Eine genaue Kenntnis der ITK-Infrastruktur ist unabdingbar für den Aufbau einer Unified-Communications-Lösung. Gefragt sind an dieser Stelle beispielsweise Daten- und Netzwerk-Know-how, um klassische TK-Anlagen mit IP-Telefonie zu kombinieren. Der Beitrag skizziert den Aufbau entsprechender Infrastrukturen und unterschiedliche Wege ihrer Realisierung.
Wenn es um Kommunikation, Kooperation und Koordination zur Optimierung von Geschäftsprozessen
geht, ist in den letzten Jahren einiges in Bewegung geraten. An Unified Communications (UC) kommt
hier kein Unternehmen mehr vorbei. Nicht zuletzt hat sich durch den Office Communication Server von
Microsoft vieles verändert. Die Vorreiter unter den Anwendern von UC-Lösungen werden bestätigen:
Optimal aufeinander abgestimmte Kommunikationswege schaffen gute Bedingungen für höhere
Produktivität und Kundenzufriedenheit. Bevor eine neue Lösung implementiert wird, ist es hilfreich,
sich die Grundlagen vor Augen zu führen. Denn Unified Communications ermöglicht eine ganz neue Art
der Kommunikation mit folgenden Vorteilen:
Es entsteht eine einheitliche Anwendungsplattform, auch wenn im Back Office
unterschiedliche IT- und TK-Systeme im Verbund im Einsatz sind,
bisher allein stehende Kommunikations-Tools, beispielsweise E-Mail, Fax,
Instant Messaging oder Videokonferenzen, sind miteinander verknüpft,
Arbeitsplätze im Home Office und mobile Mitarbeiter lassen sich optimal
einbinden,
die Telefonnummern und die Telefoniegewohnheiten der Benutzer können
beibehalten werden,
durch intelligente Wegeoptimierung lassen sich Gesprächsgebühren senken
und
bei Bedarf sind auch Geschäftspartner und Kunden in die UC-Infrastruktur
integrierbar.
Eine Unified-Communications-Lösung umfasst mehrere Themenfelder und unterschiedliche Rollen.
Diese sind in den verschiedenen Architektursegmenten abzubilden. Dabei lassen sich drei große
Felder unterscheiden: der externe Bereich, die DMZ (Demilitarized Zone) sowie der interne
Bereich.
Im externen Bereich sind das öffentliche IP-Netz (im Allgemeinen das Internet),
Unternehmensstandorte, die über eine VPN-Verbindung miteinander kommunizieren, sowie das
leitungsvermittelte Telefonnetz (PSTN – Public Switched Telephone Network) angesiedelt.
In vielen Fällen besteht das Ziel einer UC-Lösung darin, einen möglichst großen Benutzerkreis zu
erreichen, der über gesicherte und verschlüsselte Protokolle kommunizieren kann. Allerdings
erhalten Nutzer im öffentlichen Bereich in der Regel einen eingeschränkten Funktionsumfang und
können nicht auf die gesamten Ressourcen zurückgreifen.
Teilnehmer aus den per WAN verbundenen Netzwerken sind mit den Benutzern aus dem internen
Bereich vergleichbar. Der einzige Unterschied: Der Verbindungsaufbau erfolgt via VPN oder HTTPS.
Diese Teilnehmer besitzen die gleichen Berechtigungen wie interne Benutzer und haben Zugriff auf
den gesamten Funktionsumfang der Lösung. Das PSTN-Netz dient als Kommunikationsnetz für ankommende
sowie abgehende Anrufe. Im Allgemeinen wird über dieses Netz die Sprachinformation
(Enterprise-Voice-Umgebung) übertragen.
In der DMZ (manchmal auch als Umkreisnetzwerk bezeichnet) befinden sich Edge-Server für
unterschiedliche Aufgaben, sowie ein HTTP-Reverse-Proxy-Server. Zur Gruppe der Edge-Server gehören
etwa Audio/Video-, Access- sowie Web-Konferenz-Edge-Server. Diese Server erfüllen – wie aus der
Namensgebung erkennbar – jeweils spezifische Kommunikationsaufgaben. Die Grafik zur DMZ (Bild auf
Seite 59) verdeutlicht diese Trennung in den öffentlichen und den internen Bereich und zeigt,
welche Protokolle und zum Einsatz kommen.
Treten bei einer Enterprise-Voice-Installation Fehler auf, sind deren Ursachen häufig im
Umkreisnetzwerk zu finden. Wenn dort die benötigen Protokolle und Ports nicht einwandfrei
implementiert sind, führt dies womöglich dazu, dass ein Client zwar Funktionen wie Instant
Messaging oder Anwesenheitsinformationen übermittelt, jedoch keine Audio- und Video-Verbindung zu
anderen Benutzern aufbauen kann.
Im internen Bereich, also im Intranet, befinden sich im Wesentlichen alle Applikations-Server
mit ihren unterschiedlichen Aufgaben. Für eine reibungslose Kommunikation werden "normale"
Rufnummern beziehungsweise SIP-Adressen in das so genannte E.164-Format übersetzt. Dies erfolgt auf
der Grundlage des Standorts, an dem sich der Anwender befindet. Man spricht dabei auch von einer "
Normalisierung".
In einer Enterprise-Voice-Umgebung werden alle externen und internen Rufnummern in das
E.164-Format konvertiert. Dies kann bei einem bereits bestehenden Telekommunikationsnetzwerk mit
eingerichteter Wegeoptimierung zwischen Standorten zu Problemen führen. Daher ist innerhalb der
TK-Landschaft, wenn nicht bereits geschehen, das E.164-Format hinzuzufügen.
Das Beispiel verdeutlicht: Der Anwender sollte die Unified-Communications-Integration mit einem
Systemintegrator durchführen, der in der Lage ist, neben dem Applikationsanteil und der
Netzwerkarchitektur auch die Kommunikationsparameter unterschiedlicher TK-Systeme einstellen zu
können. Dort, wo die Daten- und die Sprachwelt konvergieren, bedarf es eines Integrations- und
Service-Partners, der Daten- und Netzwerk-Know-how mit Erfahrungen aus der IP-Telefonie kombinieren
kann.
Der nächste zu berücksichtigende Aspekt sind die Medien-Gateways. Eine IP-Telefonielösung für
Unternehmen muss ein- und ausgehende PSTN-Anrufe ermöglichen, ohne dass die Dienstequalität
beeinträchtigt wird. Die Akzeptanz einer UC-Lösung ist erst dann gegeben, wenn dem Benutzer alle
Funktionen zur Verfügung stehen und es beispielsweise bei der Anwahl einer Rufnummer zu keinem
Fehlverhalten kommt. Die Medien-Gateways spielen daher eine entscheidende Rolle für die
Gesamtfunktionalität einer UC-Lösung. Medien-Gateways übersetzen Signale und Medien zwischen dem
PSTN und der UC-Lösung. Im Allgemeinen werden drei Typen von Medien-Gateways angeboten:
– Basismedien-Gateway: Die Funktion des Basismedien-Gateways besteht darin, Sprachpakete vom
PSTN in VoIP-Pakete zu wandeln. Dazu ist ein separater Vermittlungs-Server nötig, der für die
Signal- und Medienübersetzung zuständig ist.
– Erweitertes Medien-Gateway: In einem erweiterten Medien-Gateway ist der Funktionsumfang des
Basismedien-Gateways mit dem des Vermittlungs-Servers kombiniert. Ein erweitertes Medien-Gateway
erfordert keinen eigenen Vermittlungs-Server, um die Signal- und Medienübersetzung zu
verarbeiten.
– Hybrides Basismedien-Gateway: Die Bezeichnung hybrides Basismedien-Gateway beschreibt den
Zusammenschluss eines Basismedien-Gateways und eines Vermittlungs-Servers auf einer
Server-Komponente. Dieser Ansatz mindert den Verwaltungs- sowie Kostenaufwand einzelner
Installationen.
Bei der Auswahl des passenden Medien-Gateways kommt es zunächst auf die infrastrukturellen
Gegebenheiten an – und natürlich auch auf das verfügbare Budget. Typischerweise benötigt ein
Unternehmen mehrere Kombinationen aus Gateway und Vermittlungs-Server: Dies ist beispielsweise
abhängig von der Zahl der Bürostandorte, der Zahl und Verteilung der
Unified-Communications-Benutzer, dem Netzwerkdatenverkehr und den Leistungsanforderungen.
Die unterschiedlichen Komponenten und Server-Rollen machen eine genaue Planung für eine
erfolgreiche Unified-Communications-Integration unerlässlich. Administratoren und ITK-Architekten
sollten sich vor dem Start des Projekts über eine Reihe von Aspekte im Klaren sein (siehe Kasten
auf Seite 59).
Am Anfang jeder Planung sollte in der Regel eine Gesamtschau mit allen Standorten, Abteilungen
oder Zugriffspunkten entstehen, um auf dieser Basis den Aufbau der Infrastruktur festlegen zu
können. Wenn die Standorte, an denen Unified Communications bereitzustellen ist, mit einer solchen
Checkliste überprüft wurden, steigt der Anwender bereits frühzeitig in Themenfelder ein, die weit
vor der eigentlichen Installation der Systeme zu Klarheit führen. Im Normalfall lassen sich bereits
frühzeitig Hindernisse entdecken, die sonst eine UC-Integration behindern könnten.
Die bisherigen Erfahrungen im ITK-Umfeld haben gezeigt, dass Unified Communications früher oder
später bei vielen Unternehmen auf der Tagesordnung steht. Da kann es nicht schaden, wenn die
Machbarkeit in Form von technischen und organisatorischen Überlegungen frühzeitig abgesichert wird.
Einige Interessenten haben beispielsweise während eines Workshops mit einem Systemintegrator eine
Analyse durchgeführt, in der alle relevanten Themen diskutiert und dokumentiert wurden. Wo der
Nutzen von Unified Communications generell erkannt wurde, ist es dann oft nur noch eine Frage der
Zeit, bis der Anwender die ersten Schritte unternimmt und den Plan in die Tat umsetzt.
Vereinfacht ausgedrückt gibt es drei Varianten, um eine UC-Lösung zu betreiben: im Eigenbetrieb,
in Form von Managed Services oder als Dienstleistung "out of the Cloud" (UC as a Service). Beim
Inhouse-Betrieb übernimmt das eigene Fachpersonal das Management der UC-Infrastruktur (Server,
Nebenstellenanlagen etc.). Zum Teil wird die Grundversorgung durch produkt- oder technikspezifische
Wartungsverträge mit Herstellern oder Systemintegratoren ergänzt. Managed Services bedeutet: Ein
externer Dienstleister übernimmt den Betrieb und die Wartung einzelner Elemente oder gleich der
gesamten, in einem Unternehmen vorhandenen UC-Infrastruktur. In SLAs (Service Level Agreements)
sind die Quality of Services und die Verfügbarkeit der Techniken sowie ihrer Funktionen festgelegt.
Ebenso wie beim Eigenbetrieb nutzt der Anwender die Infrastruktur exklusiv. Bei der
Cloud-Computing-Lösung "UC as Service" unterhält der Dienstleister Rechenzentren, deren Services
Kunden beispielsweise über abgesicherte Verbindungen eines Virtual Private Networks nutzen. Die
weitläufige Verfügbarkeit des Internets sorgt dafür, dass sich solche modularen Dienste dann an
jeder beliebigen Kundenlokation unabhängig von deren Größe nutzen lassen. Beim Anwender vor Ort
sind nur noch Software-Clients oder physische Endgeräte nötig.
Eine UC-as-a-Service-Lösung umfasst das Funktionsspektrum eines modernen TK-Systems. Dazu zählt
beispielsweise die Unterstützung verschiedener kabelgebundener und schnurloser Telefone im Büro,
von Softphones sowie von mobilen Endgeräten wie Smartphones. Weitere Bestandteile sind Funktionen
für Anrufbeantworter, Voicemail, Fax-Server, für die Weiterleitung von Sprachnachrichten per
E-Mail, für Warteschlagen und die automatische Rufverteilung. Vervollständigt werden die Features
durch die Einbindung mobiler Teilnehmer und virtueller Räume für Telefonkonferenzen.
So besteht beispielsweise das UC-as-a-Service-Angebot von Damovo aus den modularen Paketen
Unified Office Workplace (für Mitarbeiter mit festem Arbeitsplatz im Büro), Unified Flexible Office
(für Mitarbeiter, die sich mit ihrem schnurlosen Telefon innerhalb des Firmengeländes aufhalten)
und Unified Road Warrior (für Außendienstmitarbeiter mit Handys). Dabei übertragen Unternehmen die
Verantwortung für eine Kommunikationslösung komplett an einen Dienstleister. Sie müssen dann keine
eigenen Personalressourcen und kein Know-how für den Betrieb der Kommunikationslösung mehr
aufbringen. Vielmehr nutzen sie bei UC as a Service eine zentrale Infrastruktur, die höchste
Verfügbarkeit und Sicherheit gewährleisten muss.
Eines der wichtigsten Merkmale von UC as a Service ist die hohe Flexibilität durch schnelle
Inbetriebnahme innovativer Kommunikationstechniken. Eine solche Lösung ist immer auf dem neuesten
Stand, darum müssen sich Unternehmen als Benutzer des Services nicht mehr selbst kümmern.
Mitarbeiter lassen sich kurzfristig hinzufügen oder abmelden und Standorte kündigen. Teilnehmer
können ohne Verlust von Funktionen ortsunabhängig verteilt werden, ein Internet-Zugang reicht.
Zwischen den Standorten des Unternehmens lässt sich preisgünstig über das Internet telefonieren.
Alle Funktionen sind, abhängig vom Endgerät, an jedem Ort verfügbar. Die bisherigen ISDN-Anschlüsse
lassen sich abmelden, die vorhandenen Rufnummern jedoch beibehalten. Ein denkbares
Einstiegsszenario sieht vor, dass in einzelnen Unternehmensfilialen die alte TK-Anlage völlig durch
die Nutzung von UC as a Service ersetzt wird. In diesem Fall übernimmt ein UC-Spezialist auch die
Integration von UC as a Service in eine herkömmliche TK-Anlage, die der Anwender beispielsweise
noch in der Unternehmenszentrale nutzt.