Zögernder Mittelstand

Industrie 4.0 tritt auf der Stelle

9. September 2015, 10:45 Uhr | Timo Scheibe
Thomas Ahlers ist Executive Vice President Industrial Solutions EU bei Freudenberg IT
© Freudenberg IT

Für den Industriestandort Deutschland kann die Digitalisierung ein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz aus Asien sein. Doch der fertigende Mittelstand zögert noch bei Investitionen in Industrie 4.0-Lösungen. Hier ist auch die Politik gefordert, meint Thomas Ahlers von Freudenberg IT.

Die voranschreitende Digitalisierung bietet schier unzählige neue Möglichkeiten. So kann die sogenannte vierte industrielle Revolution – auch unter dem Schlagwort Industrie 4.0 bekannt – der fertigenden Industrie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den asiatischen Niedriglohnländern erbringen. »Besonders um das hohe Innovationsniveau in Deutschland und den sich daraus ergebenden Wettbewerbsvorteil aufrecht zu erhalten ist es entscheidend auf Industrie 4.0 zu setzen«, findet Thomas Ahlers, Executive Vice President Industrial Solutions EU bei Freudenberg IT. Schließlich birgt die Optimierung von Fertigungsprozessen ein enormes Potenzial. Sie ermöglicht es beispielsweise, ein Auto flexibel gemäß der Kundenkonfiguration in kurzer Zeit im Rahmen der Massenproduktion bei gleichbleibenden Kosten herzustellen, erläutert Ahlers gegenüber CRN. Als Paradebeispiel dient ihm hier der US-Hersteller Harley-Davidson. Dieser kann innerhalb von weniger als einem Tag ein Motorrad nach individuellem Kundenwunsch entsprechend vorgegebener Herstelleroptionen vom Band laufen lassen.

Doch die Umsetzung von Industrie 4.0-Projekten tritt in Deutschland derzeit auf der Stelle. »Nur wenige Unternehmen realisieren bisher eine intelligente Produktion«, stellt Ahlers fest. Der hierzulande stark ausgeprägte Mittelstand zögert, obwohl vor allem in der produzierenden Industrie das Potenzial erkannt wird. Dies belegt auch der IT Innovation Readiness Index, eine Studie zur IT-Durchdringung im produzierenden Gewerbe, die das Marktforschungsinstitut »Pierre Audoin Consultants« im Auftrag der Freudenberg IT angefertigt hat. Auf einer Skala zwischen null und zehn stagniert der Industrie 4.0-Index der mittelständischen Fertigungsindustrie bei 6,5 im Vergleich zum Vorjahr von 6,6.

Als Gründe für die Stagnation nennt Ahlers besonders die Zurückhaltung in der Management-Ebene. Gleichzeitig stellt er aber eine hohe Resonanz bei den Produktionsleitern fest. »Hier sind in erster Linie Pilotprojekte gefragt, die den Nutzen von Industrie 4.0 verdeutlichen, zudem fehlt es noch an Aufklärung von Seiten der IT-Dienstleister«, so der Manager des IT-Providers. Vor allem die hohen Investitionskosten in eine Industrie 4.0-Umgebung sind in seinen Augen eine enorme Hürde. Während es in den USA viel leichter ist, staatliche Fördergelder für die Optimierung der Produktionsprozesse zu erhalten, sieht er in Deutschland an dieser Stelle großen Nachholbedarf. Ein weiterer wichtiger Punkt ist für ihn die hohe Komplexität von Industrie 4.0, die eine bessere Ausbildung von Fachkräften und den Ausbau der technologischen Infrastruktur nötig macht.


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