Der britische Anbieter Touchpaper befasst sich seit den 1980er-Jahren mit dem IT-Service-Management (ITSM) in mittleren und großen Unternehmen. Angesichts der immer stärkeren Einbindung der IT in die Kernprozesse eines Unternehmens hat der Anbieter seine Suite im Jahr 2006 in "ITBM" (IT-Business-Management) umbenannt.
Touchpapers ITBM ist, trotz des aus der Reihe fallenden Namens, zunächst eine ITSM-Lösung mit
den Modulen Incident-, Problem-, Change- und Asset-Management, Workflow, User- und
Customer-Self-Service, Knowledge Base und Management-Reporting. Im Gegensatz zu kleineren Lösungen
wird ITBM nicht durch die eigene IT-Mannschaft eingerichtet, sondern im Rahmen eines Projekts, das
Berater von Touchpaper begleiten. Für die Schulung im Umgang mit der Software, insbesondere der
Erstellung eigener Prozesse, empfiehlt der Hersteller die Schulung im eigenen Trainingszentrum in
Dreieich.
Praktisch mit Erscheinen dieses Artikels sollte Version 7.2 auf den Markt kommen, die gegenüber
der Vorgängerversion in einigen Funktionen stark erweitert wurde. Wichtigste Neuerung ist der
offizielle Support von Windows Vista. Die Integration von Telefonsystemen ist ebenfalls erst mit
7.2 möglich. Mithilfe der aus dem Dotnet- Framework bekannten Funktion Onetouch ist ITBM in der
Lage, die auf den PCs der Anwender und Service-Desk-Mitarbeiter befindliche ITBM-Software mit einem
Mausklick auf den neuesten Stand zu bringen. Die Einbindung von Postleitzahlen und Microsoft Word
in ITBM wirken dagegen eher wie Standardfunktionen, die erst jetzt ihren Einzug fanden.
Datenbankseitig läuft ITBM auf Microsoft SQL Server oder Oracle. Die Datenbank dient hier
wirklich nur zur Speicherung der Daten selbst – Funktionen, die über Trigger oder Stored Procedures
in der Datenbank abgelegt sind, verwendet Touchpaper nicht. Die Software selbst basiert auf dem
Microsoft Dotnet-Framework 2.0 und benötigt somit Microsoft Windows 2000 oder höher für die
Serverinstallation. In einer Minimalkonfiguration sind drei Server erforderlich: ein Webserver, ein
Datenbankserver und ein Applikationsserver. Die Hardwareanforderungen der Server entsprechen den
momentan üblichen Maschinen. Wenngleich eine Vielzahl von Funktionen direkt via Browser nutzbar
ist, muss die Installation auf einem Windows-Client erfolgen, damit sich alle Aufgaben aus der
Touchpaper-Konsole heraus erledigen lassen. Mit der Vergabe einer Trouble-Ticket-Nummer und deren
Abarbeitung ist es in modernen IT-Abteilungen nicht mehr getan. Die im ITIL-Umfeld (IT
Infrastructure Library) stets zu findenden Schlagworte wie SLA (Service Level Agreement) und KPI
(Key Performance Indicator) zielen auf eine geschäftsorientierte Erfassung von Leistungsdaten bei
der Abarbeitung von IT-Problemstellungen. Die ITBM-Suite bedient dabei gleichzeitig die Wünsche des
IT-Controllings nach diesen Informationen und die Bedürfnisse der Support-Mitarbeiter, Anwender und
Administratoren.
Die Software wird in Englisch, Französisch und in deutscher Sprache angeboten. Während die
IT-Mitarbeiter in der Regel keine Probleme haben, eine Software auf Englisch zu nutzen, sinkt die
Akzeptanz in anderen Abteilungen häufig, sofern ein Programm nicht mit deutschen Bildschirmdialogen
aufwartet. Insgesamt macht die Arbeitsoberfläche von ITBM einen sehr aufgeräumten Eindruck. Das
Hauptarbeitsmittel der Support-Mitarbeiter findet sich, bekannt von Programmen wie Microsoft
Outlook, in Form einer Arbeitsleiste. Sie fasst die Funktionen der verschiedenen Module der
Software zusammen. Jeder mögliche Arbeitsschritt folgt in einem weiteren Fensterbereich mit der
Aufschrift "Action".
Dass hinter jedem Service-Desk-Vorgang ein Prozess steckt, ist bei Touchpapers Lösung jederzeit
erkennbar: In praktisch jedem Dialogfeld der Software bietet sich der Klick in die Menüleiste an,
die den aktuellen Status im Prozess grafisch anzeigt. Jede Informationsauflistung im Query-Fenster
lässt sich mit einem Mausklick an Programme wie Microsoft Excel exportieren. Im unteren
Fensterbereich entsteht eine Baumansicht, die alle bereits getätigten Schritte Platz sparend
zusammenfasst.
Der Anwender, der ein Problem an den Support meldet, kann dazu verschiedene Wege nutzen.
Traditionell greift der prob-lemgeplagte Anwender zum Telefon. Die erste Aufgabe des Mitarbeiters
im First-Level-Support besteht darin, den Anrufer zu identifizieren und das Problem zu
kategorisieren. Die Suchfunktion von ITBM vereinfacht die Suche dadurch, dass in Abhängigkeit zu
den eingegebenen Buchstaben die Suchliste automatisch verkleinert wird. Diese Funktion ist zwar
wenig spektakulär, beschleunigt den Suchvorgang jedoch nachhaltig.
Da jeder Support-Mitarbeiter eine eigene Herangehensweise favorisiert, ist eine individuelle
Anpassung der Suche und der Oberfläche pro Benutzer möglich. ITBM verfügt bereits in der
Standardausprägung über zwei unterschiedliche Masken bei der Erfassung von Fehlermeldungen – den "
Simple Incident" und den "Standard Incident". Die erstere, vereinfachte Variante reduziert die
Anzahl der auszufüllenden Felder auf ein Minimum.
Für die klassischen Support-Fälle wie "Vergessenes Passwort" oder "Toner ist alle" empfiehlt es
sich, gleich auf der Ebene des Hauptmenüs Schaltflächen anzulegen, bei denen die meisten Felder
bereits vorgefüllt sind. Besonders bezüglich täglich wiederkehrender Problemfälle herrscht bei
vielen IT-Mitarbeitern, die nicht mit einer Service-Desk-Software arbeiten, die Meinung vor, das
Mitprotokollieren des Fehlers dauere länger als dessen Behebung. Das Vorhalten vorgefertigter
Prozesse für banale, aber häufige Support-Fälle entkräftet diese Bedenken. Auch ohne den Erwerb des
speziellen Prozessmoduls von ITBM lassen sich mit dem Programm fünf Prozesse abbilden.
Nicht immer ist es der Anwender selbst, der dem Service-Desk einen Vorfall meldet. Vielen
Fehlern gehen Indikatoren einer drohenden Störung voraus: der Ausfall einer Festplatte in einem
RAID-Verbund, das vermehrte Auftreten von Verzögerungen im Netzwerkverkehr oder die automatisch
Übernahme eines Reserve-Routers – die Liste ließe sich beliebig verlängern. Viele Systeme,
insbesondere aktive Netzwerkkomponenten, senden SNMP-Nachrichten aus, sobald Missstände auftreten.
Um SNMP-Nachrichten verarbeiten zu können, erfordert ITBM den Einsatz des optionalen Moduls Network
Manager. Entsprechende Kenntnisse der Traps und ordentlich eingepflegte MIB-Dateien sind hier
erforderlich.
E-Mails eignen sich ebenfalls für eine automatische Ticket-Erzeugung. Unabhängig davon, ob ein
Anwender oder ein Automatismus die E-Mail generiert hat, ist auch die Ticket-Erzeugung aus diesen
Nachrichten nur über das zusätzliche Modul Mail Manager möglich.
Der Self-Service – also eine Webseite, über die die Endanwender Anfragen an den Support selbst
aufgeben können – und die Knowledge Base (Wissensdatenbank), auf der die Anwender Informationen
selbsttätig finden können, sind Bestandteile des Service-Desks. Faktisch handelt es sich bei der
Knowledge Base lediglich um eine Datenbank, in der Anwender über Schlüsselwörter nach Störungen und
dem Vorgehen zu deren Behebung suchen können. Jeder, der schon einmal Problemstellungen über das
Internet "gegoogelt" hat, weiß, dass eine hohe Trefferzahl allein keine wahre Hilfe darstellt. Je
mehr Lösungen Servicemitarbeiter in die Datenbank eingepflegt haben, desto höher ist die
Wahrscheinlichkeit, dass eine Beschreibung der aktuellen Störung entspricht. Mit einer
Relevanzangabe wird das Such- ergebnis aufgebessert. Grundsätzlich lässt ITBM die automatische
Indexierung von Wissen über Störungen (Incidents), Probleme (Problems) und Änderungen (Changes) zu,
ohne dass ein Mitarbeiter diese Einträge manuell überarbeiten müsste. Dies ist zwar eine
wünschenswerte Funktion, doch in vielen Fällen dürfte die sprachliche Darstellung der Lösung nicht
eins zu eins für den Endanwender nutzbar sein. Mithilfe einer Feedback-Funktion ("Wurde durch
diesen Eintrag Ihr Problem gelöst?") lässt sich der Nutzen der Knowledge-Base-Einträge bei ITBM
nachvollziehen.
Ist eine Störung nicht vom First-Level-Support zu lösen, so wird die Meldung an die
nachgeordneten Kollegen oder Mitarbeiter weitergeleitet. Die Möglichkeit einer direkten Zuordnung
zu Mitarbeitern des Second-Level-Supports geht bei ITBM durch Konnektoren so weit, dass ein
First-Level-Mitarbeiter einen Termin direkt in den gemeinsamen Kalender in Outlook/Exchange
eintragen kann. Ist das Problem auch nicht durch die nächste Ebene im Support zu lösen, so folgt
gemäß ITIL nun die Eskalation zum Problem-Management. Direkt aus dem Incident-Dialog ist der
Support-Mitarbeiter in der Lage, den Fehler an die entsprechenden Kollegen weiterzuleiten, die
jederzeit Zugriff auf die zuvor erfassten Informationen haben.
Erbringt eine IT-Organisation ihre Serviceleistungen für externe Kunden, so sind Eckdaten der
Hard- und Softwarekonfiguration durch den Servicemitarbeiter abzufragen. Innerhalb des eigenen
Unternehmens bietet es sich für die CMDB (Configuration Management Database) an, bereits vorhandene
Informationen aus Directory-Services oder Hard- und Softwaredatenbanken einzulesen. ITBM setzt bei
den Directory-Services auf eigene Schnittstellen und besitzt zu Novell die einzige zertifizierte
Schnittstelle der ITSM-Anbieter; bei den weiteren Konfigurationsinformationen verlässt sich die
Software entweder auf zusätzliche Module wie Active Assistance oder Dritthersteller. Favorisierter
Partner von Touchpaper für das Client-Management ist dabei Landesk.
Im Zusammenhang mit dem IT Service spielt die Reaktionszeit eine wichtige Rolle – einerseits
wollen Servicevereinbarungen in Form von SLAs eingehalten sein, andererseits gilt es gemäß ITIL,
die Abarbeitung von Anfragen kontinuierlich zu verbessern. In ITBM finden sich deshalb zwei
unterschiedliche Zeitwerte – die Bruttozeit, die durch das System anhand des Eintrags eines
Incidents und dessen Abschluss automatisch generiert, und die Nettozeit, die der Servicemitarbeiter
durch manuelle Eingabe erzeugt.
Bei ITBM von Touchpaper handelt es sich um eine ausgereifte Service-Managementlösung mit
zahlreichen durchdachten Funktionen für den Einsatz in größeren Unternehmen. Die besondere Stärke
der Suite liegt in der prozessorientierten Abwicklung von Anfragen und Störungen. Bis zum Erreichen
der vollen Nutzbarkeit der Suite vergehen nach Erfahrung des Herstellers rund acht Wochen. Der
Preis für die Einführung eines Service-Desks in der Grundausstattung für zwanzig
Service-Desk-Mitarbeiter liegt laut Hersteller bei rund 50.000 Euro inklusive Support,
Implementierung und Maintenance.
Info: Touchpaper Tel.: 06103/379040 Web: www.touchpaper.de