Interview mit Stefan Krampen, Regional CTO DACH bei HCL

KI: Wenn Lucy mit Alexa plaudert

19. April 2017, 9:59 Uhr | Von Dr. Wilhelm Greiner.

Die IT-Dienstleister HCL mit Hauptsitz in Indien ist ein wachsendes, weltweit tätiges Unternehmen mit über 100.000 Mitarbeitern und zuletzt 6,4 Milliarden Dollar Jahresumsatz (2016). LANline diskutierte mit Stefan Krampen, dem Chief Technology Officer für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei HCL, aktuelle IT-Trends wie die digitale Transformation, Devops, künstliche Intelligenz (KI) und Platform as a Service.

LANline: Herr Krampen, was ist aus Ihrer Projekterfahrung der Status quo der vieldiskutierten "digitalen Transformation"?

Stefan Krampen: Über die aktuelle Aufregung um die "digitale Transformation" und das "Internet der Dinge" lachen einige Entscheider in Unternehmen nur, weil sie sich seit über zehn Jahren damit beschäftigen. Allerdings hat es in den letzten ein, zwei Jahren tatsächlich einen Durchbruch gegeben: Viele Unternehmen haben mit agiler Entwicklung, Cloud-nativen Applikationen und PaaS (Platform as a Service, d.Red.) experimentiert und wissen inzwischen genau, wie sie diese Themen angehen wollen, um sie für Geschäftsvorteile nutzbar zu machen.

LANline: Wie bringen diese Unternehmen denn die agile Entwicklungsmethodik oder auch den Devops-Ansatz mit den bestehenden, an ITIL ausgerichteten IT-Prozessen zusammen?

Stefan Krampen: Für diesen Zweck hat The Open Group das offene "IT4IT"-Framework entwickelt. Es wandelt das klassische ITIL-Framework ab, um Agilitätsansprüchen gerecht zu werden, vor allem mittels automatisierter Workflows und Self-Service zum Beispiel für das Service-Request-Management. Bei HCL unterscheiden wir hier zwischen "Bottom up"- und "Top down"-Ansätzen. Mit unserem eigenen Framework Dryice automatisieren wir beide Streams. Dazu nutzen wir Tools unterschiedlicher Anbieter, etwa von HPE Software und BMC, oder die Event-Korrelation von Moogsoft. Hinzu gesellen sich strategische Partnerschaften. So haben wir zum Beispiel die Pflege der Rational-Software von IBM übernommen: Wir entwickeln die Lösung weiter, während IBM sie vermarktet.

LANline: Ein weiteres Trendthema ist künstliche Intelligenz (KI). Wie weit ist denn hier Ihrer Erfahrung nach die Akzeptanz schon fortgeschritten? Findet man KI nur bei den Dax-30-Unternehmen oder auch schon im Mittelstand?

Stefan Krampen: KI ist schon deutlich weiter verbreitet als nur in den Dax-Konzernen, vor allem bei Unternehmen, die große Zahlen von Kundeninteraktionen haben. Hier findet man KI-Einsatz zum Beispiel für Robotic Process Automation im Service-Center. Wir selbst bieten ein AI-Produkt (Artificial Intelligence, d.Red.) namens Lucy, das auf IBM Watson basiert. Wir verbinden Lucy neuerdings mit Amazons sprachgesteuertem Assistenzsystem Alexa, um zum Beispiel Service-Requests und Trouble-Tickets per Spracheingabe mit einem intelligenten, selbstlernenden Call-Routing zu ermöglichen. Die Watson-API ist in drei Tagen soweit aufgesetzt, dass man Standardabfragen damit durchführen kann. Ein weiterer Vorteil ist die Skalierung eines Cloud-basierten Systems, etwa für den Katastrophenschutz oder die Börse: Kommt es hier zu einem dramatischen Vorfall, der zehntausende Anrufe bewirkt, kann man dank Watson sinnvolle Auskünfte geben, ohne dass das System zusammenbricht.

LANline: Stichwort Cloud: Welche Arten von Projekten beschäftigen Ihre Kunden heute beim Thema Cloud Computing?

Stefan Krampen: Zunächst einmal: Nicht für alle Workloads braucht man die Cloud. Geht es um klar definierte, wohlbekannte Workloads ohne große Schwankungen, dann kann die Public Cloud um bis zu 60 Prozent teurer sein als ein On-Premises-Betrieb. Sinnvoll ist die Cloud hingegen zum Beispiel für einen Energieversorger, dessen Workload im Ablesezeitraum zwischen Dezember und März um ein Vielfaches steigt. Zahlreiche Unternehmen befinden sich aber schon in der nächsten Phase ihrer "Cloud Journey", in der es nicht nur um den Bezug kostengünstiger IT-Ressourcen geht, sondern um die Optimierung von Prozessen mittels Plattform-Services, zum Beispiel mittels Bluemix und Openshift, oder auch mit Docker-Containern für Cloud-native Anwendungen. Ein Unternehmen kann in der Cloud Konzepte wie AI ausprobieren, testen und nutzen und dabei immer sofort von Neuerungen bei den Cloud-Entwicklungen profitieren. Zugleich ermöglicht PaaS auch ganz neue Abrechnungsmodelle. Für Watson zum Beispiel bezahlt man nach der Zahl der Abfragen.

LANline: Wie stark behindern Sicherheitsbedenken oder Compliance-Vorgaben solche Projekte?

Stefan Krampen: Auf technischer Ebene ist eine Security-Diskussion müßig: Eine so konsequent umgesetzte IT-Sicherheit wie bei einem Cloud-Provider, zum Beispiel die strikte Trennung zwischen RZ-Betrieb und Zugriffsrechten auf Anwendungen, kann sich ein Unternehmen normalerweise gar nicht leisten. Anders sieht es bei der Frage der Compliance aus: In der Pharmaindustrie zum Beispiel ist vorgeschrieben, dass Daten auf gehärteter Hardware mit konkret vorgegebenen Prozessen verarbeitet werden müssen. Solche Vorgaben kann die Cloud nicht erfüllen. Die Cloud kommt zum Tragen, wenn ein Unternehmen keine Hochsicherheitsanforderungen hat, mit flexiblen Workloads umgehen muss und/oder extrem schnell neue Lösungen ausprobieren will. Zur Verbindung beider Welten bleibt immer der Weg über APIs, wie sie beispielsweise Google für seine Map-Overlays nutzt.

LANline: Herr Krampen, vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Wilhelm Greiner ist freier Mitarbeiter der LANline.

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