OTDR-Schleifenmessverfahren in FTTx-Projekten

Punkt-zu-Punkt-Strecken bewerten

6. Mai 2015, 6:00 Uhr | Dipl.-Ing. Roman Lampka, freiberuflich tätig und befasst sich seit 1985 mit Glasfaserkabeltechnik, Dipl.-Ing. Claas Richter leitet die Entwicklungen der Fiberdoc-Produkte bei Sharedat Deutschland, www.sharedat.de./pf

Die OTDR-Messung (Optical Time-Domain Reflectometer) mit Schleifenfaser ist ein effizientes Verfahren für Abnahmemessungen bei Punkt-zu-Punkt-Strecken. Eine mit einer LWL-Brücke versehene Teilnehmerabschluss- beziehungsweise Verteilerbox kann das Schleifenmessverfahren in der Praxis weiter verbessern. Darüber hinaus ermöglicht ein Cloud-basierender Arbeitsablauf eine beschleunigte Verarbeitung der Messdaten beginnend von der mobilen Erfassung bis zur fertigen Streckendokumentation.

Bei FTTx-Projekten ist zwischen zwei grundlegenden Netzstrukturen zu unterscheiden: erstens verzweigte Netze und zweitens Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, um die es in diesem Beitrag geht. Das OTDR-Messverfahren dient dort zur Bewertungen von Glasfaserverbindungen und kommt zum Beispiel für die Abnahme zum Einsatz. Dabei ist die in der Praxis bewährte Messung mit Schleifenfaser eine besonders effektive Variante, da sich von einem Messort aus zwei Strecken zur gleichen Zeit messen lassen und somit Zeit eingespart wird.
Bei kurzen Strecken hat die Steckerdämpfung einen großen Einfluss auf die gesamte Streckendämpfung. Daher ist die Bewertung der gesamten Streckendämpfung einschließlich der Stecker notwendig. Dafür ist neben der Schleifenfaser eine Vorschalt- und/oder Nachschaltfaser erforderlich, um die Koppeldämpfungen am Streckenanfang und -ende bewerten zu können. Die Vorschalt- und/oder Nachschaltfaser sowie die Schleifenfaser sollten gleich lang sein: Es empfiehlt mit einer Länge von jeweils 1.000 m zu arbeiten. Das verwendete OTDR muss über eine genügend Dynamik verfügen, um die doppelte Streckenlänge in ausreichender Qualität messen zu können. Bei den relativ kurzen Strecken im FTTx-Bereich stellt dies kein Problem dar.
Für die Messung mit Schleife muss die Strecke mindestens über zwei Fasern verfügen. Bei einer Zwei-Faser-Lösung lassen sich verschiedene Dienste getrennt übertragen, und für zukünftige Erweiterungen bleibt im Gegensatz zu einer Ein-Faser-Lösung ausreichend Spielraum nach oben. Bei einer Schleifenmessung lässt sich sicherstellen, dass nach der Messung und Abzug der Schleifenfaser keine Veränderung an den Steckern und Pigtails erfolgt. Dabei gilt in der Praxis die Faustregel, dass nach der Abnahmemessung keine Änderungen der gemessenen Strecke (zum Beispiel mechanische Veränderung in der Box) erfolgen dürfen.
Um dennoch auf die Schleifenfaser verzichten zu können, empfiehlt sich die Verwendung einer Teilnehmerabschluss- oder Verteilerbox, in der zwei Fasern mit einer LWL-Brücke (beziehungsweise Loop-Stecker) überbrückt sind. Diese Brücke besteht aus zwei Steckern, die mit einer sehr kurzen Faser verbunden sind. Die LWL-Brücke verbindet die ankommenden Fasern und ersetzt damit die Schleifenfaser.
 
Schleifenmessung mit LWL-Brücke
Daraus ergeben sich die folgenden Vorteile: Es ist vor Ort keine zweite Person erforderlich, die die Schleifenfaser angekoppelt. Dadurch lassen sich Zeit und Kosten einsparen, und die Sauberkeit der Stecker ist sichergestellt. Nach Abschluss der Messung findet keine Veränderung am Teilnehmerabschluss statt. Vor einer späteren Inbetriebnahme ist auch ohne Zugang am Teilnehmerabschluss jederzeit eine Nachmessung realisierbar (zum Beispiel im Fall von Beschädigungen durch Baumaßnahmen oder Vandalismus). Durch Entfernung der Überbrückung am Teilnehmerabschluss kann eine problemlose Inbetriebnahme erfolgen. Eine Kontrolle der Zuordnung zwischen Fasern und Teilnehmerabschluss ist über den Vergleich der gemessenen Streckenlänge mit der Planungslänge möglich.
Bei Verwendung einer solchen Box ist auf der Rückstreukurve der OTDR-Messung ein Ereignis mit doppelter Steckerdämpfung sichtbar. Dieses lässt sich mit geeigneter Analysesoftware wie beispielsweise Fiberdoc von Sharedat einwandfrei im "Schleifen"-Modus auswerten. Dabei ist auch die Qualität der beiden Stecker ausreichend beurteilbar.
Nennenswerte Vorteile für die Erfassung und Verarbeitung der OTDR-Messdaten ergeben sich durch eine zentrale Verwaltung und Archivierung. Mitarbeiter an unterschiedlichen Orten haben schnellen Zugriff auf die Messdaten - zum Beispiel bei Arbeitsteilung zwischen Messen, Auswerten und Dokumentieren. Eine einheitliche Datenstruktur ermöglicht außerdem ein schnelles Wiederfinden benötigter Informationen, zum Beispiel für den Vergleich zwischen Erstmessung und Abschlussmessung. Dazu hilft auch die Verknüpfung mit anderen Parametern wie zum Beispiel Streckendaten (importiert aus Software für Kabel- und Netzwerk-Management), wodurch eine streckenbasierende Suche der Messdaten möglich wird.
 
Cloud-Laufwerk und zentraler Server
Das beschriebene Konzept ist über die Nutzung eines Cloud-Laufwerks und eines zentralen Servers umsetzbar. Für die Erfassung, Verwaltung und Verarbeitung der OTDR-Messdaten eignet sich beispielsweise der "Fiberdoc Server", der über das entsprechende Funktionsspektrum verfügt. Für das Cloud-Laufwerk empfiehlt sich dabei die Software Owncloud, eine populäre Freeware-Lösung, die keine hohen technischen Anforderungen an die Einrichtung stellt und im Handumdrehen einsatzfähig ist. Neben der erforderlichen Server-Software steht die zugehörige Client-Software zudem für alle gängigen Plattformen (einschließlich Tablet-PCs und Smartphones) zur Verfügung. Sobald Owncloud auf dem Server und auf allen Endgeräten der Mitarbeiter eingerichtet ist, lassen sich die Messdaten zwischen den Mitarbeitern und dem Server automatisch synchronisieren.
Nach Beendigung einer OTDR-Messung überträgt der Techniker die neuen Faserdateien vom OTDR in das Cloud-Laufwerk seines Geräts - zum Beispiel ein robustes Outdoor-Smartphone. Eine Internet-Verbindung vorausgesetzt synchronisieren sich die Dateien dann automatisch mit dem zentralen Server. Ein Zeitverzug kann entstehen, wenn am unmittelbaren Messort (zum Beispiel im Gebäude) keine Netzverbindung existiert.
Der zentrale Server prüft das Cloud-Laufwerk regelmäßig. Sobald neue Dateien vorliegen, erstellt er in seiner Datenbank einen logischen Messvorgang, der die Messung des Technikers repräsentiert. Dieser "Vorgang" erfasst die Messdaten zusammen mit weiteren, mit der Messung in Verbindung stehenden Daten - zum Beispiel Betriebslängenplan, Fotos, berechnete Dämpfungswerte sowie Messprotokoll beziehungsweise OTDR-Dokumentation.
Für die anschließende OTDR-Auswertung bereitet der Server automatisch ein sogenanntes Kabelprojekt vor und legt dies im Cloud-Laufwerk ab. Das Konzept des Kabelprojekts, wie es beispielsweise in der Software Fiberdoc umgesetzt ist, bringt für die OTDR-Auswertung wesentliche Vorteile. Denn mithilfe des Kabelprojekts lassen sich alle Fasern einer Strecke mit ein und denselben Einstellungen (basierend auf einer Referenzfaser) auswerten und damit Arbeitszeit einsparen.
Erfolgte die Erstellung eines Kabelprojekts bisher manuell durch den Anwender, generiert dieses jetzt der Server automatisch und unter Berücksichtigung der vorab festgelegten Vorgaben. Im Anschluss führt der Server eine Vorabprüfung durch, bei der er die Konsistenz (zum Beispiel plausibles Datum und Uhrzeit sowie einheitliche Streckenlänge) prüft sowie die Geräteparameter aller Faserdateien mit den zentralen Vorgaben vergleicht. Bei Abweichungen verschickt der Server eine E-Mail an die beteiligten Mitarbeiter und informiert diese, damit sie reagieren können.
Das durch den Server vorbereitete Kabelprojekt kann der Mitarbeiter anschließend aus der Cloud heraus öffnen und auswerten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Server in der Lage, vorab eine OTDR-Auswertung automatisch durchzuführen, und die Ergebnisse dienen dem Mitarbeiter dann als Indikator dafür, inwieweit die gemessene Strecke den Vorgaben entspricht. Das ausgewertete Projekt legt der Mitarbeiter zurück in das Cloud-Laufwerk, von wo es dann als neue Revision in den dazugehörigen Vorgang im Server übertragen wird.
 
Automatisiertes Kabelprojekt
Mit dem integrierten Revisions-Management lässt sich der Verlauf aller Arbeiten an der Strecke erfassen - zum Beispiel Erstmessung, Abnahmemessung, Inbetriebnahmemessung, Auswertung und Nacharbeiten. Durch die Möglichkeit, mehrere Messungen per Mausklick miteinander zu vergleichen und die Unterschiede aufzulisten, steht dem Anwender neben einer Reihe andere Funktionen ein Spektrum nützlicher Werkzeuge im Server zur Verfügung.
Abschließend kann der Server die OTDR-Streckendokumentation (Messprotokoll) beziehungsweise im Problemfall einen Abweichungsbericht automatisch erstellen und als PDF-Datei im Cloud-Laufwerk ablegen. Dort haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, bequem auf die neuen Dokumente zuzugreifen und diese zum Beispiel an den Auftraggeber per E-Mail zu senden. Kunden- und Projektanforderungen an die Dokumentation können durchaus unterschiedlich sein. Eine zentrale Erfassung aller Vorgaben erleichtert diese Arbeit, denn der einzelne Mitarbeiter braucht sich nicht mehr um die jeweiligen Einstellungen im Druck- beziehungsweise PDF-Dialog zu kümmern.

Teilnehmerabschlussbox mit LWL-Brücke als Ersatz der Schleifenfaser. Bild: Roman Lampka


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