Im Gegensatz zum gegenwärtigen Hype unter den WLAN-Geräteherstellern will Motorola zunächst keine Geräte nach dem Draft 2.0 des neuen WLAN-Standards 802.11n auf den Markt bringen. "Motorola möchte nicht, dass seine Kunden Geräte kaufen, die später möglicherweise mit der Endversion des neuen Standards inkompatibel sind," so Motorolas Marketing-Chef Angelo Lamme. Motorola will auf jeden Fall warten, bis 802.11n endgültig standardisiert ist - auch wenn das noch bis zu 21 Monate dauern kann.
Anders dagegen die meisten übrigen Anbieter. So produzieren Intel, Cisco, Linksys, Broadcom und viele andere bereits ein ganze Palette an Produkten nach dem Draft 2.0 des 802.11n-Standards, der eine verbesserte Bandbreite und Reichweite bieten wird. "Wir erwarten, dass in diesem Jahr bis zu 15 Millionen 802.11n-Produkte auf den Markt kommen werden, die von uns zertifiziert sind", so Karen Hanley, Marketing-Chefin bei der Wi-Fi Alliance, einem Industriedachverband, der mit dem Draft 2.0 dem endgültigen Standard vorgreift. Ab Juni will die Wi-Fi Alliance damit beginnen, Geräte zu zertifizieren. Doch möglicherweise sind diese nicht vollständig konform mit dem zukünftigen 802.11n-Standard, der noch in einigen Punkten von dem gegenwärtigen Entwurf abweichen kann. Deshalb gibt die Wi-Fi Alliance keine Garantie dafür ab, dass die von ihr zertifizierten Geräte später mit dem finalen Standard interoperabel sind.
Den 802.11n-Standard wird das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) voraussichtlich nicht vor März 2009 verabschieden. Diese Zeitspanne lässt noch viel Raum für Veränderungen.
Motorola erhebt nun als erster großer Hersteller eine gewichtige Gegenstimme zum Trend, schon heute Geräte nach dem Draft 2.0 zu verkaufen. "Die Entscheidung der Wi-Fi Alliance, die gegenwärtigen Geräte bereits jetzt zu zertifizieren, dient lediglich der Konsumentenberuhigung. Doch dieses Vorgehen bringt eine Menge Verwirrung in den Markt und könnte sogar dazu führen, dass viele Unternehmen schon in wenigen Jahren auf einer veralteten inkompatiblen Technologie sitzen", warnt Lamme.
Mark Main, Chefanalyst bei Ovum, teilt diese Bedenken: "Eine Zertifizierung zu diesem Zeitpunkt garantiert nur eine Interoperabilität mit dem, was auch im Draft 2.0 benannt ist, und sonst nichts. Somit müssen sich die Unternehmen möglicherweise mit zahlreichen Updates herumschlagen, wenn der endgültige Standard verabschiedet wird."
Ein noch weitaus größeres Problem ist laut Main die ständige Verzögerung der endgültigen Zertifizierungs-Deadline. Laut Main bedeutet dies automatisch weitere Abänderungen im 802.11n-Standard, wie sicher sich die Wi-Fi Alliance derzeit bei ihrem zweiten Draft sein mag. "Alle führenden Service-Provider halten sich noch sehr zurück, wenn es um die Einführung von Draft-802.11n-Produkten in den Massenmarkt geht – und die Konsumenten sollten das Gleiche tun", so Mains Ratschlag.
Katharina Guderian/wg