Energiekosten bewirken Anpassung der Normen

US-Rechenzentren rüsten auf 220 Volt um

10. Juni 2007, 22:55 Uhr |

Das eskalierende Energieproblem beim Betrieb der Rechenzentren löst jetzt in den USA einen Erdrutsch im Bereich Standardisierung aus. So verabschieden sich die amerikanischen Rechenzentren von der dort üblichen Spannungsversorgung von 120/208 Volt und übernehmen den europäischen Standard von 230/400 Volt.

Laut IDC werden in den USA bereits für jeden Dollar Hardwareanschaffung 50 Cent für die zugehörige Energie aufgewendet, und dieser Wert soll in den nächsten vier Jahren auf 71 Cent ansteigen. Konsequenterweise suchen alle CIOs nach geeigneten Maßnahmen, um den Anstieg der Energiekosten abzubremsen. "Eine Umstellung des Rechenzentrums auf die höhere europäische Spannung bewirkt Energieeinsparungen von drei bis vier Prozent," so Neil Rasmussen, Cheftechniker beim amerikanischen UPS-Spezialisten APC-MGE. "Das sind immense Einsparungen, die Millionen Dollar ausmachen. Und was noch viel wichtiger ist, diese Energie ist reine Wärmeenergie, die folglich auch nicht durch entsprechende Kühlung wieder abgeführt werden muss." Seiner Meinung nach wollen nahezu alle neuen Rechenzentren den europäischen Spannungsstandard so bald wie möglich einführen: "Die Verlustleistung eines Stromversorgungsnetzes steigt im Quadrat zum Strom, der hindurch fließt; eine doppelte Spannung halbiert jedoch den Strom bei gleicher Leistung. Deshalb operieren die europäischen Rechenzentren schon jetzt wesentlich energieeffizienter als die US-Zentren vergleichbarer Größenordnung."

Vorbild für die Anhebung auf die höhere Spannung sind die amerikanischen Klimaanlagen, die im Unternehmensbereich schon lange mit dem US-Hochspannungsstandard von 480 Volt laufen. Diese Spannung soll dann in Zukunft zentral für das Rechenzentrum auf 230/400-Volt abgespannt werden, sodass anschließend Standardkomponenten für diese Spannungsform verwendbar sind.

Eine derartige Umstellung könnte auch einen Erdrutsch in der gesamten amerikanischen Stroimnetzinfrastruktur auslösen, denn nicht nur in den Rechenzentrum gibt es immense Leistungsverluste durch den 120-Volt-Standard. Auch Restaurants, Einzelhändler und andere Kleinbetriebe, die sich keinen Hochspannungsanschluss leisten können, leiden immer mehr unter den hohen Verlusten und den damit verbundenen Energiekosten.

"Der 120-Volt-Standard wurde in den USA von Westinghouse aus Kompatibilitätsgründen zum 100-Volt-Gleichstromnetz von Edison geschaffen," so Mike Deneen, Analyst bei der Freedonia Group in Cleveland, Ohio. "Doch damals war der Stromverbrauch eines Industriebetriebs weitaus geringer als der eines heutigen normalen Haushalts. Damals reichte das aus, aber heute ist diese Spannung viel zu niedrig."

Doch bei allen Vorteilen, die ein 230/400-Volt-Netz bietet – noch gibt es die Umstellung der Rechenzentren nur auf dem Reißbrett. "Per Stand heute gibt es leider noch kein einziges 230/400-Volt-Zentrum, doch alle Ingenieurbüros, Rechenzentrumsausstatter und OEMs arbeiten bereits an detaillierten Plänen für die Konversion, und spätestens im Herbst werden die ersten Zentren davon in den USA umgerüstet sein," so Rasmussen über den gegenwärtigen Stand der Umstellung. Seiner Ansicht nach sind für die Umstellung noch einige Detailprobleme zu lösen: "Es ist ja nicht nur eine Frage der Stecker und Buchsen, auch die Farben der Drähte, die Sicherungen und die Überspannungsfestigkeit der Komponenten müssen alle angepasst werden."

Harald Weiss/wg


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