Microsoft stellt klar, der Konzern fühle sich nicht an die GPL v3 gebunden. Zu dem kürzlich geschlossenen Vertrag mit Linspire erklärten die Redmonder auf einer ihrer Webseiten, das Abkommen sei auf die Kopien des Produkts beschränkt, welches der Linux-Distributor ursprünglich vertrieben habe. Der Deal beziehe sich nicht auf Teile der Distribution, die Produkte von Foundry oder Clone sowie GPL-v3-Software oder sonstige vom Vertrag ausgenommene Software beinhalte.
"Microsoft ist nicht Teil der GPL-v3-Lizenz", erklärte das Unternehmen. "Es gibt Behauptungen, dass Microsofts Vergabe von Zertifikaten für Novell-Dienstleistungen die Anerkennung der GPL v3 mit einschließe, doch glauben wir nicht, dass dergleichen Forderungen legalen Bestand haben."
Linspire war früher unter dem Namen Lindows bekannt und Microsoft hatte in einem Gerichtsverfahren eine Namensänderung gefordert. Zwar hatte der Konzern den Prozess verloren, doch investierte er 20 Millionen Dollar in den Linux-Anbieter mit der Bedingung der Namensänderung. Heute wollen die beiden Unternehmen bei der Entwicklung von Software-Tools und Frameworks zusammenarbeiten, die die Übersetzung von Office Open XML ins OpenDocument-Format erleichtern sollen. Ähnlich dem Abkommen mit Novell und Xandros umfasst auch dieser Deal einen Patentvertrag.
Rob Enderle von der Enderle Group sagte, Microsoft baue eine Mauer um die Dinge, innerhalb derer der Konzern auch seine Rechte am geistigen Eigentum schützen wolle. "Ich bezweifle, dass der Konzern der GPL mehr Öffentlichkeit verschaffen will, als sie sowieso hat. Doch Microsoft muss sich davon distanzieren, denn aufgrund der Art der Lizenz könnten Klauseln, denen der Hersteller nicht zugestimmt hat, es ihm schwerer machen, sein eigenes geistiges Eigentum zu schützen", so der Analyst. Eine Lizenz ist eine Vertragsart, so Enderle, für deren Bindung die Ausführung nicht erforderlich ist und die auch der daran gebundenen Person nicht vorgelegt werden muss. Aus diesem Grund sorgt Microsoft dafür, genügend Öffentlichkeit für die eigene Position zu erzeugen.
Der Novell-Sprecher Bruce Lowry wiederum erklärte in einem Unternehmens-Blog, "Novell wird auch weiterhin den Suse Linux Enterprise Server mit seiner vollen Funktionalität vertreiben, einschließlich der Komponenten, die unter die Lizenz GPL v3 fallen." Das Abkommen mit Microsoft decke alle Produkte ab, unabhängig von dem Distributionskanal, ob es sich um Server- oder Desktop-Software handle, und ob sie unter der GPL v2- oder v3-Lizenz stehen.
Illuminata-Analyst Gordon Haff hält die von Microsoft geschlossenen Patent- und Interoperabilitätsabkommen mit Ausnahme des Novell-Deals für unerheblich. Linspire hat nach eigenen Angaben sprachfähiges Instant Messaging, Windows Media 10 DOCECS und TrueType-Fonts-Technik von Microsoft lizenziert. Als Gegenleistung erhalten die Linspire-Kunden Schutz vor möglichen Patentverletzungen. Haff erklärte, der Vertrag ahme einige Punkte des Novell-Deals nach, doch ohne dessen Auswirkungen zu haben. Mit diesen Verträgen erwecke Microsoft den Anschein eines Momentums, fügt Haff hinzu, vor allem jetzt, wo die Free Software Foundation die letzten Feinheiten an der GPL v3 ausarbeite. GPL v3 würde wahrscheinlich die Art von Patentabkommen künftig unterbinden, so der Analyst.
Barbara Gengler/Computer Zeitung