Kurz nach Erscheinen der Version 3 der IT Infrastructure Library (ITIL) machen Experten auf einem Tech Forum des Konradin-IT-Verlags erste Defizite aus: Die Definition eines Services ist ebenso unklar wie die Erfolgsmessung an den Geschäftszielen. Zudem werden Schulungsmaßnahmen teurer.
"Einigen Stellen in den neuen ITIL-Publikationen merkt man an, dass sie mit heißer Nadel gestrickt sind", gesteht Hans-Peter Fröschle, Geschäftsführer beim deutschen Ableger des IT Service Management Forums (ITSMF e.V.). Das ITSMF war bei der Überarbeitung des Best-Practice-Werks die federführende Instanz.
So bleibe im Strategienbuch unklar, wie ein Service konkret auszusehen hat. "Die Definition ist so allgemein gehalten, dass sie auch auf einen Friseur zutrifft", erklärt der Experte. "Die Umsetzung in der Praxis ist jedoch erschreckend schwer." Denn dafür liefert ITIL keinerlei Handlungsanweisungen. Die aber benötigen die Anwender, um Kataloge mit den Dienstleistungen für ihre Kunden zu erstellen. Nur eines ist klar: Die Services müssen stets aus Kundensicht definiert sein.
Die Ausrichtung am Business ist zudem eine zentrale Forderung der neuen ITIL-Version. "Doch Messwerte dafür, ob oder zu welchem Grad dieses IT-Business-Alignment geglückt ist, werden nicht vorgeschlagen", bemängelte Fröschle. Dass der Erfolg von ITIL-Projekten weiter an der gestiegenen Erstlösungsquote im Helpdesk gemessen wird, hält Sönke Nissen, Leiter des Help Desk Institute Central Europe, für überholt: "Die Fragen müssen doch statt dessen lauten: Hat mein Unternehmen durch ITIL mehr Produkte verkauft, sind meine Mitarbeiter besser motiviert oder konnten wir unsere Außendienstler besser anbinden?" Doch da offenbare das Standardwerk eklatante Schwächen.
Dennoch führt sogar laut ITIL-Kritiker Nissen kein Weg mehr am Standard vorbei: "ITIL hält sich schon zu lange, um nur ein Hype zu sein." Fröschle ist überzeugt: "Trotz der Komplexität der Version 3 müssen sich selbst IT-Leiter kleiner Firmen damit befassen. Der Druck durch die Chefetage nimmt zu." Sauer aufstoßen dürften aber die gestiegenen Kosten für Trainings und Zertifizierungen. Fröschle: "Die Schulungsanbieter profitieren vom größeren Umfang des Werks."
CZ/sk