Die Anbieter von Lösungen für das Infrastrukturmanagement bewegen sich immer stärker in Richtung standardisierter Best Practices für das IT-Servicemanagement (ITSM). So richtet Realtech ihre Service-Support-Lösungen komplett an den alltagserprobten Prozessen von ITIL (IT Infrastructure Library) aus. Große Anbieter wie CA arbeiten bereits an der engeren Kopplung der IT an Geschäftsprozesse.
Die aus England stammende Best-Practice-Sammlung ITIL beschreibt in mehreren Bänden
herstellerneutral praxisbewährte Prozesse für das IT-Servicemanagement (ITSM). Das Regelwerk hat
bereits den Status eines Quasi-Standards erreicht und erfreut sich auch hier zu Lande zunehmender
Beliebtheit.
Das Interesse an standardisierten Prozessen reicht inzwischen weit über die
Fortune-1000-Unternehmen hinaus. So ist ITIL heute nicht nur ein Thema für die Anbieter von
Enterprise-Managementsuiten wie IBM, Hewlett-Packard, CA, BMC oder Micromuse. Auch kleinere oder
spezialisierte Hersteller von Lösungen für das System-, Netzwerk- und IT-Servicemanagement haben
ITIL für sich entdeckt. So hat das Dortmunder Systemhaus Materna bereits letztes Jahr ein
ITSM-Framework vorgestellt, das die ITIL-Disziplinen aus dem Bereich Service-Support
(Configuration-, Incident-, Problem-, Change- und Release-Management) sowie
Service-Level-Management (SLM) umfasst. Die Berliner Asdis ließ sich jüngst ITIL-konformes
Configuration- und Change-Management vom ITSM-Beratungshaus Serview mit einem ITIL-Prüfsiegel
bestätigen. Solche Gütesiegel stammen leider nicht aus staatlicher Quelle. Belegbare Orientierung
an den Best Practices erweist sich dennoch als Zugpferd: "ITIL-Konformität ist häufig ein Türöffner
zu Projekten", so Susanne Schinz, Leiterin der deutschen Niederlassung des ITSM-Anbieters
Touchpaper.
Die wachsende Bedeutung von ITIL zeigte sich auch auf dem Realtech Symposium. Die Hausmesse der
Walldorfer Softwareschmiede fand am 9. und 10. November in der erst kürzlich eröffneten SAP-Arena
in Mannheim statt. Realtech erwirtschaftete bislang zirka 80 Prozent ihres Umsatzes mit dem
Beratungsgeschäft, konzentriert sich nun aber mit Nachdruck auf ihr Portfolio von Lösungen für das
Applikations-, Netzwerk- und IT-Servicemanagement.
Bei der Weiterentwicklung ihrer Suite, deren Kern aus dem Jahr 2000 stammt, setzt Realtech laut
ihrem CTO Dr. Rudolf Caspary Akzente in den Bereichen Applikationen, Netze sowie IT-Betrieb. Im
Anwendungsbereich stehen SAP Netweaver sowie adaptive Systeme im Vordergrund, bei der
Netzwerkverwaltung die Signalpfadanalyse für VoIP (Voice over IP), interaktive Maps auf der Basis
normalisierter Monitoring-Daten. Die Lösungen dazu – Application Manager 3.0 und Network Manager
6.0 – sollen noch im Dezember auf den Markt kommen.
Im Sektor IT-Services zielt Realtech auf einen ähnlichen ITIL-Prozessumfang wie Materna: Service
Support plus SLM. Die im Oktober vorgestellte, mandantenfähige Service-Desk-Lösung Service-Center
2.5 nutzt eine ITIL-gemäße CMDB (Configuration Management Database). Die Bereiche Incident-,
Problem- und Change-Management deckt Realtech bereits ITIL-konform ab. So lenkt Service-Center die
Change-Abläufe bei jedem Genehmigungsschritt automatisch weiter, der Status erscheint in einer
Prozessgrafik farblich markiert. Bis zum zweiten Quartal 2006 will Realtech ein ITIL-konformes
Configuration-Management über den gesamten Stack vorstellen.
Die großen Anbieter denken derweil schon über das Level der IT-Serviceprozesse hinaus. Das zeigte CAs deutsche Hausmesse Infoexchange, die Ende November ebenfalls in Mannheim mit zirka 800 Teilnehmern stattfand. CA - die sich nun nur noch "CA" nennen und nicht mehr "Computer Associates" - konzentriert sich laut Mitbegründer Russ Artzt heute vorrangig auf die Abstimmung der IT auf die eigentlichen Geschäftsprozesse (BSO, Business Service Optimization). BSO soll der IT laut Artzt ermöglichen, "ihre Verpflichtungen gegenüber dem Business zu definieren, zu kommunizieren und zu messen". Dabei helfen sollen stolze 26 neu vorgestellte Lösungen und Lösungsversionen, darunter die zugekaufte IT-Portfolio-Managementlösung von Niku ebenso wie die Integration der netzwerkorientierten Werkzeuge von Concord und Aprisma. Vorgefertigte Best Practices für Prozesse sollen helfen, die IT-internen Abläufe beschleunigen.