Superlative dieser Art gehören zum Standardinventar eines jeden guten Startups. Die weibliche Führungsriege bei Linkedin in München indes agiert nicht ausschließlich in visionären Sphären, aus denen viele männliche Digital-Evangelisten erst gar nicht herunterzukommen gedenken. Berufung und Beruf bringt Wittmann sichtbar bodenständig unter einen Hut. »Dieses Rollenmodell nehmen sich gerade unsere jüngeren Team-Mitglieder zum Vorbild«, bekräftigt Gudrun Herrmann, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Linkedin in DACH.
Weniger »Man’s World«-Mentalität ist angesichts des Wandels im Arbeitsmarkt auch dringend geboten. Offene Karrierepfade für beiderlei Geschlechter, Werte und Sinnstiftung jenseits von Geld und Macht, eine Arbeitsplatz-Infrastruktur auch zum Wohlfühlen, das ist heute und künftig im Werben um talentierte Millennials wichtig, und zwar über alle Unternehmensgrößen hinweg. »In Aufsichtsräten wird diskutiert, welche Leute man in fünf Jahren braucht. Das gilt nicht nur für Konzerne. Auch ein Hidden Champion aus dem Mittelstand muss sich ändern, muss eine langfristige Sichtweise auf die Talente von morgen gewinnen«, sagt Wittmann.
In der Region mehr als in Metropolen wie München oder Hamburg, die per se attraktiver für Fachkräfte sind. »In den Regionen haben es Unternehmen sehr schwer – das fängt schon in Ingolstadt an«, berichtet die Managerin. Man könne mit den Linkedin-Produkten sehr genau analysieren, wo Mitarbeiter herkommen, die beispielsweise bei einem Automobilhersteller neu anfangen, und wohin sie gehen, wenn sie den Automobilhersteller wieder verlassen. Das helfe Unternehmen bei ihrer Personal-Strategie, einen Talente-Pool vorausschauend aufzubauen, um dann zum richtigen Zeitpunkt einen Kandidaten »anzutriggern«, so Wittmann. »HR ist nicht mehr nur Kostenstelle, sondern Investition in die Zukunftsfähigkeit. Diese Botschaft ist angekommen.«
Eine andere Botschaft dürfte sich mittlerweile auch herumgesprochen haben: Dass nämlich nur ein moderner Führungsstil in der Lage ist, die Zukunftsinvestitionen in Talente nicht schnell wieder zu verspielen. Wittmann praktiziert ihn: »teamorientiert, offen kommunizieren, Fehler tolerieren, aber direkt ansprechen und Mitarbeitern zuhören, welche nächsten beruflichen Schritte sie planen«.
Wer nur einen Platz in der Hängematte sucht, bei Linkedin in München ja physisch vorhanden, ist im verführerischen Wohlfühl-Ambiente dieses Startups nicht wohl gelitten. »Was mich enttäuscht ist, wenn jemand für eine Herausforderung nicht zu kämpfen bereit ist, es nicht einmal versucht«, so Wittmann. Um eine solche Haltung festzustellen, muss die Managerin nicht einmal kluge Business-Intelligence-Tools bemühen.