Wie sehr ein medizinisches Produkt begeistert, spielt jedoch aus rechtlicher Sicht keine Rolle für seine Entwicklung und Zulassung. Allein die Frage des Risikos für Anwender, Patienten oder Dritte steht hier im Fokus. Richtlinien wie die 2008 harmonisierte Norm IEC 62366:2008 (inzwischen in einer neuen Version als IEC 62366-1 bekannt) weisen dabei den Weg und verdeutlichen den Stellenwert von Usability im Bereich der Entwicklung und Zulassung von Medizinprodukten. „Endgültige Anerkennung erhält die Nutzerorientierung als notwendiger Bestandteil von Produktsicherheit im medizinischen Bereich mit dem Inkrafttreten der neuen Medizinproduktrichtlinie (MDR)“, erläutert Dr. Kauer-Franz. Wenn auch das Wort Usability explizit nur zweimal vorkommt, so definiert die Richtlinie klare Anforderungen an Hersteller und Produkte. „Sowohl die Notwendigkeit einer angemessenen Gebrauchsanweisung für den Nutzer als auch die Risikoreduzierung durch die ergonomischen Eigenschaften des Produkts oder etwa die Berücksichtigung der spezifischen Fertigkeiten und Fähigkeiten der Anwender werden in der MDR unter anderem aufgeführt“, so Dr. Kauer-Franz. „Das ist Usability, auch, wenn es nicht so heißt!“
Eine eindeutige Forderung nach einem Usability-Engineering-Prozess, der die oben genannten Punkte aufgreift, legt hingegen die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) in einem Leitfaden dar, der für alle Medizinprodukte verbindlich ist, die auf den US-amerikanischen Markt wollen. Die dafür relevante Richtlinie normiert die Durchführung von Usability Engineering durch geeignetes Fachpersonal, das die Medizinprodukte im Rahmen unterschiedlicher Testverfahren auf ihre Eignung prüft. Ob sich Hersteller von Medizintechnik und entsprechenden Produkten an die Richtlinien gehalten haben, prüft eine staatlich benannte und überwachte Stelle.
Damit diese den Usability-Engineering-Prozess in aller Vollständigkeit nachvollziehen kann, müssen Hersteller alle dazugehörigen Verfahrensschritte dokumentieren. „Bei der Entwicklung eines Medizinprodukts steht der Faktor Sicherheit an erster Stelle. Nur durch die Formulierung sowie Einhaltung bestimmter Richtlinien und die anschließende Prüfung des Herstellungsprozesses lässt sich sicherstellen, dass von den medizinischen Produkten kein Risiko für Anwender und Patienten ausgeht. Letztlich geht es darum, die Ressourcen der Hersteller so zielorientiert wie möglich einzusetzen, damit der gesamte Prozess in einem sicheren und zugleich erfolgreichen Produkt resultiert“, betont Dr. Kauer-Franz.