Der Wert moderner Unternehmen liegt mehr und mehr in Anwendungen und Daten. Kara Sprague von F5 Networks erklärt, wieso das effektive Anwendungsmangement für den Erfolg des nächsten Amazon, Google, Microsoft oder Netflix entscheidend sein wird.
Viele Jahrtausende lang wuchs die Wirtschaft nur sehr langsam. Dies lag am geringen Bevölkerungswachstum und dem schrittweise zunehmenden Handel über immer größere Entfernungen hinweg. Die Umwandlung von Rohstoffen in Fertigwaren erfolgte ausschließlich durch manuelle Arbeit und Verfahren – häufig nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Nach beinahe 5.000 Jahren Geschichte änderte die industrielle Revolution alles. Unternehmen mit Fabriken und Maschinen, dem so genannten Sachkapital, machten große Sprünge in der Fertigung. Produktivität und Durchsatz stiegen deutlich, und die Welt wurde ein bisschen kleiner.
Im 20. Jahrhundert kam es zu einer Explosion der dienstleistungsorientierten Branchen. Dadurch wurden die Mitarbeiter – oder auch das Humankapital – bei vielen Unternehmen zum Maß für die Unternehmensleistung. Heute erleben wir einen weiteren wichtigen Schritt nach vorn, denn immer mehr Firmen beginnen nun mit der digitalen Transformation ihres Geschäftsbetriebs. Der Wert des modernen Unternehmens liegt zunehmend in seinen Anwendungen und Daten.
Deshalb lässt sich argumentieren, dass Anwendungen genau genommen die wichtigste Ressource des digitalen Unternehmens sind. Es seien nur einige Beispiele genannt: Facebooks Sachausgaben für Rechnerinfrastruktur betragen lediglich 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr, bei knapp 30.000 Mitarbeitern – sein Anwendungsportfolio hat jedoch einen Wert von über einer halben Billion US-Dollar. Das ist mehr als das BIP von fast 26 Ländern der Welt. Netflix hat fast keine Sachausgaben und etwa 5.500 Mitarbeiter – mit einem Anwendungsportfolio im Wert von 175 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Disney, eine der bekanntesten Marken der Welt, Betreiberin riesiger Freizeitparks sowie Inhaberin eines gewaltigen Medienimperiums, wird auf einen Wert von 160 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Bevor ich zu F5 kam, war ich 15 Jahre lang bei McKinsey tätig und predigte den Kunden immer, dass die wichtigste Ressource eines Unternehmens seine Mitarbeiter seien. Jetzt nicht mehr. Wir sind im Zeitalter des Anwendungskapitals angekommen.
Unternehmen horten Anwendungen
Mittelgroße Unternehmen haben im Normalfall mehrere hundert Anwendungen in ihrem Portfolio. Einige große Kunden aus dem Banksektor, die ich kennengelernt habe, verfügen über mindestens 10.000. Und trotzdem haben die meisten Unternehmen, die ich gefragt habe, nur eine ungefähre Ahnung von der Zahl ihrer Applikationen. Meist geben sie sie nur sehr vage Antworten auf die Fragen, wer für die Anwendungen zuständig ist, wo sie ausgeführt werden und ob sie Risiken ausgesetzt sind. Zweifellos haben dieselben Unternehmen stark in das Management ihres Sach- und Humankapitals investiert. Das gleiche lässt sich aber leider nicht über ihre Anwendungen sagen.
Die Auswirkungen sind niederschmetternd. Sicherheit, konsistente Richtlinien, Compliance, Performance, Analysen und Überwachung (um nur einige Aspekte zu nennen) sind jeweils komplex, teuer und auch ein Wettbewerbsproblem für immer mehr Unternehmen, deren Anwendungen auf eine verwirrende Kombination aus Rechenzentren, Co-Location-Einrichtungen und Public Clouds verteilt sind.
In unserer neuesten Kundenbefragung gaben fast neun von zehn Unternehmen an, bereits mehrere Clouds zu nutzen, wovon 56 Prozent sagten, dass sie ihre Cloud-Entscheidungen derzeit anwendungsspezifisch treffen. Rechnet man das hoch, sind hunderte Variationen möglich, bei denen die Anwendungen der Unternehmen in sehr unterschiedlichem Maße unterstützt werden.
Die Folge ist, dass zahlreiche wertvolle Unternehmensressourcen allenfalls nur schlecht beaufsichtigt werden und im schlimmsten Fall anfällig für Angriffe sind. Angesichts des Unternehmenswerts, der Anwendungen zuzurechnen ist, wird es meiner Meinung nach nicht mehr lange dauern, bis Unternehmen dem Management und der Überwachung ihres Anwendungsportfolios die angemessene Aufmerksamkeit und entsprechende Ressourcen widmen.