Innovationen und Trends im Bereich Netzwerkzugang stellen die größte Bedrohung für das Kerngeschäft etablierter Telekommunikationsanbieter dar. Das ergab die aktuelle Disruptionsanalyse der Unternehmensberatung Iskander Business Partner (IB Partner).
Als im vergangenen Jahrzehnt Messaging-Dienste aufkamen und die SMS ablösten, haben Telekommunikationsunternehmen deren Disruptionspotenzial drastisch unterschätzt. Der Grund: Bei der Analyse der Gefahrenpotenziale haben sich diese ausschließlich auf einzelne Technologien und Produkte beschränkt. „Unabhängig voneinander betrachtet lieferten Technologie-Trends, beispielsweise in den Bereichen Smartphone, 3G-, 4G-, 5G-Netze und Chat-Dienste, kaum Warnhinweise, inwieweit neue Teilnehmer im Markt mit einer Kombination dieser Technologien neuen beziehungsweise besseren Kundennutzen kreieren – mit tiefgreifenden Folgen für das Mobilfunk-Kerngeschäft“, so Chris Willmanns, Berater bei IB Partner. „Umso wichtiger ist nun die genaue Analyse der nächsten Generation von Playern, die die Telko-Unternehmen in ihrem Kerngeschäft angreifen können.“
Genau an dieser Stelle setzt die IBP-Disruptionsanalyse an. Im Mittelpunkt der Datenbank-getriebenen Analyse steht ein oft vernachlässigter Faktor – der Kunde. Basierend auf der Frage „Warum kaufen Kunden bestimmte Produkte beziehungsweise Services?“ wurde zunächst das Investitionsvolumen, welches auf die jeweiligen Kundenversprechen (auch Propositions genannt) einzahlt, bestimmt. Neben der quantitativen Analyse wurden zusätzlich die relevanten Trends identifiziert, um das Disruptionspotenzial dieser anhand der Faktoren „Nähe zum Kerngeschäft“ und "Reaktionsfähigkeit der Unternehmen auf Veränderungen" einzuordnen.
Größtes Investitionsvolumen im Bereich Connectivity
Das Ergebnis zeigt deutlich: In der Telko-Branche geht die größte Disruptionsgefahr vom Bereich Konnektivität aus. Das Segment verzeichnet mit 40 Prozent aller Investitionen nicht nur das größte Investitionsvolumen, sondern ist auch inhärenter Teil des Kerngeschäfts der Telekommunikationsanbieter. Ein Umsatzeinbruch wäre hier also besonders schädlich. Beispielsweise setzen Start-ups in Ballungsgebieten auf neue „reine“ Internet-Netze oder kombinieren das große Angebot an Hot-Spots über einen automatischen Log-In zu dauerhaftem WiFi unterwegs. Auf solche Veränderungen können die Telekommunikationsunternehmen nur sehr langsam reagieren. Der Ausbau und die kurzfristige Anpassung der erforderlichen Netzwerke ist langwierig und teuer, was das Disruptionspotenzial des Connectivity-Segments zusätzlich erhöht. „Hier sollten Telkos detailliert prüfen, inwieweit auch ihr individuelles Kundenversprechen neu definiert werden könnte und welche Maßnahmen zu ergreifen sind“, sagt Philipp Aring, Berater bei IB Partner. „Denn setzt sich einer der Trends durch, öffnen sich dem Kunden neue Wege ins Internet. Den Telko-Anbietern würde eine wichtige Umsatzsäule wegbrechen.“
Geringere Disruptionsgefahr in anderen Bereichen
Auch in anderen Bereichen wie „Communication“ und „Devices“ konnte ein kontinuierlicher Anstieg der Investitionen beobachtet werden. Deren Disruptionspotenzial wird allerdings wesentlich geringer eingeschätzt. So werden im Bereich Communication eher bestehende Möglichkeiten optimiert. Der Bereich Devices wird hingegen vergleichsweise weit vom Kerngeschäft entfernt verortet.
„In erster Linie heißt Disruption Veränderung – diese kann sowohl negativ, als auch positiv sein. Unternehmen sollten hier eher in Chancen als in Risiken denken und auf Basis der ganzheitlichen Analyse die richtigen Maßnahmen ergreifen, um diese neuen Umsatzpotentiale zu erschließen“, stellt Chris Willmanns fest. „Das ist besser, als sich auf eine "Verteidigung des bestehenden Umsatzes" zu fokussieren.“