Microsoft Hyper-V Release Candidate 1 im Test

Virtualisierung unter Windows Server 2008

16. Juli 2008, 22:57 Uhr | Thomas Joos/dp

Mit Hyper-V bietet Microsoft erstmals eine in das Betriebssystem integrierte Lösung zur Virtualisierung an. Eine Kombination aus Windows Server 2008, Hyper-V und optional dem System Center Virtual Machine Manager (SCVMM) 2007 ermöglicht die Virtualisierung im Unternehmen ohne Programme von Drittanbietern. Die Verwaltung der virtuellen Rechner übernimmt der SCVMM und die Überwachung der System Center Operations Manager 2007. Zudem erlaubt die Hypervisor-Technik in Hyper-V eine direkte Verbindung zu den Virtualisierungsfunktionen der aktuellen AMD- und Intel-Prozessoren.

LANline testete den RC1 von Hyper-V, der laut Microsoft "Feature Complete" ist und Ende August
2008 freigegeben werden soll.

Hyper-V besteht aus einer kleinen, hoch spezialisierten Softwareschicht, dem Hypervisor, die
direkt zwischen der Serverhardware und den virtuellen Maschinen (VMs) positioniert ist. Die
Software partitioniert die Hardwareressourcen eines Servers. Dabei lassen sich übergeordnete
Parent- und untergeordnete Child-VMs erstellen. Während in der Parent-VM die Prozesse der
virtuellen Maschine, der WMI-Provider (WMI: Windows Management Instrumentation) und der VM-Dienst
laufen, sind in den Child-VMs die Anwendungen positioniert. Die Parent-VM verwaltet auch die
Treiber der Maschinen. Dies stellt einen großen Vorteil im Vergleich zu Vmware ESX dar. Denn
Hyper-V benötigt keine speziellen Treiber für aktuelle Hardware. Die Parent-VM ist das eigentliche
Host-System, während die Child-VMs die virtuellen Maschinen darstellen. Dabei tauscht nur die
Parent-VM Informationen mit Hyper-V direkt aus. Untergeordnete Partitionen stellen die Anwendungen
im Benutzermodus zur Verfügung, während der Kernel-Modus nur die Virtualization Service Clients
(VSC) und den Windows-Kernel betreibt. Das steigert – zumindest theoretisch – die Geschwindigkeit
und Stabilität der Maschinen. Allerdings müssen das Betriebssystem und die installierten
Anwendungen diese Funktionsweise auch unterstützen, was nicht immer der Fall ist. Damit die
virtuellen Maschinen funktionieren, nimmt Hyper-V kleinere Änderungen am Kernel der Gastsysteme
vor, ähnlich wie auch Xen es tut. Apropos Xen: Durch die enge Kooperation von Microsoft mit den
Xen-Entwicklern ist viel Know-how dieser Virtualisierungslösung in Hyper-V eingeflossen. Allerdings
ist es mit Hyper-V nicht möglich, PCI- und USB-Geräte direkt an virtuelle Maschinen
durchzuschleusen, wie Xen es kann.

Hyper-V lässt sich nur auf x64-Servern mit Intel-VT- oder AMD-V-Erweiterungen installieren. Dies
bedeutet, dass x86-Maschinen von der Virtualisierung zumindest als Host-System ausgeschlossen
sind.

Technische Basis von Hyper-V ist eine 64-Bit-Softwareschicht, die zwischen der Hardware und dem
Betriebssystem platziert ist und die Hardwareressourcen des physischen
Windows-Server-2008-Host-Systems auf die einzelnen virtuellen Rechner verteilt. Administratoren
ordnen die Ressourcen, zum Beispiel CPU und Arbeitsspeicher des Host-Systems, den virtuellen
Betriebssystemsitzungen exakt zu. Hyper-V verwendet synthetische Gerätetreiber, sodass für
I/O-Zugriffe keine Softwareemulation erforderlich ist. Diese Funktion beschleunigt die virtuellen
Maschinen, sodass speziell angepasste Treiber für Hyper-V unnötig sind.

Linux und andere Betriebssysteme

Wie Virtual Server 2005 R2 unterstützt auch Hyper-V Linux als Gastbetriebssystem. So ist es
beispielsweise möglich, auf einem Windows-Server-2008-Host-System einen virtuellen 64-Bit-Server,
einen 32-Bit-Server und ein Linux-System parallel zu betreiben. Offiziell unterstützt Hyper-V vor
allem Suse Linux Enterprise Server 10 mit SP1. Zudem arbeitet die Virtualisierung mit
Mehrprozessorgastsystemen und unterstützt mit dem neuen RC1 Windows Vista mit SP1 sowie Windows XP
SP3. Natürlich hinkt die Anzahl der unterstützten Betriebssysteme den Möglichkeiten, wie sie der
Platzhirsch Vmware bietet, um einiges hinterher. Auch die Installation von Linux ist im Vergleich
zu Vmware mehr als mühsam. Unternehmen, die Linux-Server virtualisieren wollen, setzen daher besser
auf Lösungen wie Vmware und Xen. Nur wenn hauptsächlich Windows-Betriebssysteme laufen und der eine
oder andere Linux-Server virtualisiert werden soll, bietet sich Hyper-V an. Auch wenn sich
Microsoft bemüht, neben seinen eigenen Betriebssystemen andere Varianten zuzulassen, ist die
Integration noch nicht ausgereift.

Als Serverrolle für den Core-Server

Der Administrator kann Hyper-V in den SCVMM integrieren oder in einer eigenständigen
Managementkonsole (MMC) unter Windows Server 2008 verwalten. Außerdem lässt sich die Software in
einer Core-Version als Serverrolle für den Core-Serverbetriebsmodus von Windows Server 2008
installieren. Durch das reduzierte Host-Betriebssystem können Administratoren ihre ganze
Aufmerksamkeit den virtuellen Computern widmen. Während der Installation von Windows Server 2008
wählt der Administrator aus, ob der Installationsassistent den Server komplett oder nur eine
Core-Version installieren soll. Nach der Installation bietet ein Core-Server nicht die gewohnte
grafische Benutzeroberfläche. Die Verwaltung eines solchen Servers findet ausschließlich über die
Befehlszeile statt. Es gibt kein Startmenü, keine Systemsteuerungen, keine Snap-ins für die MMC. Es
besteht aber die Möglichkeit, einen solchen Server über das Netzwerk mit den Snap-ins auf anderen
Servern zu verwalten. Auf diesem Weg lässt sich Hyper-V auf einem Core-Server überwachen.

Die Core-Installation dient der Installation eines Servers, der nur spezielle Serverrollen
annehmen kann. Dazu gehören neben der Hyper-V-Rolle auch die Rollen Dateiserver, Druckserver,
Streaming Media Services, Domänen-Controller, Active Directory Lightweight Directory Services,
DNS-Server und DHCP-Server. Unternehmen haben bei einem Core-Server gegenüber der vollen
Installation einige Vorteile. Es werden nur die notwendigen Komponenten installiert. Dadurch erhöht
sich die Sicherheit, weil kein Angriff auf unnötige Funktionen stattfinden kann. Die Stabilität des
Servers erhöht sich, weil nicht benötigte Komponenten keinen Absturz verursachen können. Die
Installation benötigt deutlich weniger Platz. Ein Core-Server ist daher die ideale Plattform als
Host-System für die Virtualisierung.

Auch Windows Powershell, ebenfalls in Windows Server 2008 integriert, enthält Befehle, mit denen
sich etwa virtuelle Server starten und stoppen lassen. In der Windows Powershell lassen sich zudem
Skripte zur Automatisierung erstellen.

Im Cluster und in SANs

Microsoft hat den Windows-Server-2008-Cluster-Dienst für die Virtualisierung verbessert. Er
bindet virtuelle Rechner und deren Festplatten besser in ein Failover-Cluster ein. Fällt zum
Beispiel ein physischer Server aus, der mehrere virtuelle Rechner verwaltet, erkennt Hyper-V das
und führt eine so genannte Quick Migration durch. Voraussetzung ist, dass die Rechner im selben
Speichernetzwerk (SAN) liegen. Fällt ein Cluster-Knoten geplant oder ungeplant aus, startet der
zweite physische Knoten im Cluster die betroffenen virtuellen Rechner, sodass diese den Anwendern
sofort wieder zur Verfügung stehen. Diese Technik funktioniert allerdings derzeit nur für
Windows-Systeme und nicht für Linux.

Installation

Da Hyper-V die integrierten Virtualisierungstechniken von AMD und Intel unterstützt, sollte vor
der Installation der Serverrolle im BIOS des Rechners diese Technik aktiviert sein. Denn nicht auf
allen Servern ist diese Funktion per Standardeinstellung bereits aktiv. Wie von Microsoft gewohnt,
lassen sich die virtuellen Maschinen mit Assistenten erstellen, die bei der kompletten Einrichtung
zur Seite stehen. Über den Assistenten stellt der Administrator vorab Arbeitsspeicher, Datenträger,
CD/DVD-Laufwerke und andere Hardware ein. Die Installation der virtuellen Server läuft langsam, da
zu diesem Zeitpunkt die Virtualisierung noch nicht an das System angepasst ist. Nach der
Installation lässt sich die Geschwindigkeit über die Funktion "Integration Services" erhöhen.
Hierbei handelt es sich um eine Software, die ähnlich wie die Vmware-Tools und deren Pendants in
Virtual Server 2005 R2 und Virtual PC 2007 funktioniert. Während der Installation ersetzen die
Integration Services einige Systemtreiber mit neuen Versionen, die für die Virtualisierung
angepasst sind und virtuelle Maschinen deutlich beschleunigen.

Für die Installation des RC1 müssen Systemverwalter zunächst einen x64-Rechner mit Windows
Server 2008 installieren und ein Update auf der Microsoft-Download-Seite herunterladen,
anschließend auf dem Server installieren und diesen dann neu starten. Das Paket ist etwa 28 MByte
groß.

Verwaltung

Generell ist die Verwaltung von virtuellen Maschinen mit der integrierten Verwaltungskonsole
sehr effizient. Am Anfang benötigt der Administrator auch nichts weiter. Sobald das Unternehmen
aber mehrere Host-Systeme betreibt und diese gleichzeitig verwalten will, sind Zusatzprogramme wie
der SCVMM hilfreich, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.

Ferner unterstützt Hyper-V RC1 noch nicht die Betaversion des System Center Configuration
Managers 2008. Dies soll mit den endgültigen Versionen der beiden Produkte aber behoben sein. SCVMM
2007 ermöglicht die zentrale Verwaltung und Konfiguration der gesamten virtuellen Infrastruktur:
Administratoren können Server in Gruppen zusammenfassen, den Status abrufen und auch die
Host-Systeme in der gleichen Konsole überwachen. SCVMM enthält außerdem Migrationswerkzeuge, mit
denen sich physische Server oder virtuelle Festplatten von anderen Virtualisierungslösungen zum
VHD-Format der Windows-Server-2008-Virtualisierung migrieren lassen. Vor allem die Migration von
physischen zu virtuellen Servern, auch P2V genannt, ist in SCVMM erheblich verbessert. SCVMM
unterstützt darüber hinaus den Schattenkopiedienst von Windows Server 2003 beziehungsweise 2008 und
eine blockbasierte Übertragung der Festplatten, ähnlich wie Image-Programme von Drittanbietern. Das
ermöglicht die Überführung von physischen Festplatten zu virtuellen Rechnern ohne lange
Ausfallzeiten für die Anwender. Um die Auslastung in virtuellen Infrastrukturen zur steuern,
verwendet SCVMM Informationen aus dem System Center Operations Manager. Abhängig vom
Ressourcenverbrauch der installierten Anwendungen teilt SCVMM den virtuellen Computern mehr oder
weniger Ressourcen auf den physischen Servern zu.

Lizenzierung

Einer der Vorteile von Hyper-V ist die direkte Integration in das Betriebssystem. Selbst die
Standard Edition von Windows Server 2008 enthält bereits eine Lizenz für Hyper-V. Unternehmen, die
auf Windows Server 2008 Standard Edition setzen, dürfen mit einer Lizenz das Host-System und eine
virtuelle Maschine erstellen. Die Enterprise Edition von Windows Server 2008 ermöglicht die
Installation des Host-Systems mit Windows Server 2008 sowie bis zu vier virtueller Maschinen ohne
weitere Lizenzkosten. Unternehmen, die Windows Server 2008 einsetzen, können also Hyper-V als
Serverrolle installieren und mit der Virtualisierung sofort loslegen. Zusatzprogramme benötigen
Systemverwalter nicht, die notwendigen Verwaltungswerkzeuge sind in das Betriebssystem integriert.
Von der Kostenseite her profitieren daher Unternehmen von der Virtualisierung, ohne vorher teure
Zusatzlösungen kaufen zu müssen. Microsoft will dadurch erreichen, dass mehr Unternehmen auf
Virtualisierung setzen, idealerweise natürlich nicht mit Fremdprodukten. Allerdings müssen
Unternehmen virtuelle Maschinen genauso lizenzieren wie physische Server. Nur die sehr teuren
Datacenter-Editionen erlauben eine uneingeschränkte Anzahl an virtuellen Maschinen. Diese Editionen
sind allerdings an spezielle Hardware gekoppelt und nur für sehr große Unternehmen gedacht.

Info: Microsoft Web:
www.microsoft.com/downloads/details.aspx?FamilyId=7EDAA89F-9F64-488D-93C0-
858D2D8799DF&displaylang=de blogs.technet.com/virtualization


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