SLA-Echtzeitüberwachung in Carrier-Netzen

Intelligente Ethernet-Dienste

12. Februar 2007, 23:00 Uhr | Stephan Rettenberger/wg Stephan Rettenberger ist Director of Product Marketing bei Adva Optical Networking.

Für die Unterstützung geschäftskritischer Prozesse setzen Unternehmen zunehmend auf IP-basierte Dienste. Voraussetzung für eine weitere Verbreitung intelligenter Ethernet-Dienste sind jedoch Service Level Agreements (SLAs), deren Einhaltung sich zuverlässig überwachen lässt. Was bislang problematisch war, ist heute sogar über unterschiedliche Netze hinweg möglich.

Dem Ethernet-Protokoll wurde seit langem eine Zukunft als bevorzugtes Übertragungsverfahren für
IP-basierte Unternehmensanwendungen vorausgesagt. Nach ersten zögerlichen Implementierungsansätzen
scheint nun eine flächendeckende Bereitstellung auch im WAN endlich möglich. Zwei
Grundvoraussetzungen sind jetzt erfüllt: zum einen die schnelle Bereitstellung der Dienste
unabhängig von vorhandener Netzinfrastruktur dank intelligenter Netzabschlussgeräte; zum anderen
unterstützt Ethernet-Equipment heute SLAs, die vergleichbar sind mit den bei etablierten
Hochgeschwindigkeitsdiensten wie Frame Relay, Asynchronous Transfer Mode (ATM) oder Mietleitungen
üblichen und von Unternehmenskunden erwarteten Serviceverträgen. Nachdem diese Voraussetzungen für
eine breite Akzeptanz intelligenter Ethernet-Dienste geschaffen sind, lassen sich die großen
Versprechen von Ethernet einlösen: kostengünstige Technik zur Unterstützung breitbandiger
Geschäftsanwendungen für Unternehmen jeder Größe mit garantierter Qualität und Verfügbarkeit. Im
Lauf der letzten Jahre hat sich Ethernet vom LAN-Protokoll zum wichtigsten Medium für die
Übertragung von Business-Services über Weitverkehrsnetze entwickelt. Zuletzt vermeldete Ovum RHK
ein Umsatzwachstum von 29 Prozent bei Equipment für Ethernet-Übertragungen sowie dazugehörenden
Diensten. Ebenfalls in diese Richtung gehen die Prognosen von Infonetics, die damit rechnen, dass
der Markt für Ethernet-Services bis zum Jahr 2009 ein Volumen von 22 Milliarden Dollar erreichen
wird.

Da eine 10-MBit/s-Ethernet-Verbindung etwa so viel kostet wie eine E1-Verbindung mit 2 MBit/s,
betragen die Kosten von Ethernet-basierten Diensten pro Bit rein rechnerisch lediglich ein Fünftel
der Kosten herkömmlicher Dienste. Und dieses günstige Preis-Leistungs-Verhältnis ist nur einer der
Gründe für das wachsende Interesse an Ethernet-Services. Auch die Vertrautheit mit dem Protokoll
spricht für Ethernet: In den Unternehmensnetzen hat sich Ethernet allerorten als angenehm einfache
und gut skalierbare Lösung bewährt, um auf veränderte Anforderungen zu reagieren, die durch
Wachstum, Globalisierung, Firmenfusionen und Akquisitionen oder E-Commerce-Applikationen entstehen.
Alle gängigen Client-/Server-Systeme, PC-Modelle und die Protokoll-Stacks der oberen
Transportschichten wie TCP/IP oder IPX "verstehen" die Ethernet-Sprache, und 90 Prozent der
Netzwerkschnittstellen in lokalen Unternehmensnetzen sind bereits Ethernet-Ports.

Trotz des vorhandenen Interesses gab es bisher nur wenige erfolgreiche Konzepte für die
Implementierung von gemanagten oder intelligenten Ethernet-Diensten. Seitens der Unternehmen war
die Euphorie gedämpft, weil SLAs und sinnvolle Vertragsbedingungen fehlten. Die Bereitstellung von
Ethernet-Diensten nach einem Best-Effort-Konzept ist für unternehmenskritische Anwendungen schlicht
ungeeignet. Da es jedoch lange nicht möglich war, eine vereinbarte Dienstgüte über die gesamte
eigene und/oder gemietete Netzinfrastruktur zu gewährleisten, konnten die Netzbetreiber
verständlicherweise strikten SLAs zunächst nicht zustimmen, deren Verletzung mit
Konventionalstrafen sanktioniert wurde. Ohne exakte Performance-Garantien waren die Unternehmen
wiederum in der Regel nicht bereit, geschäftskritische Applikationen zu Ethernet-basierten Diensten
zu migrieren – trotz wesentlich geringerer Kosten.

Lösung für Access-Netzprobleme

Der Netzzugangsbereich der Netzbetreiber ist vielerorts immer noch uneinheitlich, und es
dominieren Dienste wie Frame Relay, ATM und Private Line, die über Architekturen wie Sonet/SDH
(Synchronous Optical Network/Synchronous Digital Hierarchy), PDH (Plesiochronous Digital Hierarchy)
beziehungsweise TDM (Time Division Multiplexing) sowie DSL (Digital Subscriber Line) für den
Teilnehmeranschluss auf der letzten Meile transportiert werden.

Mit diesen Legacy-Lösungen sind jedoch keine konsistenten Ethernet-Dienste möglich, wenn
unterschiedliche Zugangstechniken zum Einsatz kommen. Die bisher angebotenen Ethernet-Dienste
hatten an unterschiedlichen Standorten verschiedene Erscheinungsformen oder
Teilnehmer-Netz-Schnittstellen (User-Network Interfaces, UNIs). Diese führten zudem zu Abweichungen
bei den folgenden Kriterien: Quality of Service (QoS), Class of Service (CoS), Durchsatzbegrenzung,
Größe der Pufferspeicher etc. Derartige Ethernet-Services waren nicht attraktiv für das
Geschäftskundensegment, in dem verschiedene Unternehmensstandorte mit garantierter Verfügbarkeit
und Bandbreite miteinander zu verbinden sind.

Brancheninitiativen wie das Metro Ethernet Forum (MEF) versuchten, die Probleme zu lösen, indem
sie mit der Erarbeitung von Standards für Ethernet-Services oder UNIs begannen, die die
Bereitstellung konsistenter Ethernet-Dienste auch auf der Basis verschiedener Zugangstechniken
erleichtern. Inzwischen sind vermehrt neu entwickelte Zugangsplattformen und Netzabschlussgeräte
verfügbar, die die aktuellen Dienstdefinitionen des MEF erfüllen sowie verschiedene Netztechniken
wie Glasfaser, Sonet/SDH, TDM/PDH, DSL etc. unterstützen.

Dieser neue Ansatz stützt sich auf die Nutzung kostengünstiger, belastbarer, einfach zu
installierender und zu wartender Aggregationssysteme und intelligenter Netzabschlussgeräte, die in
Design und Ausführung gezielt für die Übertragung intelligenter Ethernet-Dienste über verschiedene
Zugangstechniken vorbereitet und optimiert sind. Bei diesen Zugangsplattformen wurde auf Funktionen
verzichtet, die für die Unterstützung intelligenter Dienste nicht erforderlich sind. Dies reduziert
nicht nur die Kosten, sondern erhöht zugleich die Zuverlässigkeit und Anwenderfreundlichkeit. Von
Vorteil bei diesen Netzabschlussgeräten sind zudem die intelligenten Funktionen, die es den
Providern ermöglichen, SLAs für Ethernet-Dienste anzubieten und deren Einhaltung zu
garantieren.

Auch Frame-Relay-Dienste wurden wie Ethernet-Dienste anfangs ohne Servicegarantien angeboten.
Erst als sich CSUs/DSUs (Channel beziehungsweise Data Service Units) oder "Smartjacks" (ein von
Westell Technologies geprägter Begriff) weithin durchgesetzt hatten, waren die Anbieter bereit,
SLAs für Frame-Relay-Datendienste anzubieten. So begannen die Unternehmen, selbst aufgabenkritische
Anwendungen über Frame-Relay-Netze zu transportieren. CSUs und DSUs waren somit ein wichtiger
Wegbereiter für die breite Akzeptanz der Frame-Relay-Dienste. Für Ethernet zeichnet sich durch die
wachsende Verbreitung der neuen Netzabschlusstechnik ein ähnliches Wachstum ab.

Auf Ethernet-Services ausgelegte Lösungen ermöglichen die Überwachung von
Performance-Indikatoren wie Frame Delay, Frame-Delay-Variation (Jitter), Paketverlustrate und
Ende-zu-Ende-Netzwerkverfügbarkeit für alle Ethernet-Dienste in der gesamten Infrastruktur des
Anbieters und darüber hinaus. Mehrere Dienste und Netzwerksegmente lassen sich simultan überwachen,
sodass hohe Transparenz bezüglich der Einhaltung von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen
erreicht wird.

Indem Ethernet-Geräte einen definierten Dienstabschlusspunkt (Service Demarcation Point) für
Ethernet-Services herstellen, kann der Netzbetreiber die für einen Unternehmenskunden
bereitgestellte Dienstqualität auch über Ethernet-Zugangsnetzwerke von Partnern hinweg nachweisen.
Er kann zudem Fehler im Netz schneller lokalisieren und analysieren. Die umfassende Unterstützung
von Ethernet-Diensten über eigene und gemietete Infrastrukturen ist für Betreiber von
entscheidender Bedeutung, um Geschäftskunden mit mehreren Standorten zu gewinnen, deren
Niederlassungen über verschiedene Medien und mit unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten
vernetzt sind.

Zu den weiteren Anzeichen für die dynamische Entwicklung des Ethernet-Markts gehört das
Interesse der Netzbetreiber an Softwarelösungen für das Performance-Management, die CNM-Portalen
(Customer Network Management) für den Endanwender als Basis dienen. Dies setzt sich im
Ethernet-Servicemarkt wesentlich schneller durch als bei Frame Relay oder Standleitungen. Nach
Angaben der Vertical Systems Group migrieren 86 Prozent der Anwender, die Ethernet-Dienste nutzen,
von einem Legacy-Service wie Frame Relay, ATM oder Private Line. Die Vertrautheit der Anwender mit
den CNM-Tools der klassischen Dienste motiviert Betreiber, diese Funktion sehr schnell auch in ihr
Ethernet-Dienstangebot aufzunehmen. Kundenportale bieten den Netzbetreibern zudem eine Möglichkeit,
sich von Mitbewerbern abzuheben, da sie den Kunden aussagekräftige Daten über die Leistung der
Ethernet-Services liefern und die Überwachung von SLAs ermöglichen. Mit zusätzlichen Funktionen wie
einem Echtzeitzugriff auf Performance-Daten, historischem Reporting, stündlich aktualisierten
Grafiken und weiteren Funktionen kann sich ein Provider im Highend-Segment positionieren.

Den hohen Erwartungen von Unternehmenskunden für die Unterstützung geschäftskritischer
Applikationen kommen nicht nur In-Service-Messungen und die Sicherung von Ethernet-SLAs entgegen.
Nützlich sind zudem weitere Funktionen wie eine Konnektivitätsprüfung, Leitungsintegritätstests,
die Generierung von Testmustern und Analysen, Loopbacks und die Erfassung statistischer Daten. Die
Unternehmen erhalten so die erforderlichen Belege für die Zuverlässigkeit von
Carrier-Class-Ethernet-Diensten. Zugleich gewinnen die Anbieter damit Vertrauen in ihre Fähigkeit,
anspruchsvolle SLAs zu erfüllen.

Fazit

Die Verfügbarkeit neuer Techniken erlaubt die Optimierung von Ethernet-Zugangsnetzen und die
Erfüllung von SLAs. Der Markt für intelligente Ethernet-Dienste steht nach der Phase erster
Implementierungen jetzt an der Schwelle zur flächendeckenden Verbreitung. Vom großen Potenzial
dieser Technologie werden Service-Provider und Unternehmen dann gleichermaßen profitieren.


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