Face-to-Face-Kontakte und Networking sind nicht zu ersetzen

Studie: Telearbeit verschlechtert die Karrierechancen

18. Januar 2007, 23:50 Uhr |

Laut einer Untersuchung der internationalen Personalagentur Korn/Ferry haben Telearbeiter erheblich schlechtere Karriechancen als ihre Offlinekollegen.

Rund 60 Prozent der von Korn/Ferry befragten Firmenchefs geben an, dass die Wahrscheinlichkeit für die Beförderung eines Telearbeiters weitaus geringer sei, als die eines Mitarbeiters mit dem häufig Face-to-Face Kontakte bestehen. Dieses für den Einsatz moderner TK-Technologien niederschmetternde Ergebnis wird noch drastischer, wenn man sich die Antworten auf die Frage nach der Produktivität anschaut: 78 Prozent der Firmenchefs sind davon überzeugt, dass Telearbeiter wesentlich engagierter und produktiver sind als ihre Kollegen in den Firmenbüros.

Die einzige Flexibilisierung, die nicht karriereschädlich ist, seien Gleitzeitmodelle. Knapp die Hälfte der Befragten sähen bei diesem Arbeitszeitmodell keine Karrierenachteile für den Einzelnen.

Das in den USA veröffentlichte Ergebnis hat bereits viele Arbeitnehmervertreter auf die Barrikaden gebracht: "Es scheint, dass viele Chefetagen noch nicht verstanden haben, welche Ressourcenentlastung die Telearbeit mit sich bringt", hieß es in einer Stellungnahme der amerikanischen Telework Coalition, einer Art Berufsverband der Telearbeiter, der sich als Sprachrohr der geschätzten 45 Millionen US-Telearbeiter versteht.

Dabei genießt Telearbeit in den USA ein hohes Ansehen. Selbst Präsident Bush hat sich mehrmals für eine Förderung der Telearbeit ausgesprochen. Auch seine Anstrengungen zum Ausbau der Highspeed-Internet-Infrastruktur hat er immer wieder mit der Notwendigkeit von Telearbeit begründet.

Doch viele Unternehmen, die schon frühzeitig Telearbeit einführten, scheinen das Problem bereits erkannt zu haben und steuern dagegen. Einer dieser Early Adaptors war IBM, bei der heute 40 Prozent der 330.000 Mitarbeiter Telearbeiter sind. Doch neben der Telearbeit pflegt IBM auch den persönlichen Kontakt über seine IBM-Clubs. Diese Clubs dienen dem Face-to-Face-Kontakt und Networking. Sie werden auf freiwilliger Basis von den Mitarbeitern selbst organisiert und haben derzeit rund 90.000 Mitglieder.

Andere große Telearbeitgeber zeigten sich jedoch über das Ergebnis sehr überrascht. "Diese Studie ist höchst interessant", sagte Jennifer Allyn, Personalchefin der Consulting-Agentur Pricewaterhouse Coopers. Ihrer Ansicht nach hängt eine Beförderung jedoch nicht davon ab, ob jemand im Büro ist oder nicht, sondern vor allem davon, ob die Person in der Lage ist, ein internes Netzwerk zu spinnen. "Wer von morgens bis abends nur an seinem Schreibtisch sitzt, wird auf Dauer nicht weiter kommen – egal, ob der Schreibtisch zu Hause oder in der Hauptverwaltung steht", lautet ihre Interpretation der Untersuchung.

Harald Weiss/wg


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+