Funknetze mit längerem Nutzwert

WLAN für die Zukunft planen

27. Juli 2012, 6:00 Uhr | René Kriedemann/jos, bei 2ndwave-WLAN Consulting tätig.

WLAN-Planungen gelten als aufwändig und damit als teuer. Die systematische Aufschlüsselung des Planungsprozesses in Abschnitte eines WLAN-Lebenszyklus soll aufzeigen, wie sich dieser Aufwand während der Vorplanungsphase durch eine Erweiterung des Planungshorizonts auf zehn bis 15 Jahre mehr als rechtfertigen lässt. Der reibungslose Betrieb einer WLAN-Infrastruktur setzt eine systematische Planung voraus. Bild 1 zeigt, dass es sich bei der umgangssprachlichen "Funkausleuchtung" oder "Site Survey" nur um einen Teilaspekt eines systematischen Planungsablaufs handelt.

Der Planungsprozess beginnt mit den Vorplanungen. Der nächste Schritt ist die auf Grundrissen basierende Gebäudemodellierung aus funktechnischer Sicht und die Simulation verschiedener Varianten der WLAN-Infrastruktur. Diese Planungsphasen sind unmittelbar nach der üblichen Ausführungsplanung des Bauprojekts parallel zu den übrigen Planungen für die technische Gebäudeausrüstung durchführbar.

Die Funkausleuchtung dient der Überprüfung des Gebäudemodells. Nur wenige für die Gebäudestruktur relevante WLAN-Funkzellen werden jedoch temporär installiert, vermessen und per RSS-Heatmap dokumentiert. Der Vergleich der Ausdehnung der vermessenen Funkzellen mit den simulierten entscheidet über Bestätigung oder Nachbesserung des Gebäudemodells. Entsprechend lässt sich die Gesamtplanung anpassen. Zeitlich erfolgt die Funkausleuchtung kurz vor Beendigung der Elektroinstallationsarbeiten. Die Chancen, auf einen weitgehend kompletten Baukörper zu treffen, sind dann am größten.

Die AP-Installation umfasst die Verkabelung und die Montage. Die Montageorte lassen sich nach der Planungsvorgabe komplett verkabeln. Wahlweise können sofort alle Montagepositionen mit APs besetzt werden. Alternativ kann der Monteur in einem Teil-Rollout der APs nur ein abgeschwächtes Anforderungsprofil für geringe Kapazitäten umsetzen.

Die Abnahmemessung der kompletten Infrastruktur ermöglicht eine fehlerfreie und dokumentierte Inbetriebnahme auf Basis der in der Vorplanung definierten Grenzwerte für Empfangssignalstärke (RSS), Signal-Rausch-Abstand (SNR) und Redundanz. Die Ergebnisse der Abnahmemessung sollte auch Heatmaps über Paketlaufzeiten und Paketverlustraten enthalten. Die Weitergabe der Abnahmemessungsdaten an eine mobile Monitoring-Lösung wie etwa die Android App "Mobile Survey" von Ekahau ist eine perfekte stationsbezogene Ergänzung zum zentralen AP-bezogenen WLAN-Monitoring der Infrastrukturhersteller.

Nach Ablauf der Betriebszeit der zuerst ausgerollten WLAN-Infrastruktur lassen sich bei erfolgter vorausschauender Vorplanung sofort neue APs mit höherer Leistung an den bestehenden Montagepunkten installieren. Die WLAN-Planung und die errichtete AP-Verkabelung kommen somit für einen weiteren Zyklus zum Einsatz und verlängern so den Planungshorizont.

Die kostendämpfende Verlängerung des Planungshorizonts auf zehn bis 15 Jahre ergibt sich durch die Neubewertung der Diskussion mit den Betreibern und Planern von ITK-Infrastruktur vor allem während der Vorplanungsphase. Darauf gehen die folgenden Überlegungen ausführlich ein.

Wichtigstes Ergebnis der Vorplanungen ist ein Anforderungsprofil, das unter anderem Mindestwerte für die Empfangssignalstärke (RSS), den Signal-Rausch-Abstand (SNR) und die Redundanz (Anzahl von APs mit bestimmter Mindestsignalstärke) festlegt. Ein Anforderungsprofil für "VoWLAN" führt zu einem größeren Mengengerüst als die Anforderung "E-Mail/Web/Video". Dies veranschaulicht auch Bild 2.

Zusätzliche Ressourcen (Funkzellen, APs) sind durch eine detaillierte Kapazitätsplanung generierbar. Dazu ist die Anzahl der Nutzer und die Anzahl und Klasse von Endgeräten pro Nutzer zu ermitteln. In Bild 3 ist eine Nutzeranzahl von 200 für ein Bürogebäude festgelegt. Die Planung geht davon aus, davon aus, dass alle Nutzer über ein Smartphone verfügen. Weitere Annahme ist, dass die Hälfte der Nutzer außerdem je ein Tablet oder ein Notebook verwendet. Tablets und Notebooks sind als Dual-Band-Geräte definiert. Smartphones gelten derzeit als Geräte, die ausschließlich im 2,4-GHz-Band arbeiten. Im Zahlenbeispiel können sich je 50 Prozent der Gesamtanzahl von Geräten auf die vorhandenen WLAN-Bänder aufteilen.

Bei einer gedachten Bürofläche von 2.000 m2 hätte jeder Nutzer bei gleichmäßiger Verteilung zehn Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Auf dieser Bürofläche gilt die Empfehlung, zwischen zwei und vier Datendosen zu planen.

Diese Tatsache soll Ausgangspunkt für den folgenden Exkurs sein, der sicher in vielen Vorplanungsgesprächen zu thematisieren ist: Die WLAN-Planung geht in die Überlegungen zur Verkabelungsplanung ein. Lange wurde in der Vergangenheit darüber spekuliert, ob WLAN die horizontale Verkabelung komplett ersetzen kann. Insbesondere in Deutschland beantworteten die Experten diese Frage überwiegend negativ. WLAN gilt höchstens als ergänzende Overlay-Infrastruktur für Teilfunktionsbereiche von Büros, die ausschließlich zusätzliche Kosten verursacht. Die WLAN-Gegner lassen sich in zwei Gruppen aufteilen: Erstens ängstliche ITK-Administratoren, Planer und Errichter, die sich um den Mehraufwand und die vermeintliche Unsicherheit, Unzuverlässigkeit und geringe Performance sorgen; zweitens Anbieter von Verkabelungssystemen, die um ihr Geschäft fürchten.

Beide Sorgen sind jedoch unbegründet. Durch die Mobilität der heutigen Computertechnik nehmen die potenziellen Gerätezahlen pro Quadratmeter Bürofläche eher zu als ab. Diese mobilen Geräte verfügen sinnvollerweise kaum über kabelgebundene Netzwerkanschlüsse. Mit einer Erhöhung der Anzahl der Datendosen pro Büroflächeneinheit kann man der zunehmenden Anzahl von mobilen Endgeräten natürlicherweise nicht begegnen. Eine hohe Anzahl von aktiven Netzwerkgeräten mit unterschiedlichen Nutzungsprofilen wie E-Mail, Chat, VoIP, Video, einem ERP/CRM-Zugang, Web-Recherche mit Video oder der Dateitransfer stellen eher hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit und natürlich auch an die Sicherheit von WLANs. Eine leistungsschwache, vorerst vermeintlich kostengünstige Overlay-Infrastruktur kann das nicht leisten.

Hohe Leistungsanforderungen führen tendenziell zu kleineren Funkzellen und höheren AP-Anzahlen und höheren Anschaffungskosten. Woher also die zusätzlichen finanziellen Mittel nehmen, um eine leistungsfähige WLAN-Infrastruktur zu planen und zu errichten? Der Anteil kabelgebundener Endgeräte nimmt ab. Daraus ergibt sich die Frage, warum weiterhin Port-Dichten von zwei bis vier pro zehn Quadratmeter Bürofläche nötig sind? Bereits heute sind die meisten der zur Erhöhung der Flexibilität eines universellen Verkabelungssystems überschüssig installierten Datendosen niemals im Betrieb.

An dieser Stelle besteht Einsparpotenzial. Man reduziere den Port-Überschuss und gegebenenfalls die Port-Dichte und stecke die gewonnen Mittel in eine hochwertige langfristig nutzbare Verkabelung für Access Points. Die Leistungsdaten von WLAN sind bereits mit den aktuellen Standarddefinitionen für den Ersatz der horizontalen Verkabelung geeignet. 450 MBit/s Funkzellenkapazität sind Stand der Technik. Die Gigabit-Schwelle ist mit dem bereits in Arbeit befindlichen WLAN-Standard IEEE 802.11ac überschritten. Ein weiterer Standard, IEEE 802.11ad, macht ein zusätzliches Frequenzspektrum bei 60 GHz für WLAN nutzbar. Mit dem Standard 802.11ac ändert sich für die Funkzellenplanung nichts. Bereits heute sollte neben 2,4 GHz die Planung von 5-GHz-Funkzellen selbstverständlich sein. Bei 60 GHz ist wegen der Wellenlänge im Millimeterbereich davon auszugehen, dass beste Signalqualitäten und damit Leistungsdaten nur bei Line-of-Sight- oder Near-Line-of-Sight-Funkstrecken (LOS oder NLOS) zu erreichen sind. Dies erfordert pro geschlossenem Büroraum eine Funkzelle und damit mindestens einen Access Point nach dem künftigen Standard 802.11ad ungefähr mittig je Raum.

Die Montagepunkte für APs sollten sich aus funktechnischer Sicht vorrangig in Deckenhöhe befinden. In unmittelbarer Nähe dieser Montagepunkte plant man auch die zugehörige Datendose. Aus Sicht der Kabelführung und Dosenmontage liegt hier der eigentliche Unterschied zur herkömmlichen Etagenverkabelung bei der Datendosen in der Regel im Brüstungskanal oder in Fußbodentanks platziert sind. Abhängig davon, wie viele herkömmliche Datendosen ersatzlos in den Deckenbereich wandern, kann eine WLAN-Infrastruktur entweder kostenneutral oder preiswerter im Vergleich zur herkömmlichen Etagenverkabelung sein. Dies ist die gute Nachricht für den Betreiber.

Die Hersteller von Verkabelungssystemen können sich trotz mehrheitlich drahtloser Anbindung der Endgeräte auf einen ähnlichen Bedarf an Gebäudekabel freuen wie bisher. Statt der Geräte selbst sind nämlich die WLAN-APs nach einem durch eine Kapazitätsplanung ermittelbaren Höchstbedarf für einen Planungshorizont von zehn bis 15 Jahren zu verkabeln.

Die APs sollten mit hochwertigsten Kabeln angebunden sind. Bei 6,93 GBit/s Bruttokapazität einer 5-GHz-Funkzelle nach IEEE 802.11ac und bis zu 600 MBit/s nach IEEE 802.11n bei 2,4 GHz (netto etwa 3,8 GBit/s) müssen die Links zu einem Dual-Band-AP 10 GBit/s störungsfrei transportieren. Sparschirmungen sind zu vermeiden. Wegen der üblichen PoE-Stromversorgung nach IEEE 802.3af (15 W) und at (30 W/60 W) empfehlen sich Querschnitte von AWG 22 statt der häufig aus Sparsamkeit eingesetzten AWG-23-Adern. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigeren Verkabelungskomponenten für die AP-Anbindung dürfte den Herstellern ebenfalls gefallen.

Fazit

Die umfassende Neubewertung der Überlegungen zur Vorplanungsphase eines WLAN-Lebenszyklus können die Ergebnisse einer heutigen WLAN-Planung für Zeiträume nutzbar machen, die derzeit für Planungen von strukturierten Etagenverkabelungen üblich sind. Der Boom bei Tablets und Smartphones und Marketingtrends wie BYOD verringern den Anteil von direkt per Kabel anschließbaren ITK-Endgeräten. Der Bedarf an verkabelten Ports sollte bereits in aktuellen ITK-Planungen reduziert und die Einsparungen für die hochwertige Verkabelung der WLAN-Infrastruktur genutzt werden. Der vorgestellte WLAN-Planungszyklus sollte deshalb schnellstens zum Denkmodell eines jeden ITK Planers gehören.

Bild 2. In die Anforderungsprofile gehen während der Vorplanung für alle Beteiligten (WLAN-Planer, Betreiber und Errichter) verbindliche Mindestwerte für die Empfangssignalstärke, den SNR und die Redundanz ein. Die Definition des Anforderungsprofils hat entscheidenden Einfluss auf das Mengengerüst/AP-Anzahl der folgenden WLAN-Planung. Zusätzlich ist für die Abnahmemessung ein Schwellwert für Paketlaufzeiten und Paketverlustraten festlegbar. Kanallastsimulationen sind ebenfalls möglich. Die Abbildung zeigt e

Bild 1. Der Begriff "Site Survey" oder eingedeutscht "Funkausleuchtung" umfasst nur einen Teilaspekt der Planungsschritte, die zu einem reibungslosen WLAN-Betrieb führen. Teil der Vorplanungen sollte eine ausführliche Anforderungsprofilerstellung inklusive einer detaillierten Kapazitätsplanung sein. Bedenkt man dabei Worst-Case-Szenarien, die etwa auf der feuerpolizeilich maximal erlaubten Personenzahl für ein Bürogebäude beruhen, kann eine Planung für mehrere Zyklen und somit für zehn bis 15 Jahre gelten.
LANline.

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu K&P Computer

Matchmaker+