Die Hausmesse Vmworld bot dem Vmware-Chef Paul Maritz eine eindrucksvolle Plattform, um die weiteren Schritte des Virtualisierungsspezialisten vorzustellen. Doch am Rande dieser Veranstaltung zog Microsoft alle Marketing-Register, um auf sich und seine Angebote aufmerksam zu machen.
In einem Punkt sind sich beide Unternehmen einig: Vmware ist nach wie vor der unangefochtene
Marktführer im Bereich Server-Virtualisierung. Laut Gartner wird deren Marktanteil zum Jahresende
bei rund 86 Prozent liegen, wogegen Microsoft sich vorerst mit einem bescheidenen Anteil von nur
drei Prozent zufrieden geben muss.
Doch das soll sich bald ändern. Hauptargument für Microsoft sind die Kosten, die laut Microsofts
Senior Vice President Bob Muglia nur "ein Drittel von denen von Vmware" ausmachen. Den ersten
Schritt gibt es sogar umsonst, denn Microsofts Hypervisor Hyper-V ist fester Bestandteil bei jedem
Neukauf von Server 2003 oder 2008, erst bei den Tools fallen Kosten an. Wogegen Vmware nur seine
abgespeckte Version ESXi kostenlos abgibt, die aber ohne kostenpflichtige Tools in
Produktivumgebungen kaum sinnvoll nutzbar ist.
–
http://llschnuerer.cmpdm.de//kn31662270" target="true">Microsoft nutzt Vmworld für aggressives
Marketing
–
http://llschnuerer.cmpdm.de//kn31564963" target="true">Microsoft Hyper-V Release Candidate 1 im
Test
–
http://llschnuerer.cmpdm.de//kn31576904" target="true">IDC: Virtualisierung ist in Europa
Mainstream
–
http://llschnuerer.cmpdm.de//sites/microsites/virtualisierung/index.html">CZ Zone
Virtualisierung
"Die Nettokosten bei Microsoft sind praktisch Null, wogen alle anderen Alternativen dazu sehr
teuer aussehen", meint Michael Tran, CIO beim Outsourcing-Provider Digital Sense, der in den
letzten Wochen umfangreiche Tests mit beiden Angeboten durchgeführt hat. Diese Tests haben unter
anderem gezeigt, dass der Microsoft-Hypervisor besser und einfacher eingeführt werden kann als die
komplexe Vmware-Infrastruktur.
Maritz sieht das Preisargument dagegen nicht so gravierend: "Der Preisunterschied ist zwar
wichtig, aber nur bis zu einem gewissen Grad, denn letztlich stehen verschiedenen Kosten auch
erhebliche Einsparungen gegenüber", sagte er auf der Vmworld.
IBRS-Analyst Kevin McIsaac bestätigt das: "Vmware kann derzeit mehr bieten als alle anderen.
Ihre Software optimiert den Speicher und holt mehr aus jedem Prozessor heraus. Damit sind in vielen
Fällen die Gesamtnutzungskosten (TCO) von Vmware günstiger als die von Microsoft."
McIsaac ist deshalb in seiner Schlussfolgerung glasklar: "Nach Features gemessen ist Vmwares
gegenwärtiges Angebot weitaus besser als das von Microsoft. Der Hyper-V ist nicht so robust, nicht
so skalierbar, und er bietet keine Live-Migration. Allein aus diesen drei Gründen wird Vmware
weiterhin für die Großunternehmen attraktiver sein, wogegen Microsoft seinen Markt überwiegend bei
den kleinen und mittleren Unternehmen finden wird."
Dem stimmt auch Tran zu: "Für Unternehmen ohne Highend-Storage und ohne Bladeserver-Farmen ist
Microsoft vermutlich die erste Wahl – bei allen anderen wird die Entscheidung zu Gunsten von
Vmwares ESX Server ausfallen."
Ovum-Analyst Timothy Stammers sieht darin sogar die übliche Einstiegsstrategie von Microsoft: "
Sie fangen immer unten an. Schnüren Pakete, bieten vieles kostenlos, und häufig sind ihre
Programmen schneller und einfacher zu handhaben. Mit der Zeit werden ihre Lösungen immer
umfangreicher und komplexer und eignen sich besser für das gesamte IT-Management", lautet seine
Einschätzung. Dabei verweist er nicht nur auf den Browserkampf, sondern auch auf den Kampf von
Server NT gegen Novells Netware-System.
Auf einem anderen Gebiet führt Vmware derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Microsoft: Der
Desktop-Virtualisierung. Hier hat Vmware durch die Akquisition von Thinstall mit Microsofts
Terminal-Server gleichgezogen. Doch beide liegen weit abgeschlagen hinter Citrix. Das Unternehmen
behauptet, derzeit weltweit 100 Millionen Clients zu versorgen.
Für die Zukunft werden sich die Bereiche von Vmware und Microsoft erheblich verschieben. Beide
Unternehmen haben bereits ehrgeizige Entwicklungspläne vorgestellt. Vmware sieht vor allem seine
Zukunft als Anbieter einer kompletten virtuellen IT-Infrastruktur, wozu vor allem auch Storage-,
Netz- und Desktop-Virtualisierung gehört. "Wir müssen raus aus dem engen Marktsegment der
Servervirtualisierung und stattdessen unser Angebot auf die Virtualisierung des gesamten
Rechenzentrums ausweiten", sagte Maritz gegenüber der Computer Zeitung.
Damit meint er vor allem die neue Vmware-Strategie des "Virtual Datacenter Operating Systems"
VDC-OS, das kein Produkt, sondern eine "evolutionärer Prozess" ist. Hierzu zeichnet sich bereits
ab, dass Vmware starke Partner haben wird. So hat Vmwares Muttergesellschaft EMC eine Management-
und Analysesoftware angekündigt, Cisco will die Server- und Storage-Virtualisierung mit neuen
Netzwerkkomponenten ergänzen und Symantecs Backup-Exec unterstützt jetzt auch Vmwares
Virtualisierung.
Microsofts Virtualisierungs-Chef Mike Neil behauptet zwar, dass Microsoft eine ähnlich
umfangreiche Virtualisierungs-Management-Lösung bereits im Rahmen von Systems Center habe, doch
noch ist diese nicht allgemein verfügbar und wie umfangreich und leistungsstark sie sein wird, muss
erst noch getestet werden.
Darüber hinaus wollen die Redmonder vor allem die Funktionalität ihrer Virtualisierungslösung
erweitern. An oberster Stelle steht die Life-Migration, also das Verschieben einer Anwendung von
einem physischen Server auf einen anderen im laufenden Betrieb. Dieses Feature soll mit dem
nächsten Update von Server 2008 im Frühjahr 2009 auf den Markt kommen.
In einem besonders kritischen Punkt stellen sowohl Microsoft als auch Vmware vorläufig keine
Lösung in Aussicht: Der Virtualisierung außerhalb der x86-Welt. Weder für die Integration von
Unix-Maschinen noch für die Mainframes gibt es Pläne. Und damit bleibt der Traum eines vollständig
virtualisierten, dunklen, automatischen, selbstoptimierenden Rechenzentrums vorerst noch ein
Traum.
Harald Weiss/CZ/dp