Nach Erkenntnissen der Marktforscher von IDC hat sich der europäische Thin-Client-Markt von seinem Schwächeln Mitte 2006 rechtzeitig erholt, um das Geschäftsjahr mit einem gesunden 15-Prozent-Wachstum gegenüber 2005 abzuschließen. Knapp 1,2 Millionen Geräte wurden laut IDC in EMEA verkauft, die europäischen Hauptabsatzmärkte waren UK und Deutschland.
Im Kalenderjahr 2006 verteidigte der langjährige Marktführer Wyse weiterhin mit 27 Prozent
Marktanteil die europaweite Pole Position vor Hewlett-Packard (HP) mit 25 Prozent. Neoware konnte
seinen dritten Rang halten, obwohl der US-Anbieter gegenüber 2005 Anteilseinbußen hinnehmen musste.
Laut IDC haben auch die übrigen Anbieter – dazu zählen der Bremer Anbieter Igel, Fujitsu-Siemens,
VXL und diverse kleinere Hersteller – ordentlich zugelegt. Die Bremer, die jüngst ihre Produktlinie
auf aktuelle VIA-Prozessoren umgestellt haben, betonten, in allen vier Quartalen 2006 die
Spitzenposition im deutschen TC-Markt erreicht zu haben. Der eigene Marktanteil liege hier zu Lande
bei 26 Prozent. In Westeuropa ist Igel der viertgrößte TC-Player vor Fujitsu-Siemens. Zudem hat
Igel 2006 laut eigenen Angaben 37 Prozent mehr Geräte verkauft als im Vorjahr.
Die führenden TC-Anbieter setzen in letzter Zeit vermehrt auf Dual- oder gar Quad-Video-Geräte,
so zum Beispiel Wyse mit dem V-Class Dual Video oder Igel mit dem Panaveo. Auch Neoware bietet dank
Matrox-Karte Vierfachvideo an. In puncto Systemmanagement hat es laut Chris Ingle, Consulting and
Research Director der EMEA Systems Group bei IDC, deutliche Fortschritte im TC-Markt gegeben. Zum
Beispiel hat Neoware auf der CeBIT den lange erwarteten Device Manager vorgestellt, der das
bisherige Tool EZ Remote Manager ablöst. Er soll ab Sommer auch in einer umfassenderen
Enterprise-Version vorliegen. Außerdem zeigte der US-Anbieter auf der CeBIT das aktuelle Neolinux
4.0. Dieses TC-Betriebssystem ist eine grundlegende Neuentwicklung, die erforderlich war, weil der
Anbieter aufgrund reger Zukaufspolitik gleich mehrere Linux-Varianten im Einsatz hatte. Neolinux
4.0 basiert laut Hersteller auf dem Linux Kernel 2.6. Neoware betont das verbesserte
Sicherheitskonzept mit neuer Dateistruktur und die vereinfachte Integration von PC-Smartcards etwa
für die Authentifizierung.
Um den TC-Markt stärker in Richtung Kleinunternehmen zu erweitern, bietet der
Value-Added-Distributor Vanquish aus Oldenburg Thinsofts Winconnect-Lösung nun als Bundle mit
Blackbox-Security-Tools von Team2work sowie mit Igel Thin Clients an. Mit Winconnect Server
XP/Vista lässt sich ein aktueller Windows-Standard-PC zum SBC-Server (Server-based Computing) für
mehrere Endanwender aufbohren – laut Hersteller für bis zu 21 Arbeitsplätze, laut Marktkennern sind
immerhin, je nach Hardware, zehn bis 15 in der Praxis realistisch. Die Blackbox-Lösung wiederum
sorgt via USB-Token und Verschlüsselung für den sicheren Zugriff der Anwender auf zentrale
Ressourcen von einem beliebigen Arbeitsplatz aus.
Das TC-Marktwachstum fand vor dem Hintergrund eines starken Auffächerns serverbasierter
Zugriffsarchitekturen statt, über die auch LANline schon mehrfach berichtet hat: Neben dem
klassischen SBC sind heute vor allem Server- und Anwendungsvirtualisierung, Application Streaming
und Virtual Desktops die hoch gehandelten Schlagworte. SBC-Schwergewicht Citrix spricht hier von
der Dynamic Desktop Infrastructure (DDI), Vmware wie auch TC-Hersteller Wyse von einer Virtual
Desktop Infrastructure (VDI), HP von einer Consolidated Client Infrastructure (CCI). Eine solch
umfangreiche Auswahl möglicher Architekturen, die sich im Detail durchaus unterscheiden, gilt es
erst einmal zu verarbeiten: "IT-Leiter sehen sich mit einer stetig anwachsenden Liste von Ansätzen
für ihre Client-Computing-Umgebungen konfrontiert," so IDC-Analyst Ingle. "Sie müssen mit ihren
Lieferanten und Beratern zusammenarbeiten, um diese Angebote sinnvoll einzuordnen."