Eine Woche nach der CA-World gab sich ebenfalls im Mandalay-Bay-Hotel in Las Vegas die Datacenter World des Veranstalters Afcom die Ehre. Zur herstellerunabhängigen Rechenzentrumskonferenz und -ausstellung kamen rund 1.200 Teilnehmer, also deutlich weniger als zur Veranstaltung der IT-Management-Company. Allerdings ging es bei den eingeschworenen Rechenzentrumsbetreibern mitunter heftig zur Sache, Marketing-Ansprachen waren rar. Eines der Hauptthemen war die noch junge Disziplin Data-Center-Infrastructure-Management, kurz DCIM.Zur Datacenter World kommen eher technisch orientierte Besucher mit meist sehr konkreten Fragen und Problemen zu ihrem Rechenzentrum. Das Hauptgewicht liegt auf dem Konferenzanteil, der bereits zwei Tage vor der zugehörigen Messe öffnet. Die einzelnen Sessions sind sehr nüchtern und herstellerneutral gehalten, auch wenn die meisten Referenten die einschlägigen RZ-Ausrüster vertreten. Einige kommen jedoch im Rahmen von Anwendungsstudien auch von Rechenzentrumsbetreibern - und hier wird jeder Hersteller zerlegt, der mehr versprochen hat, als er halten konnte. Auf der Datacenter World geht es also in erster Linie darum, Probleme zu lösen und Erfahrungen auszutauschen - der Showteil ist zwar durchaus imposant, aber eher Beiwerk. Stark divergierender Markt Bereits im Konferenzteil war DCIM eines der Schlüsselthemen. Schnell wurde klar, dass die Definitionen darüber, was DCIM eigentlich genau bedeutet, noch weit auseinandergehen und oft vom Hintergrund des jeweiligen Anbieters geprägt sind. Auf jeden Fall mit dazu gehören Aspekte wie Präzisionskühlung, Energie-Management, das Raumdesign mit Planung der Luftströme, Sicherheit im Sinne von Zugangs- wie auch von IT-Zugriffsrechteverwaltung sowie das Rack-Management. Die meisten Lösungen bilden nur einen Teil dieses Spektrums ab. Zunehmend fließen inzwischen auch Elemente aus dem Gebäude- oder Facility- und dem IT-Management in das DCIM mit ein. Zur Kerngruppe der Marktplayer gehören Unternehmen wie Schneider Electric, Eaton, Itracs, Emerson, Raritan, Panduit, Cormant und Geist. Letztere haben auf der Datacenter World die Übernahme von Opengate bekannt gegeben. Inzwischen hat sich die Zahl der Anbieter jedoch deutlich erhöht, auch Hersteller wie Siemens Industry, Synapsense, CA und viele weitere sind eingestiegen. Fast alle genannten Unternehmen zeigten auf der Datacenter World die ersten oder neuesten Versionen ihrer DCIM-Software. Datacenter Clarity LC zum Beispiel - die Software, mit der Siemens erst im Februar in den DCIM-Markt eingestiegen ist - soll genau die bislang oft noch klaffende Lücke zwischen IT- und Facility-Management schließen. Einen sehr umfassenden DCIM-Ansatz zeigte auf der Datacenter World Commscope, die sich erstmals zusammen mit dem im März eingekauften Unternehmen Itracs präsentierten. Commscope kam bereits mit einer Version seiner DCIM-Software Imvision nach Las Vegas, die das Converged-Physical-Infrastructure-Management (CPIM) von Itracs integrierte. Zusammen ergeben die beiden Produkte eine Lösung, die Netzwerk- und Stromversorgungs-Infrastrukturen bis auf jeden einzelnen Port dokumentiert und die gesamte Rechenzentrumseinrichtung verwaltet. Dabei handelt es sich um eine offene Architekturplattform, die mit einem dreidimensionalen Visualisierungsmodell gekoppelt ist. Das neue Imvision ist damit in der Lage, das gesamte physische Ökosystem eines Rechenzentrums abzubilden, inklusive Energieverbräuche, thermale Bedingungen, Netzwerk- und Stromkabelverbindungen. Zusätzlich lassen sich Statistiken etwa zur Server-Performance und zur Kapazität der Speichersysteme einbinden. Für Europäer ist eine Teilnahme an der amerikanischen Datacenter World sicher nur bedingt sinnvoll - die Datacentres Europe (dieses Jahr Ende Mai in Nizza) der Broad Group dürfte nicht nur geografisch näher an den Fragestellungen der "alten Welt" liegen. Wer etwas über den Umgang mit Katastrophen lernen will, sollte allerdings nach Amerika fahren, sind doch etwa Lektionen für das eigene Rechenzentrum aus vernichtenden Stürmen in "Good Old Europe" kaum ein Thema.
Der Autor auf LANline.de: ElCorrespondente