OBAs erweitern das serviceorientierte Konzept

Produktivität in der SOA

5. November 2007, 23:00 Uhr | Holger Sirtl/jos Holger Sirtl ist Developer in der Platform and Strategy Group bei Microsoft.

Die "klassische" serviceorientierte Architektur bleibt auf dem Weg zu flexiblen Geschäftsanwendungen auf der Daten- und Anwendungsschicht stehen. Erst die so genannten Composite Applications beziehen auch die Präsentationsschicht mit ein. Die Office Business Applications (OBAs) von Microsoft fügen diesen Layers mit Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zwischenmenschlichen Kommunikation noch eine Produktivitätsschicht hinzu.

Im heutigen Umfeld der Globalisierung auf der einen und Spezialisierung auf der anderen Seite
müssen Unternehmen ihre Prozesse, die Menschen und Informationen sowohl innerhalb der
Unternehmensgrenzen als auch darüber hinaus miteinander verbinden, um Potenziale im Markt
wahrnehmen zu können. SOA stellt einen Designansatz für die Organisation vorhandener IT-Ressourcen
dar, der es ermöglicht, die heterogene Vielfalt komplexer, verteilter Systeme und Anwendungen in
ein Netzwerk integrierter und flexibler Ressourcen zu verwandeln.

Modularisierung auf der Ebene der Geschäftslogik

Das Konzept, das die Modularisierung von Geschäftsanwendungen und die lose Koppelung dieser als
Dienste veröffentlichten Komponenten vorsieht, bezieht sich primär auf die Ebene der
Geschäftslogik. Beispielsweise lässt sich der Ablauf eines Verkaufsvorgangs vom Kundengespräch bis
zum Abschicken der Rechnung aus verschiedenen vorgefertigten Komponenten mithilfe von Services und
auf der Grundlage von Geschäftsregeln zu einem strukturierten Geschäftsprozess zusammensetzen. Die
benötigten Daten zum Kunden, Kostenberechnungen oder Produktdaten liefern ein ERP-System und ein
CRM-System im Backend. In dem herkömmlichen Dreischichtenmodell aus Datenschicht, Anwendungsschicht
und Präsentationsschicht adressiert also das serviceorientierte Design lediglich den Anwendungs-
und Daten-Layer.

Doch hat die "klassische" SOA keine Antworten darauf, wie die Präsentationsschicht aussieht,
denn mit einem Prozessablauf ist noch nicht festgelegt, ob der Anwender über ein mobiles Gerät,
eine Webschnittstelle oder etwa eine Windows-Applikation auf seinen Verkaufsvorgang zugreift.
Diesen Mangel können so genannte Composite Applications ausgleichen. Sie nutzen das Konzept der
SOA, erweitern aber den Ansatz der Modularisierung und der Serviceorientierung um die
Präsentationsebene der IT-Architektur.

Diese dynamisch zusammengesetzten Anwendungen bestehen aus einer Sammlung von
Softwarebausteinen, etwa Workflows, Schemas, Geschäftsregeln, Konnektoren, Schnittstellen, Reports,
Portlets und weiteren. Jede Schicht benötigt andere Arten von Baustein. Beispielsweise kann ein
Webservice ein Anwendungsbaustein sein, ein multidimensionaler Datenwürfel ein Daten-Asset und ein
bestimmtes Eingabeformular oder ein Portlet ein Präsentations-Asset.

Kombinationsmöglicheiten

Voraussetzung für die Implementierung von Composite Applications ist eine Plattform, die es
ermöglicht, die Bausteine separat voneinander und auch in verschiedenen Kombinationen einzusetzen.
Sie muss also auf allen Architekturebenen entsprechende Komponententypen bereitstellen, Container
als Laufzeitumgebung für Komponenteninstanzen enthalten und das Paradigma der Komposition
unterstützen.

Auf der Applikationsschicht stellen anwendungsspezifische Funktionsbibliotheken strukturierte
Geschäftslogik bereit. Funktionalität bestehender Geschäftsanwendungen lässt sich ebenfalls über
Services einbinden. Für Anwendungsbausteine, für die keine Services-Schnittstelle vorhanden ist,
kommen entsprechende Adaptoren hinzu. Bei der Services-Komposition werden diese Services über
Prozessflüsse, Metadaten und Geschäftsregeln zu neuen Diensten verknüpft, die strukturierte
Geschäftsprozesse abbilden.

Auf der Datenschicht kann Komposition über ein Metadaten-Repository erfolgen, das dazu genutzt
wird, um Geschäftseinheiten in Backend-Datenspeichern, die Beziehungen zwischen den Einheiten sowie
die möglichen Aktionen zu definieren. Beispielsweise ermöglicht der Business Data Catalog (BDC) von
Microsoft Daten aus verschiedenen Anwendungssystemen zu fachlichen Objekten zusammenzufassen und
diese Anwendern über den Sharepoint-Server zur Verfügung zu stellen.

Kopplung zur einheitlichen Oberfläche aus Einzelelementen

Komposition in der Präsentationsschicht bedeutet, lose miteinander gekoppelte Elemente der
Benutzerschnittstelle zu einer einheitlichen Oberfläche zu verknüpfen. Das können etwa Komponenten
für eine Portalanwendung wie Portlets, Pages, Web Parts, Action Panes und andere sein, die zu
rollenspezifischen Ansichten für jeden Anwender zusammengesetzt werden. Die ausgewählten und
zusammengesetzten Komponenten aus allen Architekturschichten werden in einer Composite Application
schließlich zu einer Geschäftsfunktion einschließlich eines Frontends für den Zugriff darauf
verknüpft.

Das Dreischichtenmodell geht von strukturierten Prozessen und Daten aus, die bereits in der
Entwurfs- und Implementierungsphase festgelegt sind. Die Ablaufschritte – im Verkaufsvorgang etwa
Angebot erstellen, Auftrag bearbeiten und so weiter – werden im Rahmen des Anwendungsentwurfs an
zentraler Stelle von Fachbereichen vorgegeben und im IT-Bereich umgesetzt. Häufig findet aber ein
wesentlicher Anteil der betrieblichen Abläufe außerhalb strukturierter Prozesse statt,
beispielsweise in Form zwischenmenschlicher Kommunikation und Zusammenarbeit. In den
Verkaufsvorgang beispielweise können zusätzlich Kundenwünsche für das Projekt, die als Notiz
festgehalten wurden, Rücksprachen des Vertriebsbeauftragten mit Technikern (Gesprächsprotokoll)
Absprachen mit Vorgesetzten zu Preisnachlässen und weitere unstrukturierte Daten hinzukommen.

All diese Aktionen und Daten kann der strukturierte Prozessablauf nicht abbilden, und auch
traditionelle Geschäftsanwendungen lassen sie weitgehend außer Acht. Anwender benötigen hier eine
Anwendungsplattform, die zur Laufzeit entsprechende Flexibilität bietet und auch unstrukturierte
Prozesse und Formen der Zusammenarbeit unterstützt.

Manko beim strukturierten Prozessablauf

Diese Anforderungen will Microsoft mit den so genannten Office Business Applications (OBAs)
erfüllen. Dies sind Composite Applications, die einen vierten Architektur-Layer – die
Produktivitätsschicht – einführen, um eine Brücke zwischen den Frontend-Produktivitätswerkzeugen
und den Geschäftsfunktionen im Backend zu schlagen. OBAs erweitern das Konzept der dynamisch
zusammengesetzten Anwendungen in einer serviceorientierten Umgebung um die Unterstützung von
Adhoc-Aktionen, Dokumentenmanagement sowie diversen Collaboration-Möglichkeiten.

Bei der Nutzung einer OBA für den Verkaufsprozess könnte der Vertriebsmitarbeiter aus seiner
Office-Oberfläche die Services für die Abwicklung seines Auftrags aufrufen, die Gesprächsprotokolle
und Excel-Dokumente in den Prozess mit einbinden oder gemeinsam mit anderen Mitarbeitern
dazugehörige Dokumente bearbeiten.

Framework von Dotnet-3.0

Für den Aufbau von Office Business Applications liefert ergänzend zur Anwendungsplattform das
Dotnet-3.0-Framework und darauf aufbauend das 2007-Office-System die Komponenten für alle
Architekturschichten sowie die Plattform für die Implementierung der Office Business Applications.
Das 2007-Office-System besteht aus dem Büropaket mit den vertrauten Office-Anwendungen und dem
Office Sharepoint Server 2007 einschließlich der Office Sharepoint Services als Laufzeitumgebung
für ein Webportal und Container für die Client-Anwendungen.

Der Anwender erhält rollenbasiert seine Sicht auf die Geschäftsanwendungen. Das System stellt
zudem Dokumentenlisten und -bibliotheken mit Versionskontrolle als Container bereit, in denen
Dokumente gehalten werden können, die prozessbegleitend erstellt werden. Eine
Workflow-Laufzeitumgebung als Container umfasst Abläufe, die mit Work-Items oder Dokumentenlisten-
und Bibliotheken verknüpft werden können. Der Sharepoint-Server liefert auch Funktionalität wie
erweiterte Suche, Anbindung an Datenspeicher und Business-Intelligence-Fähigkeiten.

Fazit: Plus durch Unterstützung unvorhergesehener Interaktionen

Die so genannten Composite Applications beziehen auch die Präsentationsschicht mit ein. Die
Office Business Applications fügen den Schichten mit Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und
zwischenmenschlichen Kommunikation noch eine Produktivitätsschicht hinzu. Dynamisch
zusammengesetzte Anwendungen müssen neben den strukturierten festgelegten Prozessabläufen auch die
unstrukturierte unter Umständen unvorhergesehene Interaktion zwischen den Nutzern unterstützen.
Office Business Applications liefern Anwendern über die ihnen vertrauten Oberflächen der
Office-Familie und Sharepoint-Weboberflächen neben dem Zugriff auf Geschäftsanwendungen auch
Funktionen zur gemeinsamen Erstellung und Bearbeitung von Arbeitsergebnissen, Dokumentenmanagement
sowie Collaboration-Tools.


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