikale Konsolidierung der eigenen IT-Landschaft.
Die vielen Firmenzukäufe während der Zeit von Carly Fiorina haben bei HP einen IT-Wildwuchs produziert, den CIO Randy Mott schon seit geraumer Zeit konsolidieren möchte. Doch bislang war er kaum über eine umfassende Analyse hinaus gekommen. Jetzt aber hat HP-Chef Hurd seinen Vorstellungen einer flachen IT-Versorgung die höchste Priorität eingeräumt. Damit stehen die Zeichen gut, dass HP in den nächsten Jahren einmal selbst spürt, wie es den vielen CIOs bei seinen Kunden nach diversen Übernahmen und Fusionen ergeht.
Randy Mott hat dafür ein ehrgeiziges Drei-Jahres-Programm aufgestellt, das an Leistungsdruck kaum zu überbieten ist. Von den gegenwärtig rund 85 IT-Zentren sollen nur noch sechs übrig bleiben. Dazu gilt es, die heutigen 5000 Anwendungen auf 1500 zu reduzieren und 762 Datenbanken in einem einzigen Mega-Data-Warehouse zu vereinen.
Als ersten Schritt dazu wurde die Zahl der offenen Projekte von 1200 auf 500 gestutzt. Als weitere Maßnahmen stehen an: die Schaffung eines einzigen globalen Netzwerks, die Reduktion der Serverzahl um 30 Prozent bei gleichzeitiger Steigerung der Rechenleistung um 80 Prozent, die Verdoppelung der Speicherkapazität bei gleichzeitiger Senkung der Kosten sowie die Halbierung der Netzwerkkosten trotz einer Anhebung der Bandbreite um 30 Prozent.
Bei den personellen Konsequenzen gibt Mott zwar keine Entlassungszahlen bekannt, doch will er im Zuge der IT-Konsolidierung vor allem das Outsourcing zurückfahren. Gegenwärtig sind die Hälfte der Personen, die HPs Infrastruktur betreiben, keine eigenen Angestellten. Doch in drei Jahren soll dieser Wert bei 90 Prozent liegen.
Besonders interessant dürfte sein Ziel sein, die gegenwärtig weit verbreitete 80/20-Regel umzukehren. Mott will in spätestens drei Jahren nicht mehr 80 Prozent seines Budgets für Betrieb und Maintenance ausgeben, sondern 80 Prozent für Neues und nur noch 20 Prozent für die Bestandserhaltung – ein Ziel, das viele seiner CIO-Kollegen in anderen Großunternehmen für unrealistisch halten.
Dieser Zielvorgabe stehen auch eine Reihe Analysten äußerst kritisch gegenüber. "Die Budgets für IT-Anschaffungen wachsen nur um magere fünf Prozent, wogegen die Unterhaltungskosten um zwölf Prozent zulegen. Das ist ein klarer Beweis dafür, dass immer noch zu viel des IT-Budgets in die Pflege bestehender Anwendungen fließt und nicht in neue Projekte", meint beispielsweise Andrew Bartels, Vice President bei Forrester.
Mark Hurd hat seiner eigenen IT-Konsolidierung aber nicht nur aus Kostengründen eine so hohe Priorität eingeräumt, sondern auch aus Marketinggründen: "Wenn wir das hier erfolgreich hinter uns haben, haben wir ein neues Consulting- und Serviceprodukt, um das uns die Konkurrenz beneiden wird."
Harald Weiss/wg