Ein professionelles Netz-Management-System (NMS) muss Fehler in einem Betriebsnetz schnell und effektiv beseitigen können. Auch bei einer Störung steht der Betreiber in der Pflicht, anwendungskritische Daten sicher zu übertragen. Aufgrund der zunehmenden Komplexität und Vielfältigkeit sind Netz-Management-Systeme unverzichtbar, um die Verfügbarkeit und den Betriebszustand ständig zu überwachen und schnell zu reagieren. Sind die Folgen eines Ausfalls in öffentlichen Netzen bereits ärgerlich, können sie in einem Betriebsnetz kritisch sein und auch die Allgemeinheit betreffen. Ein Dienstausfall bei einem Energieversorger könnte zum Beispiel einen überregionalen Stromausfall verursachen. Ähnlich gravierende Auswirkungen hätte es, wenn Betriebsnetze von Verkehrsbetrieben oder Sicherheitsbehörden betroffen sind. Um den Betrieb und die Sicherheit ihrer Anlagen zu gewährleisten, stellen Energieversorger, Transportunternehmen oder Behörden deshalb höchste Anforderungen an die Zuverlässigkeit ihrer Betriebsnetze.
Sicherheitsanforderungen an Betriebsnetze
Betriebsnetze müssen so effizient und gleichzeitig so hochverfügbar wie möglich aufgebaut sein. Dienstverfügbarkeiten von 99,999 Prozent, was einen Ausfall von rund fünf Minuten pro Jahr bedeutet, sind nicht selten. Bei ausgewählten, sicherheitsrelevanten Diensten (etwa bei der Flugsicherheit) gelten teilweise noch höhere Anforderungen an die Verfügbarkeit. Die Zuverlässigkeit und Wartungsfreundlichkeit der einzelnen Komponenten sind entscheidend für die Verfügbarkeit von Betriebsnetzen. Bei der Festlegung der Anforderungen gilt es, die Notwendigkeiten des Betriebsablaufs zu berücksichtigen und auf Kostenoptimierung zu achten.
Sinnvoll ist eine Strukturierung des Netzes in physische und logische Teilbereiche. Dadurch sind unterschiedliche Qualitäts- und Verfügbarkeitsvorgaben für die zu übertragenden Dienste definierbar. Dies erleichtert die Bewertung der Netzbereiche und schafft die Basis für weitere Kostenoptimierungen.
Verfügbarkeit von Netzelementen
Die Zuverlässigkeit der Netzelemente (NEs) und ihre Funktionen für die Wartung und Entstörung sind entscheidend. Redundante Module wie Stromversorgung, Zentraleinheiten oder Lüfter können die meisten hardwarebezogenen Fehler abfangen. Um ein hohes Maß an Entstör- und Wartungsfreundlichkeit zu erhalten, sollten diese Module ohne Betriebsunterbrechung austauschbar sein. Ferner sollten redundante Baugruppen im Fehlerfall innerhalb weniger Millisekunden umschalten.
In Betriebsnetzen gehen Fehlermeldungen von Komponenten an das zentrale NMS, sodass sich umgehend Maßnahmen für eine Entstörung ergreifen lassen. Dazu muss die betroffene Komponente mit ihren Geräte- und Netzdaten im NMS bekannt sein. Nur so können Diagnosen und Tests vom zentralen NMS aus durchgeführt oder die fehlerhafte Komponente von einem Techniker direkt ausgetauscht werden.
Die Netzverfügbarkeit ist auch abhängig von der Verfügbarkeit und Wartungsfreundlichkeit der Netzkomponenten sowie der Netzkonfiguration. Neben den NEs sind auch die Übertragungswege zu betrachten. Sie umfassen neben den Kabel- oder Funktrassen auch Verteiler, Verstärker und andere Übertragungskomponenten.
Die Netzkonfiguration bildet die physischen und logischen Ressourcen und somit die Netzarchitektur ab. Redundante Pfade erhöhen die Verfügbarkeit, müssen jedoch mit den Funktionen der eingesetzten Geräte im Einklang stehen. Welche Redundanzmechanismen zum Einsatz kommen, ist für jedes Netz individuell festgelegt. Die Architektur des Netzes ist daher ein weiterer Parameter für die Steigerung der Netzverfügbarkeit.
Durchläuft ein Dienst sehr viele Netzhierarchien, ist aufgrund der Vielzahl von beteiligten Netzknoten die Ausfallwahrscheinlichkeit höher als bei Netzen mit flachen Hierarchien und weniger Netzknoten. Netze mit mehr Knoten bieten aber mehr redundante Pfade. Das Optimum ist abhängig von den Anforderungen des Betreibers, der Gewichtung der einzelnen Netzdesignparameter, den topologischen Gegebenheiten und dem zur Verfügung stehenden Budget.
Auf der Netzebene ist eine Überwachung und Steuerung ebenfalls unabdingbar. Abhängig von der Technik stehen dafür unterschiedliche Lösungen zur Verfügung. Die Bedienung des NMS sollte einfach und intuitiv durch eine gute Strukturierung und übersichtliche Oberfläche erfolgen können.
Grenzen bisheriger Lösungen
Bislang sind Betriebsnetze meist über Element-Manager oder ähnliche Lösungen wie LCT überwacht und gesteuert. Diese sind für eine dedizierte Verbindung ausgelegt, also nur für einen Zweck nutzbar. Zugleich sind diese Lösungen häufig herstellerabhängig und somit nur für bestimmte Netzabschnitte einzusetzen.
Viele Betreiber haben ihre Netze in den vergangenen Jahren ständig erweitert, sodass heterogene Landschaften mit unterschiedlichen Techniken und Produkten verschiedener Hersteller entstanden sind. Während kleinere Netze mittels LCT gut zu managen sind, wird dies bei komplexeren Netzen schnell unübersichtlich. Zudem sind der parallele Betrieb und die Administration mehrerer Management-Systeme nicht wirtschaftlich.
Durch den Übergang von klassischen verbindungsorientierten Netzen oder reinen Datennetzen hin zu Multi-Service-Autobahnen ergeben sich weitere Herausforderungen. Dort übertragen die Systeme verschiedene Dienste wie Daten, Sprache, Video und Sensorinformationen. Durch die technische Weiterentwicklung im Umfeld paketorientierter Netze stehen heute Funktionen zur Verfügung - etwa schnelle Ersatzwegeschaltungen, die eine sichere Übertragung gewährleisten - die bislang ausschließlich in deterministischen Netzen (PDH/SDH) zu finden waren. Durch IP-MPLS können Betriebsnetze mittels zusätzlicher Maßnahmen den Transport von Diensten ebenso sicher und stabil realisieren wie zuvor PDH- und SDH-Netze.
Für die Überwachung, Steuerung und Konfiguration von reinen Datennetzen haben sich in der Vergangenheit einfache Hilfsmittel etabliert, beispielsweise individuelle Konfigurationsskripte oder CLI. Für die hohen Anforderungen bei der Überwachung von Betriebsnetzen sind diese jedoch nicht ausreichend, weil die Techniker bei Problemen schnell reagieren und den Fehler korrigieren müssen.
Um die gleiche Qualitätsstufe wie bei klassischen TDM-Netzen zu erreichen, ist eine adäquate Netzüberwachung und -steuerung essenziell. Diese muss sowohl die moderne, IP-basierende als auch die TDM-Welt umfassen und vereinen. Dies ist wichtig, da der Übergang zu neuen Netzstrukturen sukzessive stattfindet und die bisherigen Netze eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahren haben und die Betriebsprozesse teilweise eng mit einer bestimmten Technik verknüpft sind.
Übergreifendes Netz-Management-System
Die Überwachung und Steuerung von Kommunikationsstrukturen mit Netzelementen unterschiedlicher Hersteller und heterogener Technik übernimmt idealerweise ein übergreifendes NMS. Es sorgt für die Visualisierung des Netzes und seiner Elemente, vereinfacht und automatisiert die Betriebsabläufe. Bereits vorhandene NMS-Lösungen unterschiedlicher Hersteller lassen sich in ein übergeordnetes "Umbrella-NMS" integrieren. Dort gibt es unter anderem Alarmlisten, den aktuelle Netzzustand, Topologie- und Geräteansichten sowie Qualitätsdaten.
Der Aufbau des NMS ist abhängig vom jeweiligen Betriebskonzept und entsprechend der bereits vorhandenen Systeme und gewünschten Funktionen aufgebaut. Dabei sind bereits vorhandene Applikationen über Schnittstellen wie SNMP, TFTP und Telnet eingebunden und unter einer Oberfläche vereint. Für den Netzbetreiber bedeutet eine solche Lösung hohe Investitionssicherheit aufgrund der Skalierbarkeit und Interoperabilität mit zukünftigen Techniken und Produkten verschiedener Hersteller.
Ein Netz- oder Dienstausfall durch einen Hard- oder Softwarefehler ist eher selten. Die Hauptursachen für plötzliche oder unerwartete Ausfälle sind erfahrungsgemäß Fehlbedienungen oder Fehlverhalten von Menschen. Ziel ist es deshalb, die Überwachung und Steuerung des Netzes mit seinen Netzknoten und Diensten möglichst einfach zu gestalten. Komplexe Konfigurationsaufgaben müssen sich an der eingesetzten Technik im Netz orientieren und vom NMS durch einfache Eingaben umgesetzt werden. Das eingesetzte NMS sollte Hilfsmittel und Routinen zu den Konfigurationsaufgaben sowie umfangreiche Managementfunktionen bereithalten.
Fehler-Management
NMS sollten sich durch einen hohen Grad an Visualisierung und Abstraktion auszeichnen. Dann benötigen die Mitarbeiter in den Betriebszentralen weniger Spezialwissen, und sie können - unterstützt durch das System - sofort die richtigen Schritte einleiten. Im Fehler-Management ist zu empfehlen, standardisierte Alarme oder Events grafisch in der Topologieansicht darzustellen und in einer globalen Alarmliste einzutragen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Filterung und Alarmkorrelation, das heißt, dass sich Regeln für das Alarm-Management hinterlegen lassen. Dadurch entsteht bei einem Fehler in einem eng vermaschten Netz nur eine Meldung. Über "Route Cause Analysis" ist so bei einer "Alarmflut" die Fehlerquelle gezielt ermittelbar. Darüber hinaus sollte die Möglichkeit bestehen, bestimmte Aktionen wie die Ausführung von Skripten mit eintreffenden Alarmen oder Ereignissen zu verknüpfen. Durch die Standardisierung ergibt dies eine hohe Sicherheit, schnelle Reaktion und Übersichtlichkeit.
Konfigurations-Management: Die Konfiguration von Netzelementen erfolgt im NMS über spezifische Dialoge. Dabei besteht die Möglichkeit, Templates zur Konfigurationsunterstützung mit einem definierten Datensatz anzulegen. Angewendet auf eines oder mehrere Geräte sind dadurch Management-Funktionen auf Geräte- oder Netzebene umsetzbar. Vorkonfigurationen können einfach per Mausklick konsistent und netzweit geladen werden. Die Konfiguration eines NEs lässt sich in solch einem Fall vollständig sichern und bei Bedarf wiederherstellen, beispielsweise nach einem Hardwareaustausch.
Qualitäts-Management: Nicht nur Reaktion, sondern Monitoring und proaktives Management sind gefragt, um jederzeit eine hohe Verfügbarkeit der Netze zu gewährleisten. Deshalb erfasst das System die Qualitätsdaten von einzelnen Geräten oder Gruppen und speichert sie in einer Datenbank. Verschiedene Darstellungsmöglichkeiten erleichtern die Analyse von Echtzeitwerten oder stellen Trends dar. Vordefinierbare Schwellenwerte ermöglichen es, frühzeitig auf eine Verschlechterung einer Übertragungsstrecke zu reagieren.
Sicherheits-Management: Jeder Mitarbeiter in einem Netzbetriebszentrum (NOC) hat ein spezifisches Berechtigungsprofil. Dieses ist über die Zugehörigkeit zu Gruppen, die Zuweisung von Rollen oder individuelle Vergabe festgelegt. So kann zum Beispiel das Quittieren eines Alarms einer bestimmten Nutzergruppe vorbehalten sein, oder es ist nur ein bestimmter Netzbereich überhaupt sichtbar.
Fazit
Ausfallsichere Netzelemente und ein anwendungsspezifisches Netzdesign sind die Basis für sichere Betriebsnetze. Der Schlüssel für eine nachhaltig hohe Verfügbarkeit des Netzes liegt im NMS (Konfiguration, Überwachung, Diagnose und Entstörung).