Nahezu jeder Hersteller von Thin Clients (TCs) unterstützt mit einer eigenen Softwarelösung die Administratoren dabei, anfallende Managementaufgaben zu bewältigen. In der Praxis trennt sich schnell die Spreu vom Weizen, wenn es auf effiziente zentrale Verwaltung ankommt. Der TC-Pionier und langjährige Marktführer Wyse betont die Reife und Flexibilität seiner Lösung. Wir waren gespannt, ob der Wyse Device Manager diesem Anspruch gerecht wird.
Das weltweit tätige Unternehmen mit Spezialisierung auf TCs, zugehörige Software und
Dienstleistungen hat seinen Hauptsitz im kalifornischen San José und ist auch in Deutschland mit
einer Niederlassung präsent. Die deutsche Herstellerwebsite bietet umfassende Informationen zu
Lösungen und Verkaufspreisen sowie Kontaktdaten des qualifizierten Fachhandels, über Links zum
englischsprachigen www.wyse.com-Pendant zudem eine Knowledge Base für technische Fragen und
Software-Downloads.
Für das Management bietet der TC-Marktführer den Wyse Device Manager (WDM) an, vormals unter dem
Namen Rapport bekannt. Für unseren Praxistest stellt Wyse die aktuelle englische Version 4.4.1
Enterprise Standard zur Verfügung. Um alle Funktionen testen zu können, erhielten wir dazu vier TCs
mit den vier Betriebssystemen des Wyse-Portfolios – Thin OS, Linux, Windows CE und XPe (Embedded) –
sowie eine erste Einführung durch einen Pre-Sales-Mitarbeiter.
Der Wyse S10 ist ein sehr kleines Gerät mit Wyses hauseigenem Betriebssystem Thin OS (bis vor
kurzem "Blazer" genannt) in Version 5.0. Es ist Multi-Session-fähig und beinhaltet lediglich ICA
und RDP. Das optimierte OS ermöglicht sehr zügiges Booten: In unserem Test war das Gerät nach nur
acht Sekunden betriebsbereit. Durch die geringe Größe lässt es sich an einer Monitorrückseite
anbringen. Es ist audiofähig, kommt mit 32 MByte Flash und 64 MByte RAM und bietet zwei PS/2- und
vier USB-Ports, einen seriellen, (VESA-)Grafik- und einen 10/100BaseT-Anschluss.
Die beiden baugleichen Geräte V30 und V50 arbeiten mit einem 1-GHz-Prozessor. Ausgestattet sind
sie mit dreimal USB 2.0, einmal parallel, zweimal seriell, zweimal PS/2, Audioanschluss,
32-Bit-Cardbus-/PC-Card-Erweiterungs-Slot, Grafik mit bis zu 1600 mal 1200 Punkten Auflösung,
10/100 BaseT und 64 MByte Flash sowie 128 MByte DDR RAM. Als Betriebssystem kommt beim V30 Windows
CE 5.0, beim V50 Wyse Linux v6 mit 2.6-Kernel zum Einsatz. Wahlweise ist Kernel 2.4 lieferbar. Für
den Test des XPe-Managements stand als viertes Gerät ein Winterm 941GXL mit Windows XPe zur
Verfügung. Da es in der neuen Preisliste nicht mehr enthalten ist, gehen wir nicht näher auf die
Ausstattung ein. Sein Nachfolger ist der V90.
Den Wyse Device Manager bietet der Hersteller in einer Workgroup- und einer Enterprise-Version
an. Die Workgroup-Edition ist für kleinere Unternehmen mit bis zu 750 Clients vorgesehen. Zur
Speicherung der TC-Asset-Informationen dient Microsofts MSDE-Datenbank. Für bis zu über 100.000
Endgeräte einschließlich Desktops, Pocket-PCs und Palm-OS-Handhelds – eine Liste unterstützter
Fremdprodukte bietet die Wyse-Website – ist die Enter- prise-Edition gedacht. Sie setzt neben der
Microsoft MSDE wahlweise auch auf dem SQL-Server auf.
Die wichtigsten Unterschiede: Die einzelnen Komponenten der Software, darunter auch die Remote
Software Repositories, lassen sich bei der Enterprise-Variante auf beliebig vielen Servern
installieren. Anstelle von drei Gruppen und Ansichtsmodi lassen sich bis zu 90 Gruppen und 30
Ebenen erstellen. Nur in der Enterprise-Edition vorhanden sind automatisches SNMP Discovery, die
Integration verschiedener Sicherheitsmerkmale wie digitaler Zertifikate für die
Client-/Server-Kommunikation, die Verschlüsselung und Kompression von Skripten sowie die
automatische Zuordnung von Standardkonfigurationen für Geräte.
Die Managementsoftware umfasst fünf Komponenten: eine SQL-Datenbank mit allen Informationen
einschließlich der Benutzerdaten, Logging, Remote-Software-Repository und Images oder Paketen; das
Software-Repository mit den WDM-Paketen; die Webservices für die Push- und Pull-Kommunikation
zwischen Gerät und Webagent; die Standardservices SNMP und PXE (Pre-Boot Execution Environment)
sowie das Benutzer-Interface.
Als Systemvoraussetzung nennt Wyse eine 2-GHz-Maschine mit 512 MByte Speicher und mindestens 720
MByte Plattenplatz. Windows 2000 (Professional, Server, Advanced Server) mit SP3 oder höher und
Windows XP Professional sind als Betriebssystem notwendig. Außerdem empfiehlt Wyse, die
Installation nicht auf produktiven Servern wie zum Beispiel einem Domain-Controller, Mail-, Web-
oder DHCP-Server durchzuführen. Im Test entschieden wir uns für die Installation auf einem Windows
2003 Standard R2 Server. Neben diesem und den Geräten von Wyse bestand die Testumgebung aus einem
Microsoft Windows 2003 SBS (Small Business Server) Premium, einem Windows 2003 Terminalserver und
einer VPN-Verbindung zu zwei Filialen.
Nach der Grundinstallation mit FTP und IIS starten wir das Setup. Zunächst überprüft das
Programm die Systemvoraussetzungen. Es beschwerte sich über das Fehlen von SNMP und beendete den
Installationsvorgang. Erst nachdem alle Komponenten installiert waren, lief die Setup-Routine
weiter und bot uns eine typische und eine Benutzerinstallation an. Im ersten Fall ins-talliert ein
Assistent alle benötigten Module auf einem System, richtet IIS, FTP, SNMP, Berechtigungen sowie das
Interface ein und legt einen lokalen Benutzer an. Als Datenbank dient die MSDE 2000.
Die Benutzerinstallation erlaubt es, die einzelnen Module auf verschiedenen Servern zu
installieren und einen Microsoft SQL-Server einzusetzen, allerdings eben nur mit einem
Enterprise-Lizenzschlüssel. Ein Lizenzassistent unterstützt online die Aktivierung des Schlüssels.
Diese erfordert Kontaktname, Anschrift und E-Mail-Adresse. Für den Praxistest wählten wir die
typische Installation aus. Sie erforderte zirka 15 Minuten.
Über das User Interface, ein Snap-in zur Microsoft Management Console (MMC), nimmt der
Administator die Grundkonfiguration vor: grundsätzliche Eigenschaften des Device-Managers, Logging,
Scheduling, SNMP- und Serviceeinstellungen, Subnetze und Thin-OS- (im WDM-Menü nach wie vor "Blazer"
-) Eigenschaften. Dank der englischsprachigen Handbücher und der Einweisung kamen wir ohne
Prob-leme zügig voran, legten Benutzer an und vergaben Berechtigungen. Schade, dass keine
Berechtigungsverteilung auf OU- (Organisational Unit) oder Aufgabenbasis möglich ist.
Um ein Unternehmen abzubilden, bauten wir über Gruppen und Hierachien eine Struktur auf.
Insbesondere hier fehlt leider der Zugriff auf ein Active Directory, in dem in der Regel schon eine
Struktur (OUs etc.) aufgebaut ist. Zuletzt fügen wir die TCs ein. Dazu scannten wir die Subnetze.
Alle Geräte, auch die extern über VPN angebundenen, erfasste das Tool anstandslos. Mit dem
erstmaligen Erfassen erhält der Client ein propritäres Zertifikat, das eine Bindung an den
Managementserver ermöglicht. Jetzt mussten wir die Geräte nur noch in die gewünschten Gruppen
einfügen.
Erfasste Geräte lassen sich über das User Interface ein- und ausschalten sowie neu booten. Die
Image- und Paketverteilung über FTP sowie bei XPe über PXE funktioniert tadellos. Ist ein Image
defekt, kann der Admin das Gerät über PXE wieder herstellen. Das Windows-CE-Gerät konfigurierten
wir lokal und stellten das fertige Image als Master bereit. Die individuellen Maschinendaten wurden
dabei extrahiert. Die übrigen Geräte verschoben wir in andere OU. Die dort gültigen
Konfigurationseigenschaften übernahmen die Geräte bei der nächsten Anmeldung. Neue Geräte lassen
sich per Default-Gerätekonfiguration mit der korrekten Ausstattung versehen. Auch diese Funktion
konnten wir problemlos testen. Da alle Informationen in einer SQL-Datenbank vorliegen, ist ein
umfassendes Reporting möglich. Dazu starteten wir den Report-Assistenten und wählten unsere
Selektionsmerkmale aus. Die Berichte speicherten wir anschließend als Textdatei. Eine Übersicht
über die Service-Logs ist ebenso inbegriffen. Sie zeigt die Aktivitäten für Webservices, TFTP, DHCP
und Netxcom.
Über VNC steuert der Admin TCs remote, eine Protokollierung der Fernsteuerung ist aber nicht
vorgesehen. Auch Angaben über Client-Status, ausführliche Software- und Betriebssysteminformationen
aus der Gerätediagnose und zur Hardwareauslastung von Speicher und Flash erhielten wir nicht. Eine
Änderung oder Einstellung der Bildschirmauflösung oder Tastaturlayout ist über das GUI nicht
möglich – hier mussten wir in die Tiefen des Scriptings gehen. Dabei stellen wir fest, das alle
Einstellungen, die über das User Interface erfolgen, auf hinterlegten Scripts basieren, die
lediglich um Parameter ergänzt werden. Diese Scripts schickt der WDM zur Ausführung an die Clients.
In der Enterprise Edition erfolgt dies komprimiert und verschlüsselt. Ein Administrator kann also –
erhebliche Einarbeitung vorausgesetzt – via Scripting die TC-Verwaltung optimieren und effizienter
gestalten. Von der Wyse-Website luden wir die neuesten Images und Pakete und brachten sie in das
Software-Repository ein. Wyse bietet hier auch eine kostenpflichtige individuelle Paketerstellung
nach Kundenauftrag an. Ein VoIP-Paket ist noch nicht erhältlich – hier muss der Kunde warten, bis
demnächst neue Geräte mit DSP-Unterstützung (Digital Signal Processor) auf den Markt kommen.
Die Lizenzkosten für den WDM betragen 29 Euro pro Arbeitsplatz für die Workgroup- und 49 Euro
für die Enterprise-Edition. Für die Endgeräte einschließlich Lizenz für die Workgroup-Edition gibt
Wyse folgende Preise an: Wyse S10 334 Euro, Wyse V30 450 Euro, Wyse V50 486 Euro. Der Support ist
über die Website und die Hotline in Deutschland erreichbar.
Mit dem Wyse Device Manager Enterprise Edition 4.4.1 erhält der Administrator eine ausgereifte
TC-Managementlösung. Der flexible Kundendienst und die durchdachten Geräte sprechen für Wyse. Die
Software bietet zahlreiche nützliche Funktionen, doch nicht alle Aspekte einer TC-Verwaltung lassen
sich über die MMC-Oberfläche abwickeln: Erst mittels Scripting kann ein Administrator den vollen
Funktionsumfang nutzen. Auch die fehlende Active-Directory-Unterstützung und die Beschränkung auf
die Microsoft SQL-/MSDE-Datenbank trüben den ansonsten guten Eindruck. Ein Blick in die
Dokumentation der kommenden Version 5 zeigt allerdings, dass AD- und Oracle-Support in Vorbereitung
sind. Die Workgroup Edition des Wyse Device Managers eignet sich aufgrund des beschränkten
Leistungsumfangs nur für kleinere Installationen, bei denen es zudem auch nicht auf eine sichere
Kommunikation mit den Endgeräten ankommt.
Info: Wyse Tel.: 089/460099-0 Web: www.wyse.de