Anfang Oktober kam die globale Breitbandelite für ihr jährliches Europa-Event nach Berlin. Das Estrel Convention Center schien mit den rund 100 Ausstellern, 55 Workshops, Keynotes und Plenarsitzungen sowie zirka 7000 Teilnehmern nahe an seine Kapazitätsgrenzen zu kommen. Thematisch fiel eine deutlich gestiegene Gewichtung des breitbandigen Mobilfunks auf. Damit rückte auch die Fixed-Mobile-Konvergenz verstärkt in den Fokus.
Es ist schon seit einigen Jahren das gleiche Spiel, doch die Geschwindigkeit nimmt inzwischen
schwindelerregende Ausmaße an: Den klassischen Carriern und Service-Providern brechen ihre
angestammten Geschäftsfelder weg. In immer rasanterem Sinkflug müssen sie sich neu aufstellen und
Dienste und Geschäftsmodelle immer wieder neu anpassen. Konkurrierende neue Provider haben zwar
keine "Altlasten" mitzuschleppen, müssen aber im Strudel der schnellen technischen Entwicklungen
ihr Geschäft erst hochziehen. Die TK-Ausrüster sehen hier ihre Chance und überbieten sich
gegenseitig darin, ihre Kundschaft bei der immer radikaleren Um- beziehungsweise Neugestaltung
ihres Geschäfts unter die Arme zu greifen.
Das BBWF ist das Forum, auf dem sie alle – Provider und Hersteller – zeigen, was sie haben. In
der Tat hat der Ausstellungsbereich inzwischen den Charakter einer stattlichen Fachmesse, auf der
nur wenige der wichtigen Carrier-Ausrüster fehlten – von Cisco und Foundry einmal abgesehen.
Nokia Siemens Networks (NSN) zeigte auf dem BBWF neue Bausteine seines Portfolios. NSN will es
Carriern und Service-Providern erleichtern, die Herausforderungen ökonomisch zu meistern, die
Services wie beispielsweise File-Sharing, Videoanwendungen, HDTV (High-Definition Television),
Flatrate-Abonnements und die Ausdehnung der Wireless-Breitbandnetze für die Infrastruktur mit sich
bringen. Für das Festnetz zeigte der finnisch-deutsche TK-Ausrüster neue Multi-Service Access Nodes
(MSANs) für Außen- und Inneninstallationen. Dabei handelt es sich um ein Hybridprodukt, das sowohl
optische als auch elektrische Signale innerhalb einer einzigen Komponente überträgt.
Der MSAN von NSN bietet ADSL2+-, VDSL2-, SHDSL-, GPON- (Gigabit Pas-sive Optical Network),
Ethernet-, TDM- und POTS-/VoIP-Verbindungen über die Protokolle H.248 und SIP sowie
CATV-Verbindungen. Mit der vorgestellten DSL-Technik können die Betreiber ihr vorhandenes
Kupfernetz weiter ausreizen und Triple-Play-Services anbieten. Darüber hinaus präsentierte Nokia
Siemens in Berlin unter anderem eine Wimax-Lösung, die einen gebündelten Sprach-, Daten- und
Video-Stream überträgt.
Zu den Großen, die auf dem BBWF präsent waren, gehört auch Nortel. Die Kanadier zauberten in
Berlin unter dem Schlagwort "Hyperconnectivity" einschlägige Lösungen zu Carrier Ethernet, Carrier
VoIP und Wimax aus dem Hut. Zu den Highlights bei Nortel gehörte eine Metro-Ethernet-Lösung auf
Basis der Nortel-Technik PBT (Provider Backbone Transport), eine Carrier-VoIP- und IMS-Lösung
(IP-Multimedia Subsystem) sowie für stationäres und mobiles Wimax konziperte Lösungen auf Basis des
Standards IEEE 802.16- 2005. Auf dem Sektor IMS sind auch zahlreiche andere Hersteller aktiv,
darunter Alcatel-Lucent, Ericsson, Huawei und Juniper, alle ebenfalls auf dem BBWF präsent. Juniper
hatte seine Top-News bereits zwei Wochen vor dem BBWF auf dem Carrier Ethernet World Congress in
Genf aus dem Sack gelassen: Die beiden dort vorgestellten neuen Service-Router-Plattformen, eine
Reihe neuer Line-Cards sowie ein in Sachen Layer-2-Switching aufgebohrtes Junos (das
Juniper-Betriebssystem) brachte das Unternehmen mit nach Berlin. Auch bei Juniper geht es bei den
neuen Produkten darum, die Anschaffungs- wie auch die Betriebskosten für Infrastrukturen zu senken
sowie gleichzeitig Performance und Verfügbarkeit zu erhöhen.
Die Schlüsselbotschaft von Alcatel-Lucent auf dem BBWF hieß "Mobile Evolution Transport
Architecture" (META). META versteht sich als Mobilfunkpendant zur TPSDA (Triple Play Service
Delivery Architecture) im Festnetzangebot des französisch-amerikanischen Ausrüsters. Die
Architektur soll Mobilfunk-Netzbetreibern (CDMA/EV-DO, GSM/UMTS und Wimax) helfen, die Skala ihrer
Services aggressiv und kosteneffizient auszuweiten. Vereinfachtes, einheitliches Management soll
dafür sorgen, dass sich die Betriebskosen bis zu 44 Prozent senken lassen. Die ersten Bausteine von
META, die Alcatel-Lucent auf dem BBWF zeigte, sind der 1850 Transport Service Switch-5, der 7705
Service Aggregation Router sowie das 9500 Microwave Packet Radio.
Alcatel-Lucent stellte zudem das zusammen mit Sagem entwickelte UMTS Femto BSR vor, ein auf
Anwenderseite platziertes Gateway (Customer Premise Equipment, CPE), das einen ADSL2+-, VDSL2- oder
PON-Anschluss einerseits via Ethernet mit den verkabelten Geräten des Haushalts verbindet,
andererseits via UMTS zu den mobilen Clients verlängert.
BBWF-Newcomer Ruckus Wireless setzt bei seinem Residential Gateway dagegen voll auf
Funkverteilung – hier nicht auf UMTS-, sondern auf WLAN-Basis mit technisch aufgemotztem
Pre-Standard- 802.11n. Auch das Berliner Unternehmen AVM hatte bei seinem Heimspiel mit Fritz Box
Fon WLAN 7270 ein drahtloses Residential Gateway im Gepäck – neben Lösungen zu Home Networking,
DECT Cat-iq und VoIP-Integration.
Kosteneffizienz und vereinfachte Plattformen für Triple-Play-Services hat sich die
100-prozentige Ericsson-Tochter Redback auf die Fahnen geschrieben. Nach Berlin brachte das
Unternehmen unter anderem seine in diesem Jahr vorgestellten Triple-Play-Router für Fest- und
Mobilfunknetze mit. Durch die Integration von Edge-Routing, Ethernet-Aggregation und
Subscriber-Management in einer einzigen Plattform soll sich vor allem die Gesamtkostenbilanz
deutlich verbessern.