Im Test: Raritan PX3TS

Test: Doppelte Stromversorgung

7. April 2015, 7:00 Uhr | Thomas Bär und Frank-Michael Schlede/jos

Administratoren unternehmen auf der Netzwerkseite eine ganze Menge, um Ausfälle zu verhindern und die Verbindungen im Auge zu behalten. Die Stromversorgung muss indes mit einer beinahe stiefmütterlichen Behandlung auskommen. Dabei gibt es sehr interessante technische Lösungen - wie die PX3TS von Raritan.

Grundsätzlich ist die Sache vollkommen klar: Der Server-Raum oder gar das komplette Rechenzentrum ist an eine redundante Stromversorgung angeschlossen - im Optimalfall noch über eine ausreichend dimensionierte USV und dahinter ein ebenfalls ausreichend dimensioniertes Notstromaggregat. Viele Server-Systeme und aktive Netzwerkkomponenten verfügen über eine doppelt ausgelegte Stromversorgung und erlauben somit den Anschluss an zwei verschiedene Stromzufuhrsysteme und bieten gleichzeitig die Sicherheit gegenüber dem Ausfall eines Netzteils. Alles nichts Neues und durchaus bekannt. Wer zwei getrennte Stromversorgungen hat und sicherstellen will, dass alle Geräte auch dann weiterlaufen, wenn einer der Anbieter ausfällt, benötigt noch etwas anderes: eine Power Distribution Unit (PDU), also eine "Stromverteilereinheit". Genau solch eine PDU ist die getestete Raritan PX3TS - und zwar eine Verteilereinheit der besseren Art, wie der Test belegt.
Die PX3TS-1875R von Raritan ist ein so genannter "Transfer Switch" zum Anschluss von maximal neun Stromverbrauchern an zwei externe Stromzufuhrquellen. Das Gerät ist als 19-Zoll-Einschub mit einer Höheneinheit in stabilem Metall gefertigt. Auf der Rückseite gibt es acht klassische C13-Kaltgeräteanschlüsse für Stromverbraucher sowie einen zusätzlichen C19-Anschluss. In der Summe darf die komplette Stromstärke 16 A nicht überschreiten. Hinter zwei Verschlusskappen befinden sich die Stecksicherungen der Stromversorgung.
Die Stromversorgung geschieht über C19-Stromanschlüsse. In der Grundkonfiguration ist stets der Anschluss mit der Beschriftung "INLET 1" der primäre Stromversorger - über einen Schalter auf der Vorderseite kann der Administrator dies bei Bedarf manuell umstellen oder die Umstellung per Konsolen- oder Web-Konsolen-Kommando ausgeben. Ebenfalls bereits in der Grundkonfiguration voreingestellt: Verliert die PX3TS die Stromversorgung auf einem der beiden Anschlüsse, dann wechselt das System automatisch auf den jeweils anderen INLET. Die Umschaltzeit liegt nach Herstellerangaben bei vier bis acht Millisekunden. Der Eigenstromverbrauch der PDU liegt bei rund 20 Watt.
Auf der Frontseite findet sich neben einem großen Multifunktions-Display mit vier Tasten zum Umschalten des angezeigten Werts ein serieller RS232C-Konsolen-Anschluss, zwei USB-Ports - einmal gemäß Steckertyp A, einmal Typ B - ein RJ45-Ethernet-Anschluss und ein so genannter Feature-Port. Auf der rechten Geräteseite stellen sechs Leuchtdioden schematisch die Stromanbindung dar. Fehlt eine Stromversorgung komplett, dann leuchtet die LED rot. Gibt es Probleme bei der Spannung oder der Frequenz, so leuchtet die LED gelb - bei fehlerfreier Stromzufuhr leuchtet die LED grün. Über einen Taster kann der Administrator die Leuchtdioden direkt am Gerät testen.
 
Einfache Inbetriebnahme
Die Inbetriebnahme der PX3TS-1875R ist wahrlich kein Hexenwerk: Stromversorgung anklemmen und auf der Vorderseite macht das Display sofort auf sich aufmerksam und signalisiert die Stromzufuhr. Ein Relais schaltet deutlich hörbar im Geräteinneren - ansonsten hört und sieht der Administrator zunächst nichts weiter, die PDU selbst arbeitet komplett ohne Lüfter. Die Kaltgerätekabel müssen mit den Servern und Netzwerkgeräten verbunden und eingeschaltet werden. Den manuellen Wechsel zwischen den Stromversorgungen übernimmt ein kleiner Taster auf der Fronseite. Nach dem Umschalten ist wieder das Relais zu hören - die Server und Netzwerkgeräte arbeiten unbeirrt weiter. Den aktuell gemessenen Stromverbrauch der angeschlossenen Geräte und die Werte der Stromzufuhr kann der Administrator über das Display in Erfahrung bringen, ohne dazu einen PC bequemen zu müssen.
Wer sich eine PX3TS-1875R anschafft, will jedoch sicher nicht nur zwischen zwei Stromquellen wählen können - dies wäre für ein solches System auch zu wenig an Anforerungen. Dank Ethernet-Anbindung und integriertem Web-Server bietet die Raritan-Maschine über IPv4 und IPv6 einen äußerst bequemen Fernzugriff. Zudem unterstützt das Gerät die Integration in SNMP-Netzwerk-Management-Umgebungen und liefert die benötigten MIB-Dateien direkt aus dem Web-Server, ohne dass der Administrator auf irgendwelchen Datenträgern danach forschen müsste. Eine spezielle App für Apple Ipads erlaubt einen direkten USB-Zugriff, und über das mitgelieferte serielle Modemkabel hat ein Techniker stets einen Konsolenzugang. Uns interessierten jedoch in erster Linie die Möglichkeiten, die die PX3TS-1875R über den Netzwerkzugriff erlaubt.
 
Viele Zugriffe von außen
In der Standardauslieferung zieht sich die PDU automatisch eine IP-Lease von einem DHCP-Server über das Netzwerk. Um welche IP-Adresse es sich dabei handelt, kann der Administrator über das Front-Display in Erfahrung bringen: Einfach so oft auf den Taster "Mode" drücken bis "i4" für IPv4 oder "i6" für IPv6 aufleuchtet. In unserem Test erfuhren wir so innerhalb von wenigen Augenblicken, dass die PX3TS unter 192.168.1.131 zu erreichen sei. Die IP-Adresse im Browser eingetippt, und schon erreichten wir das Login-Fenster des eingebauten Web-Servers. Benutzername und Kennwort fanden wir in der ausgedruckten Kurzanleitung. Das Wissen, dass es sich bei dem Standardpasswort um "raritan" handelt, war nur von kurzer Dauer, da das System den Passwortwechsel erzwingt und ein bereits verwendetes Kennwort ablehnt. Mit einem neuen Kennwort für den Benutzer "admin" ging es weiter.
 
Funktionsreiche Web-Oberfläche
Das Web-Interface der PX3TS von Raritan ist mit einer Baumstruktur auf der rechten Seite, einer Menüleiste und einem großen, in Tabs gegliederten, Hauptfenster mit Dashboard-Übersicht klassisch aufgebaut. Das Dashboard zeigt den aktuellen Status der beiden Stromversorgungen, listet den aktuell anliegenden Verbrauch in Watt auf und zeigt die geforderte Stromstärke in Ampere an. Aktuelle Meldungen von Sensoren und Alarmmeldungen protokolliert das Dashboard im unteren Fensterbereich. Die Web-Oberfläche arbeitet mit allen bekannten Browsern zusammen. Ab und zu hatten wir im Test das Phänomen, dass unter Google Chrome die Symbole fehlten - was die Funktionalität jedoch nicht einschränkte.
In der Baumstruktur kann sich der Administrator die Zugänge für Inlet und Outlet nach Belieben beschriften, was die Wiedererkennung deutlich vereinfacht. Leider zeigt die PX3TS nur den Anschlusstyp und die so genannte "Line", die aktuelle Versorgung, an - nicht etwa den Stromverbrauch des angeschlossenen Geräts. Wie bereits erwähnt schaltet die PDU selbstständig zwischen den beiden Stromversorgungen um, sobald die derzeit aktive Versorgung ausfällt. Will der Administrator schon bei Frequenzschwankungen oder bei Spannungsspitzen ein Umschalten durchführen, kann er dies per Klick über ein umfangreiches Regelwerk in den "Even Rule Settings" zusammenstellen. Was die Entwickler der PX3TS mit auf den Weg gegeben haben, überzeugt: Ereignisse, beispielsweise Abweichung in der Frequenz, kann der Benutzer mit verschiedenen Aktionen belegen. Der Funktionsumfang reicht vom Syslog-Eintrag über Alarmtöne, E-Mail-Versand, SNMP-Notifikation bis hin zum Versand von Fotos einer Webcam. Webcams, in unserem Test eine recht aktuelle Logitech HD-Kamera, kann der IT-Profi direkt an die PDU anschließen und so bei Bedarf auch einen Blick in das Rechenzentrum werfen. Bricht eine Stromversorgung weg, dann verschickt die PX3TS abhängig von der Konfiguration eine frei definierbare Bilderserie auch direkt per E-Mail.
 
Benutzerverwaltung und Features
Die Benutzerverwaltung erlaubt die Definition von Rollen und die Zuordnung von Usern zu Rollen. Dank der gut verständlichen Dialogfenster gelangen all diese Schritte im Test ohne Probleme. Für größere Umgebungen bietet sich die Integration in einen LDAP-Verzeichnisdienst an. Auch eine RADIUS-basierende Authentifizierung ist konfigurierbar. In der Grundeinstellung arbeitet die PDU jedoch mit ihrer internen Benutzerverwaltung.
Mit einem Mausklick kann der Administrator die Konfiguration und die gesammelten Protokolldaten in einem Backup sichern und ebenfalls per Mausklick über das Web-Interface wieder hochladen. Das Menü "Bulk Configuration" erlaubt das Einspielen oder die Ausgabe einer "Grundeinstellungsdatei" - praktisch, wenn der Administrator mehrere PX3s einrichten muss. Firmware-Updates lädt der Administrator im "Maintenance"-Menü hoch, leider ohne dass sich das Gerät direkt mit einem Update-Server verbindet.
Ansonsten bietet das Web-Interface so ziemlich alle Features, die sich ein Administrator von einem aktiven Netzwerkgerät wünschen kann: Eine Übersicht der aktuell angemeldeten Benutzer, Network-Diagnostik-Features mit Ping, Trace-Route und einer Auflistung der aktuellen TCP-Verbindungen. Das Fenster "Server Reachability" erlaubt die Eingabe von Host-Namen oder IP-Adressen, und beim Aufruf prüft die PDU sofort, ob die Hosts erreichbar sind.
Grundsätzlich können Administratoren Systeme der PX3TS-Serie auch per WLAN ansteuern. In den Unterlagen weist Raritan einige USB-WLAN-Adapter aus, beispielsweise von Zyxel oder Edimax, die auf ihre Zusammenarbeit mit der PDU hinsichtlich der Kompatibilität geprüft sind. Je nach Konfiguration liefert der Hersteller Geräte der Serie auch mit eingebautem WLAN-Adapter aus, dem so genannten "HD-Wireless" für 802.11-Verbindungen vom Typ B und G. Die Konfiguration des WLANs gelingt am einfachsten über eine temporäre drahtgebundene Ethernet-Verbindung über das Web-Interface. Andernfalls muss der Administrator die Konfiguration entweder unter Linux per Konsole durchführen oder über eine dafür zum Download angebotene Windows-Software.
Damit ergibt sich folgendes Fazit: Wer unterschiedliche Stromversorgungen in seinem Server-Raum hat und seine Maschinen über die getrennten Stromwege versorgen will, der kann aus vielen Transfer-Switches wählen. Soll das Ganze jedoch komfortabel und überwachbar sein, so sind die Lösungen von Raritan ganz vorn in der Hitliste. Die PX3TS macht exakt das, was sie soll, und vermittelt nicht nur einen soliden Eindruck - das Gerät arbeitete im Test zuverlässig und robust. Im Test bemerkte ein kleiner Windows Server 2012R2 mit einem Buffalo-NAS-Gerät als iSCSI-Target nichts von der Umstellung einer Stromversorgung und lief unbeeindruckt weiter. Der Hybrid Transfer Switch in der getesteten Variante kostet rund 1.780 Euro.
Der Autor auf LANline.de: BÄR
Der Autor auf LANline.de: Frank-Michael Schlede
Info: Raritan DeutschlandTel.: 0375/271349-0Web: www.raritan.de

Das Modell PX3TS-1875R von Raritan ist ein so genannter Transfer Switch zum Anschluss von maximal neun Stromverbrauchern an zwei externe Stromzufuhrquellen.

Dank SNMP-Unterstützung ist die Einbindung der PDU in eine Netzwerk-Management-Software problemlos möglich. Praktisch: Der Download der MIB-Dateien läuft direkt über das Web-Interface.

Die eingebaute Kennwort-Schutzrichtlinie erzwingt ein geändertes Passwort.

Feinjustierung der Sensoren für Frequenz, Stromstärke und Spannung.

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