Ein Hit und alle machen mit. Diese Strategie könnte auch Nokia fahren. Anstatt »Gangnam Style« müsste man sich dann aber auf »Finn-Pop« und Polka einstellen.
Geschäfte werden von Menschen gemacht, ist eine alte Vertriebsweisheit. Wie sehr Menschen aber nicht nur die Geschäfte, sondern auch den Wert einer Firma beeinflussen können, bedauert man bei HP nicht erst seit Leo Apotheker. Dass sogar Personen den Aktienkurs nach oben treiben können, die mit dem Unternehmen nur am Rande in Verbindung stehen, diese Erfahrung macht derzeit ein nicht allzu erfolgreicher Ausrüster für Halbleitertests. DI Corp., beheimatet im Seouler Stadtteil Gangnam hat seinen Aktienkurs gerade verfünffacht. Der Grund ist der weltweite Video-Hit »Gangnam Style« des Sängers Psy, im bürgerlichen Beruf Sohn des DI-Chairmans. Das tanzende Glittermoppelchen hat zwar mit Halbleiter-Ausrüstung nichts am Hut - die Anleger hegten trotzdem irrationale Erwartungen, dass das Unternehmen von dem Hype irgendwie profitieren könnte, vermuten die Analysten.
Auf einen solchen Effekt hatten visionäre Firmenlenker, wie Infineon-Chef Ulrich Schumacher, schon vor Jahren spekuliert. Sein Auftritt beim Börsengang im Rennporsche und mit Rennfahrer-Verkleidung führte jedoch nicht zu der erhofft dynamischen Entwicklung der Aktie. Auch vom Glamour der Zuffenhausener Edelmarke färbte auf Infineon nichts ab. Ein Fehlschlag, der Nachahmer bis heute nicht entmutigt hat. So hat Blackberry-Bauer RIM bei der Wahl des CEO Thorsten Heins alle Karten auf dessen wohlklingenden Namen gesetzt. Die Hoffnung, dass das positive Markenimage von Heins Ketchup ein wenig Glanz auf den angekratzten eigenen Brand abstrahlen würde, hat sich bislang allerdings nicht erfüllt.
Bei Nokia, wo die Not noch größer ist, soll man bereits vor zwei Jahren auf eine noch kreativere Idee verfallen sein. CEO Stephen Elop wurde nicht etwa wegen seiner Software-Kompetenz von Microsoft geholt. Der Manager hatte es in seiner Heimatstadt Sankt Olaf in Minnesota vielmehr als Polka-Juniorenmeister zu lokalem Ruhm gebracht. Zwei Jahre vor dem Gangnam-Style-Hype hatte der finnische Hersteller bereits die Pläne für ein Polka-Video Clip mit Elop fertig in der Schublade. Technische Probleme verzögerten die Umsetzung des Projektes jedoch bis heute. Den Nokia-Entwicklern gelang es nicht, ein Smartphone zur Serienreife zu bringen, mit dem sich das Elop-Video in HD-Qualität aufnehmen und auf YouTube posten ließ. Elop soll bereits auf der Abschussliste stehen. Wie aus Unternehmenskreisen durchsickerte, verhandelt Nokia jetzt mit einem IT-Manager, der Akkordeon spielen und dazu mit Wodka-Gläsern jonglieren kann.