Social Computing Tools in Geschäftsprozessen

Werkzeuge für Web 2.0

5. November 2007, 23:00 Uhr | Thomas Baumgart/jos Thomas Baumgart ist Principal Systems Engineer bei BEA Systems.

Alle reden von Web 2.0. Doch es ist oft unklar, wie sich die entsprechenden Techniken und Konzepte auch im Unternehmensalltag nutzen lassen. Das Beispiel des Portfolios von BEA verdeutlicht, dass auf dem Markt durchaus bereits nutzbare Produkte für eine Umsetzung zu haben sind.

Trotz modernster IT-Systeme und ausgeklügelter Kommunikationsstrategien befinden sich die
Mitarbeiter vieler Unternehmen noch immer in einer Informationseiszeit: Sie bilden zwar virtuelle
Teams, müssen aber mit unflexiblen und überholten IT-Werkzeugen auskommen. Viele Arbeitgeber wollen
dies möglichst rasch und ohne große Mehrkosten ändern und entscheiden sich für Lösungen, die unter
den Schlagworten "Web 2.0" und "Social Computing Tools" Abhilfe versprechen.

Die Vorteile von Web-2.0-Anwendungen wie Blogs, Wikis oder Podcasts sind nicht nur
IT-Entwicklern bekannt, sondern gehören oft bereits zum Geschäftsalltag. Weniger bekannt ist der
Nutzwert von anderen Applikation wie Mashups, die Inhalte aus unterschiedlichen Datenquellen zu
neuen Anwendungen zusammenführen. Auch die Ergebnisse der Studie "Mashup the Enterprise" des
Infrastruktursoftwareanbieters BEA Systems verdeutlichen, dass besonders bei Führungskräften noch
ein hoher Informationsbedarf über den Einsatz von Web-2.0-Technik besteht.

Auf der anderen Seite führen viele Unternehmen bereits erfolgreich Web-2.0-Konzepte ein. Sie
erhoffen sich dadurch verbesserte Kundenbeziehungen und -interaktionen, eine optimierte
Mitarbeiterkollaboration oder wollen einfachere Schnittstellen zu Partnern und Zulieferern
aufbauen. Doch wie können die zugehörigen Werkzeuge tatsächlich die Kundenkommunikation verändern,
Service-Level verbessern und Umsätze steigern? Antworten liefert ein Blick in das Produktportfolio
der Hersteller. BEA Systems liefert beispielsweise drei Tools der Produktfamilie "Aqualogic", die
so genannte Social-Computing-Anwendungen in den Unternehmensalltag bringen sollen, "Pages" und "
Pathways" als direkt durch den Mitarbeiter verwendbare Werkzeuge sowie "Ensemble", das sich an den
Anforderungen von Entwicklern im Web-2.0-Umfeld orientiert.

Arbeitsplatzgestaltung per Drag and Drop

Das Entwicklungs-Tool Pages soll den alltäglichen Umgang mit Webanwendungen ins Unternehmen
bringen. Mitarbeiter können mit diesem Tool personalisierte Webseiten für sich oder kleinere
Benutzergruppen erstellen. Dazu nutzen sie eine Reihe von Elementen, die beispielsweise
firmeninterne Datenressourcen mit Darstellungs- und Interaktionselementen verbinden. Aufwändige
Programmier- oder Konfigurationsvorgänge entfallen laut BEA, da alles per Wizard oder Drag and Drop
funktioniert. Dies verbessere Arbeitsroutinen, spare Zeit und gebe den Mitarbeitern die
Möglichkeit, Erfindergeist und Bastelleidenschaften auszuleben: Außendienstmitarbeiter können
beispielsweise ihre Adressdatenbanken mit Karteninformationen von Google Maps ergänzen.

Zur Seitenerstellung kommen AJAX-Rich-Client-User-Interface-Komponenten zum Einsatz. Damit ist
die Gestaltung neuer Webanwendungen nicht länger eine reine Entwicklersache, sondern kann auch für
gewöhnliche Anwender so selbstverständlich wie das Versenden einer E-Mail werden. Im Hintergrund
von Pages arbeiten dazu verschiedene Programmkomponenten zusammen, zu denen die Komponenten "
DataManagement", "DataSpaces" und "LiveSpaces" gehören.

DataManagement soll dazu dienen, eine unkomplizierte Zusammenstellung von Datenmengen aus dem
bereits im Unternehmen vorhandenem IT-System zu erstellen. Neben dem einfachen Einbinden beliebiger
Webservices wird das Erstellen und Betreiben von Blogs sowie die Einbindung externer RSS-Feeds
(Really Simple Syndication) unterstützt. Bei der Datenkonfiguration kann der Anwender zwischen
verschiedenen Eingabemasken wählen (einfacher Text, langer Text, Drop-down) und so "Rohdaten" wie
Kontaktlisten für alle Anwendungen verfügbar machen.

Die Systemkomponente "DataSpaces" verwandelt im nächsten Schritt die Daten in Webseitenelemente.
Ein Data Space lässt sich zum Beispiel aus einer Excel-Tabelle oder einem einzelnen Datensatz
anfertigen. Alle importierten oder neuen Datensätze bindet DataSpaces mit einem User-Interface ein,
das verschiedene Funktionen wie Sortierung, Filterung, Nummerierung und Suche enthält. Dies
verschafft den Anwendern eine solide Ausgangsbasis für einfache, Content-gesteuerte Anwendungen wie
persönliche Blogs.

Werkzeuge für das wahre Leben

Mit "LiveSpaces" werden aus den Seiten der Mitarbeiter schließlich Anwendungen, die für
festgelegte Gruppen oder im ganzen Unternehmen verfügbar sind. Jeder Mitarbeiter fügt seine Data
Spaces zu Live Spaces zusammen, die per eigener URL identifizierbar sind. Das Live-Spaces-Tool
liefert außerdem die Templates und Layouts, mit deren Hilfe sich Webanwendungen erstellen lassen.
Auch die Versions- und Zugriffskontrolle ist über Live Spaces sichergestellt: Projektleiter können
zum Beispiel die Zusammenstellung einzelner Datenbanken einzelnen Teams zuordnen und die
Arbeitsfortschritte im Auge behalten.

Mit Pages kann jeder Mitarbeiter auch ohne Programmierkenntnisse Data Spaces und Live Spaces
entwickeln. Dies soll zu einem verbesserten Kommunikationsmanagement im Unternehmen führen.
Anwender können nun Informationen für sich oder für Benutzergruppen aggregieren und diese mit
anderen Mitarbeitern teilen. Aus der Perspektive der IT-Abteilung bringt Pages ebenfalls Vorteile
mit sich, da sich durch die direkte Einbindung des Endanwenders in den Erstellungs- und
Administrationsprozess der Aufwand für die IT reduziert.

Kurze Suchwege dank Social Bookmarking und Tagging

Zeitersparnis bei der Informationssuche verschafft das Modul "Pathways", das Social Bookmarking
und Tagging mit Suchfunktionen kombiniert. Es dient als Werkzeug für die Organisation der eigenen
Daten und hilft gleichzeitig dabei, Informationen schneller aufzufinden. Vor allem erfüllt das Tool
den Zweck eines sozialen Netzwerks: Jeder Anwender kann seine Informationen mit den Daten anderer
Nutzer verlinken. Dies beschleunigt den Wissensfluss im Unternehmen maßgeblich, denn Informationen
versickern nicht länger in unübersichtlichen Ordnerstrukturen.

Pathways vereint die Funktionen einer Suchmaschine und eines Dokumentenmanagementsystems. Das
Tool klassifiziert und identifiziert die Inhalte heterogener Lösungen, seien es Documentum und
Microsoft Sharepoint, Lotus Notes oder Ordnerstrukturen von Windows. Jeder Anwender kennzeichnet
seine Informationen selbst, indem er sie mit persönlichen "Content Labels" oder "Tags" markiert.
Dies hilft bei der Zusammenstellung von Informationen, die jedem einzelnen Anwender persönlich
wichtig sind. Pathways sortiert alle individuellen Datensammlungen in Klassifizierungen nach
Datengruppen, und zwar unabhängig von deren Speicherformat und -ort. Zusätzlich erstellt und
analysiert das Tool einzelne Anwendermuster zu den Dateiinhalten. Wie bei einem Abgleich von
Schablonen werden diese Muster miteinander verglichen, sodass Pathways nun jedem Nutzer andere
Datenquellen vorschlagen kann, die für ihn möglicherweise nützlich sind. Besonders in größeren
Unternehmen mit vielen Standorten, Abteilungen und Projekten bleiben den Mitarbeitern so
zeitaufwändige Neurecherchen erspart.

Pathways ist ein typisches "Social Computing Tool", weil es nicht nur eine schnellere Verlinkung
von Daten erlaubt, sondern auch die Arbeitsweise und Kommunikation der Mitarbeiter verändert. Jeder
Nutzer bezieht neue oder ergänzende Informationen nicht länger aus anonymen Datenbanken. Er erfährt
nun bei jedem Informationsaustausch, was Kollegen zum gleichen Thema denken oder wie Kollegen
ähnliche Probleme lösen. Rund-Mails mit nachfolgenden, unübersichtlichen Infoketten oder mühsame
Telefonate durch viele Abteilungsebenen sollen damit der Vergangenheit angehören.

Zusätzlich lassen sich "Expertenpools" zu Projektaufgaben oder Problemstellungen bilden. Im
Zusammenspiel mit Pages hebt Pathways den noch recht anonymen Austausch per E-Mail und Telefon auf
eine neue Ebene: Jeder Nutzer erhält über seine personalisierte Seite ein "Gesicht", entweder mit
Bildmaterial oder inhaltsrelevanten Mashups. So entstehen "Social Networks", die nicht nur die
Zusammenarbeit der Mitarbeiter verbessern, sondern auch neue Schnittstellen zu Partnern und/oder
Zulieferern schaffen können.

Mashup-basierende Applikationsentwicklung

"Ensemble" ist das dritte dedizierte Web-2.0-Produkt der Produktfamilie. Es ist in seinem Kern
eine so genannte Reverse-Proxy-Applikation, die es ermöglicht, beliebige URL-Adressierbare
Webapplikationen zu kapseln und mit Mashup-Techniken anzureichern. Webapplikationen oder
Seitenfragmente externer Applikationen können zu wieder verwendbaren Mashup-Elementen (Pagelets)
umfunktioniert werden, die sich dann wiederum zur Erweiterung anderer, über den Proxy angebundener
Applikationen heranziehen lassen.

Bei der Erstellung von Webapplikationen spielen Mashup-Techniken eine entscheidende Rolle.
Ähnlich wie bei kleinen Bannern oder Anzeigen ermöglichen sie die Einbindung von Daten, die
Mitarbeiter als Content auf einer unternehmenseigenen Web-2.0-Plattform hinterlegen. Im WWW sind
beispielsweise Flash-Videos von Portalen wie Youtube oder Sevenload bekannte Beispiele für
Mashup-Komponenten.

Durch die Integration von Pagelets über einfache XML-Tags lassen sich mit Ensemble Applikationen
und Mashups zu neuen Services kombinieren, die sowohl intern als auch extern verfügbar sind. Dies
ist beispielsweise von Vorteil, wenn Kunden über das Internet auf interne Anwendungen wie eine
Bilddatenbank zugreifen sollen, ohne selbst Bilder verändern oder einstellen zu dürfen.

Die Verwaltung der Applikationen übernimmt eine Full-Reverse-Proxy-Architektur. Für die
Einbindung der Anwendungen und Pagelets stehen entsprechende Authentication- und
Authorization-Mechanismen zur Verfügung (Web SSO, Single Sign-on), außerdem das so genannte
Credential Vault Mapping. Bereits bestehende externe SSO-Lösungen lassen sich integrieren.

Die Reverse-Proxy-Architektur von Ensemble ermöglicht darüber hinaus ein zentrales Monitoring
sowie ein übergreifendes Policy-Management. Anwendungen können bezüglich ihrer Nutzeraktivitäten
analysiert und über Policies vor unbefugter Nutzung geschützt werden.

Die Studie "Mashup the Enterprise" zeigt, dass Unternehmen den Mangel an Kontrolle als
wichtigstes Argument gegenüber Web-2.0-Anwendungen anbringen. So hielten 20 Prozent der Befragten
Sicherheitsbedenken für einen wichtigen Grund, aus dem sich eine Investition in die neuen Techniken
verzögert.

Skepsis gegenüber Kontrollfähigkeit

Tatsächlich können die vorgestellten Lösungen zu einer höheren Zuverlässigkeit im Sinne
definierter Service Level Agreements (SLAs) beitragen. Zusätzlich erleichtert Ensemble
IT-Entwicklern die optimale Anpassung von Web-2.0-Anwendungen an bereits bestehende IT-Systeme. Sie
können bestimmten Anwendergruppen den Zugriff auf neue Applikationen erlauben oder verwehren, aber
auch bereits bestehende Applikationen wie Diskussionsforen um zusätzliche Funktionen anreichern und
mit anderen Seiten vernetzen. Weitere Vorteile bringt die Social Computing Lösung beim Austausch
mit Kunden und Partnern mit sich, beispielsweise bei der Ergänzung eines bestehenden internen
Portals mit einer Kundenanwendung.

Social Networking am Arbeitsplatz

Der besondere Reiz und Nutzen von Social Computing Tools liegt für Unternehmen in den Social
Networks, mit denen die Qualität der Zusammenarbeit auf ein neues Niveau gehoben wird: Sie fördern
einen schnelleren Austausch, verbessern den Wissensstand der Mitarbeiter und vermehren so das
Unternehmenswissen. Schulungen und Trainings zum Umgang mit Web-2.0-Anwendungen sind oft
überflüssig, denn die meisten Mitarbeiter nutzen ähnliche Tools bereits in ihrer Freizeit, wie der
Erfolg personalisierter Webforen, Blogs und Wikis im WWW zeigt. Es liegt nahe, diese Freude am
Social Networking auch für eine Verbesserung der Unternehmenskultur und -kommunikation zu nutzen.
Zusätzlich lassen sich viele neue Anwendungen für die Arbeitspraxis entwickeln, zum Beispiel eine
Teilnahme an neuen CRM-Applikationen in Form eines Digg-Votings, das Vertriebsmitarbeiter zur
dynamischen Beurteilung ihrer Kundenreferenzen verwenden können.

Fazit: empfehlenswerter Griff in die Werkzeugkiste

Ein Griff in die Werkzeugkiste von Social-Computing-Lösungen ist nicht nur bei
unternehmensinternen Veränderungen sinnvoll. Sie helfen beispielsweise auch Entwicklungsabteilungen
beim Aufbau kollaborativer Netzwerke zwischen Mitarbeitern, Partnern und Zulieferern und
beschleunigen Forschung und Entwicklung. Mashup-Applikationen lassen sich beispielsweise als
Frontend für die Prozessautomatisierung einsetzen, wo sie verschiedene Schichten von Legacy
Systemen verbinden.

Die Perspektiven für die nahe Zukunft erscheinen also durchweg positiv: Es lohnt sich allemal
für Unternehmen, schon heute auf die Social-Computing-Technik zu setzen. Denn viele Mitarbeiter
werden bereits privat genutzte Web-2.0-Anwendungen wie Instant Messanger auch am Arbeitsplatz
eigenständig installieren. Dies kann zu Sicherheitsrisiken nach außen und einem Wildwuchs bei den
IT-Anwendungen führen, denen man mit der Einführung von Social Computing Tools leicht vorbeugen
kann.


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