Ancotel virtualisiert Telehousing

Jahrmarkt der virtuellen Interconnections

6. Oktober 2008, 22:57 Uhr |

Virtuelle Meet-me-Rooms - das klingt nach High-Tech-Kontaktbörse. Und in gewisser Weise ist es das auch: Für den europäischen TK-Netzknotenbetreiber Ancotel ist es ein wichtiger Baustein seines Angebots Carrier-neutraler Colocation, Telehousing und Interconnection. Carrier aus aller Welt treffen sich im Frankfurter Telehaus, um ihre Netze über die physikalischen, aber zunehmend auch die virtualisierten und standardisierten Meet-me-Räume zusammenzuschalten.

Das Prinzip Virtualisierung funktioniert immer gleich: Durch die softwaregesteuerte Abstraktion
bestimmter physischer Komponenten lassen sich diese erheblich effizienter nutzen und damit
konsolidieren. Ancotel zählt mit zu den ersten Unternehmen, die nun auch die Virtualisierung des
Netzwerks im großen Stil umgesetzt haben. Objekte des Geschehens sind hier die Meet-me-Räume, in
welchen Telehäuser die Verbindungen unter den Carriern und TK-Providern realisieren. In physischen
Meet-me-Räumen müssen die Anbieter von TK-Services die von ihnen gekaufte oder geleaste
Netzwerkinfrastruktur im Colocation-Zentrum installieren und durch einen spezialisierten Techniker
in Betrieb nehmen lassen.

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"Bedenkt man, wie viele neue Carrier in einem Colocation-Zentrum Monat für Monat hinzukommen –
allein bei Ancotel sind es im Durchschnitt sechs –, wird klar, welch immensen Aufwand ein Carrier
für seine klassische, physische Interconnection in einem Colocation-Zentrum treiben muss", so
Dipl.-Ing. Michael Böhlert, Director Technology und Consulting bei Ancotel. "Die Präsenz eines
Carriers wurde dadurch in der Vergangenheit oft verzögert oder sogar ganz verhindert. Viele
Start-ups im Carrier-Markt wären zum Scheitern verurteilt gewesen, hätten sie Interconnection nur
auf diesem Weg realisieren können."

Virtuelle Plattformen wie der Virtual Meet-me-Room (Vmmr) sollen den Kostendruck lindern, der
auf den Carriern lastet. Bei Ancotel hatte eine Bestandsaufnahme der gehosteten Systeme ergeben,
dass die Mehrzahl der Kunden Installationen nutzten, deren Technik und deren Funktionen mehr oder
minder dem üblichen Standard entsprachen. Im Allgemeinen hatten sich die Carrier gehostete
Aggregationspunkte für Daten- oder Voice-Traffic geschaffen, die auf SDH- (Synchronous Digital
Hierarchy) oder Ethernet-Technik basierten und die Transportlinien miteinander verbanden. Mit Hilfe
seines Equipment-Lieferanten ECI Telecom hat Ancotel sein Vmmr-Konzept auf Basis dieser von vielen
Carriern bereits genutzten Systemtechniken aufgebaut. "Damit haben wir die perfekte Lösung für das
Kostenproblem", so Böhlert. "Der Kunde bestellt nur noch eine Leitung zu unserem Telehaus. Wir
verbinden diese mit einem Port im Vmmr, und schon läuft die Sache. Innerhalb von in der Regel
weniger als 24 Sunden ist ein Carrier bei uns verbunden, und das ohne große Investitionen und mit
dem Vorteil zahlreicher, extrem günstiger Cross-Connections. Da auch andere Carrier in den Vmmr
verbunden sind, fallen bei internen Verbindungen keine weiteren Kosten neben der Miete für den Port
an. Um auch externen Kunden eine Verbindung zu ermöglichen, müssen weitere Ports von einem der
Partner geordert werden."

Enormer Wachstumsmarkt

Das Vmmr-Konzept, mit dessen Einführung Ancotel 2004 begann, bescherte dem Telehaus ein
jährliches Wachstum zwischen 30 und 40 Prozent (genaue Umsatzzahlen werden nicht kommuniziert). Gut
130 der insgesamt rund 300 bei Ancotel verbundenen Carrier und Service-Provider sind inzwischen auf
den Zug aufgesprungen. Mit dem zunehmenden Druck auf die Carrier, ihren Kunden durchgängig
garantierte Servicequalitäten liefern zu müssen, erwartet Böhlert auch in Zukunft ein starkes
Wachstum der virtuellen Interconnects. "Stabile und berechenbare Verbindungen kann ein Carrier nur
garantieren, wenn er Herr über die Interconnections ist. Carrier, die ihre Kunden in
Multi-Hop-Manier über eine unbestimmte Kette von Zwischen-Interconnects verbinden müssen, haben im
von Servicequalität getriebenen Zukunftsmarkt kaum eine Chance. Umso stärker wird also künftig der
Anreiz, sich mit möglichst vielen Playern auf der Welt direkt zu verbinden und umso lukrativer für
sie werden unsere schnell und kostengünstig operierenden Vmmrs."

Böhlert vergleicht die Interconnection-Szene mit einem Händlermarktplatz: "Der Anfang ist am
schwierigsten, denn mit nur ein paar Kunden ist es für andere potenzielle Kunden wenig interessant,
in das Telehaus zu kommen", erinnert sich der Technologie-Direktor. "Je mehr schon da sind, desto
attraktiver wird es für andere, da sie so innerhalb einer Interconnection-Lokation umso mehr
Verbindungsmöglichkeiten haben." Das Wachstum in diesem Sektor läuft also eher exponentiell denn
linear. Ancotel beispielsweise konnte Mitte August 2008 die Schaltung seiner 20.000-sten Leitung
melden. Für die ersten 10.000 musste das 1999 gegründete Unternehmen bis 2006 kämpfen. Und über die
Vmmr-Services sieht sich das Interconnection-Haus bestens gewappnet, um Mitbewerbern wie Itenos,
Eshelter oder Equinix auch künftig Paroli bieten zu können. Dafür organisiert Ancotel seit letztem
Jahr sogar auch so etwas Ähnliches wie "Kennenlern-Partys": Zusammen mit den Co-Gastgebern DE-CIX,
dem zweitgrößten Internet-Peering-Knoten der Welt, sowie Telx, einem globalen Anbieter von
Colocation- und Interconnection-Services, erwartet Ancotel auf der diesjährigen "Carrier Networking
Exchange" etwa 500 Teilnehmer aus 30 Ländern, die sich so mit ihren vorhandenen oder potenziellen
Interconnection-Partnern auch persönlich kurzschließen können und sollen.

Ancotel hat inzwischen auch in London und Hongkong Niederlassungen eröffnet. Auch hier wächst
laut Böhlert bei den Carriern die Nachfrage nach virtuellen Interconnections. Parallel arbeitet
Ancotel an Erweiterungen der Vmmr-Plattform selbst. Hintergrund ist, dass die alten
Netzwerkstrukturen der Telekommunikationsbranche, die auf TDM (Time-Division Multiplexing)
beruhten, zunehmend von IP-basierten Netzen abgelöst werden. Das Frankfurter Telehaus hat deswegen
vor kurzem auch einen neuen VoIP-Service (Voice over IP) auf seiner virtuellen Plattform
abgebildet. Er gibt Carriern beispielsweise die Möglichkeit, SIP- und H.323-VoIP-Interconnections
zu nutzen, ohne dafür in eigene Systeme investieren zu müssen. Wie es scheint, gehört der
Virtualisierung auch im Interconnection-Markt die Zukunft – erst Recht mit zunehmender Durchsetzung
von IP-Techniken.

Stefan Mutschler/dp


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