Praxistest Spiceworks Desktop-Management

Innovativ, aber problembehaftet

18. Oktober 2007, 23:36 Uhr | Johann Baumeister/wg

Spiceworks ist eine Werkzeugsammlung zur Desktop-Verwaltung. Der gleichnamige Hersteller aus Austin, Texas, gibt die Browser-basierte Lösung kostenlos ab, der Finanzierung dienen eingeblendete Anzeigen. Das Interface orientiert sich am Aufbau populärer Websites, statt herkömmlicher Dokumentation bündelt die Website des Herstellers eine rege Community. Damit beschreitet Spiceworks neue Wege - der Test mit einem deutschen Windows-PC offenbarte aber einige Tücken.

Als Zielgruppe für Spiceworks gibt der Hersteller kleinere bis mittlere Unternehmen mit maximal
250 zu verwaltenden Geräten an. Solche Unternehmen verfügen in der Regel über keine spezialisierten
IT-Fachkräfte mit detailliertem Know-how. Stattdessen muss ein Allrounder alle Produkte und Systeme
parallel betreuen. Für ihn ist Spiceworks gemacht: Spiceworks soll einfach zu bedienen sein und die
wichtigsten Funktionen integrieren. Die Gratislösung will also nicht mit den umfassenden
Client-Managementsuiten der bekannten Hersteller konkurrieren.

Die Architektur des Tools ist einfach: Es nutzt einen zentralen Managementserver, der die Daten
der verwalteten Geräte in einer lokalen Datenbank hinterlegt. Die Abfrage dieser Geräte erfolgt bei
Windows durch WMI. Unterstützt werden ferner auch Linux, Mac OS X sowie jegliche über das Netzwerk
erreichbaren Gerätetypen. Dazu zählen Netzwerkkomponenten, Drucker, falls sie über IP angesprochen
werden, VoIP-Telefone etc. Für diesen Test luden wir die aktuelle Version 1.6 von der Website des
Herstellers. Ein Handbuch, einen Getting-Started- oder Setup-Guide gibt es nicht. An
Systemvoraussetzungen verlangt das Tool nur eine 700-MHz-Pentium-CPU, der PC sollte aber mit 512
MByte RAM ausgestattet sein. An Betriebssystemen für die Verwaltungskonsole unterstützt Spiceworks
lediglich Windows XP Professional SP2, Vista und den Windows Server 2003. An Browsern kann der
Internet Explorer 6.0 bis 7.0 oder Firefox 1.5 bis 2.0 zum Einsatz kommen. Für den Test verwendeten
wir Windows XP mit SP2 und den IE 6.0.

Die gut 6 MByte große Download-Datei benötigt nach dem Entzippen bei der Installation 24 MByte.
Abgefragt wird nur eine Port-Nummer, hier beließen wir es bei der Voreinstellung von Port 80. Nach
zirka einer Minute ist das Setup abgeschlossen. Beim ersten Aufruf startet ein Setup-Assistent. Er
verlangt das Hinterlegen von Benutzerangaben, E-Mail und Passwort. Diese Informationen werden zum
Spiceworks-Server übertragen und dienen zur späteren Kommunikation. Dann ist eine Authentifizierung
erforderlich, die als Basis für das Inventar verwendet wird. Der hier spezifizierte Account muss
Administratorrechte auf den zu untersuchenden Geräten besitzen. Anschließend bietet das Tool an,
das Netzwerk zu inventarisieren. Standardmäßig war dabei nur die lokale IP-Adresse 127.0.0.1
eingetragen. Durch eine Option "Change Settings" passten wir den IP-Bereich auf das eigene Segment
an.

Fehlerhafter Scan-Lauf

Nach dem Scan-Lauf erhielten wir allerdings nicht alle im Netz befindlichen Geräte. Erkannt
wurde Windows Server 2003, nicht jedoch ein weiteres Windows-XP-System – obwohl das Gerät per Ping
erreichbar, die Personal Firewall nicht aktiv, der Account richtig und das Gerät auch in der
Windows-Explorer-Liste zu sehen war. Für den Test der Verbindung zu den Geräten bietet Spiceworks
einen Testmodus. Der Test meldete beharrlich, dass der Host nicht erreichbar oder durch eine
Firewall geschützt sei. Weitere Versuche zeigten, dass dieser Test kuriose Ergebnisse lieferte. Den
Test eines weiteren, wirklich durch die XP-Firewall geschützten Rechners, der auf Ping nicht
reagierte, erkannte und quittierte Spiceworks mit der Meldung "Test passed"; der anschließende
Versuch einer Inventarisierung dieses Geräts wiederum schlug fehl.

Generell arbeiten an dieser Stelle einige Abläufe nicht glatt und fehlerfrei. Um eine IP-Adresse
oder einen IP-Bereich zu ändern, muss der Admin ihn löschen und neu anlegen. Beim Test wurde zudem
die Anzeige der IP-Adresse durcheinandergewürfelt. Für die Account-Angaben wird nur das
Kommentarfeld, nicht jedoch der tatsächliche Account ausgegeben. Auch hier ist das Ändern eines
Accounts nur durch Löschen und Neuanlegen möglich. In der Liste der Netzwerkbereiche findet sich
auch eine Checkbox, die mit Skip überschrieben ist. Dies lässt vermuten, dass ein mit Skip
markierter Eintrag beim Netzwerk-Scan übersprungen, also ignoriert würde. Doch auch dies war nicht
der Fall.

Probleme mit dem deutschen Windows XP

An dieser Stelle brachen wir den Test ab und kontaktierten den texanischen Hersteller per
E-Mail. Ein Support-Mitarbeiter teilte uns mit, dass Probleme wie die unseren in der aktuellen
Version bekannt seien und in der Community diskutiert würden. Die Ursachen und Fehler sind aber
vielfältig: Die Erkennung der Windows-XP-Systeme funktioniert demnach nicht, wenn diese Systeme
Mitglieder einer Workgroup sind, bei Domänenzugehörigkeit sollte es jedoch funktionieren. Die
weiteren Fehler liegen wohl in fehlerhafter Programmierung und vermutlich in der Nutzung einer
deutschsprachigen Version von Windows XP begründet. Nachdem wir über eine Stunde versuchten, das
XP-Problem zu umgehen, beendeten wird diese Versuche erfolglos.

Geräte mit Windows 2000 Professional sowie mit Windows Server 2003 erkannte und inventarisierte
Spiceworks allerdings korrekt. Die weiteren Aussagen beziehen sich daher größtenteils auf Windows
2000 Server und Professional sowie Windows Server 2003. Das Problem mit dem
Windows-XP-Workgroup-Rechnern hingegen blieb bestehen. Es lässt sich zwar durch eine
Domänenintegration umgehen, aber haben Kleinunternehmen immer eine solche Infrastruktur?

Nach der Erkennung und Inventarisierung der Geräte teilt Spiceworks diese in acht Gruppen ein:
Workstations, Server, Printer, Netzwerkgeräte, Software, benutzerdefinierte Geräte, andere sowie
nicht erkannte Geräte. Über Doppelklick im Browser-GUI sind die Rubriken weiter zu detaillieren.
Übersichtsbildschirme liefern einen schnellen Überblick zu den Geräten. Ferner bietet das Tool
zahlreiche Detailinformationen, so zur installierten Software, den zuletzt vorgenommenen
Änderungen, den Diensten und der Hardwareausstattung der Geräte. Eine Compare-Funktion ermöglicht
den Vergleich zweier Systeme für Fälle, wenn zum Beispiel ein System nicht korrekt arbeitet: Durch
den Vergleich mit einem zweiten, korrekt arbeitenden Rechner lassen sich Fehler schnell eingrenzen.
Eingebaut ist ferner eine Funktion zur Fernsteuerung der Geräte. Diese arbeitet über RDP und die
Terminalserverdienste. Mit Windows Server 2003 funktioniere dies, nicht jedoch der Aufbau einer
RDP-Session mit einem Windows-2000-Professional-Gerät.

Neben dem Inventar gibt es vier weitere zentrale Rubriken: den Helpdesk, die Berichte (Reports),
einen eigenen definierbaren Arbeitsbereich (My Workspace) sowie, neu in der aktuellen Version 1.6,
die Community. Durch die Helpdesk-Funktionen sind Trouble Tickets direkt aus dem Kontext des Geräts
zu generieren. Wie in nahezu allen Bereichen des Werkzeugs sind nur die wichtigsten Funktionen
integriert. In der Rubrik Reporting liefert Spiceworks rund 20 vordefinierte Berichte, die der
Admin sehr einfach anpassen kann.

Nützliches Community-Konzept

Wird der Bereich Community aufgerufen, baut das Tool eine Verbindung mit der Website
community.spiceworks.com auf. Die Website enthält allerlei interessante Informationen der
Anwenderschaft (Community) von Spiceworks. Hier sind Diskussionsrunden zu finden, werden Projekte
behandelt, sind Links zu weiteren Support-Stellen und neuen Themen rund um Spiceworks eingeblendet.
Die direkte Integration einer Community-Webpage in eine Lösung dieser Art ist originell und
innovativ. Da es keine Handbücher gibt, ist sie aber auch der einzige Weg, um an Informationen zum
Tool zu kommen. Wir konnten auf dieser Website nur englische Inhalte erkennen, für das Problem mit
dem deutschen Windows XP bot dies nur wenig Hilfe.

Zudem ist das Konzept nicht ganz schlüssig: Zwar soll das Tool für den Allrounder geschaffen
sein; ist der aber wirklich in der Lage, sich Hilfe von der Community zu beschaffen, wenn er ein
Problem nicht richtig kennt? Hat er im Notfall die Zeit, sich damit auseinanderzusetzen? Auch die
häufig notwendige Verbindung zum Spiceworks-Server beschleunigt die Arbeit nicht gerade. Nach
Abschluss der vorläufigen Tests packten wir den Rechner, auf dem sich Spiceworks befand, in eine
Domäne und wollten damit dem Problem mit dem nicht erkannten deutschen Windows XP beikommen. Nach
dem Reboot, der nach der Domänenintegration von Windows gefordert wird, ließ sich Spiceworks aber
nicht mehr starten.

Fazit

Spiceworks hinterlässt einen sehr gemischten Eindruck. Einerseits ist der Ansatz, durch
Werbefinanzierung ein Systemmanagement- und Helpdesk-Tool für den Massenmarkt zu bieten, innovativ
und modern. Anderseits muss der Anwender, solange Spiceworks nicht mit der deutschen XP-Variante
zurechtkommt und die Fehler ausgemerzt hat, die ersparten Lizenzkosten wohl durch eigene
Arbeitszeit wieder wettmachen. Der Onlinevertrieb erlaubt aber schnelle Aktualisierungen, und eine
online vernetzte Anwender-Community ist sicher häufig nützlich für eine Fehlersuche.


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