Virtual und Augmented Reality gelten als große Trend-Technologien – nicht nur in der Computerspiele-Industrie. Doch welche Bedeutung kommt ihnen speziell im Business-Umfeld zu? Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen des ersten funkschau Business Talk "VR/AR – Herausforderung B2B" diskutiert.
Playstation VR, HTC Vive, Oculus Rift, Pokémon Go, Microsoft HoloLens, Google Daydream – die Hard- und Software-Launches im Virtual-Reality-Umfeld der vergangenen Zeit haben entsprechend hohe Erwartungen an die „neue alte“ Technologie geschürt. Kaum ein Tag vergeht seither, an dem nicht ein neues Projekt verkündet wird. Die Bandbreite an Themen, Branchen und Unternehmen ist groß: vom Start-up bis zum Global Player, von Gaming bis Tourismus, ob Medizin oder Journalismus, vom Architekten bis zum Händler.
Doch dem Hype zum Trotz: Virtual und auch Augmented Reality sind noch weit vom Massenphänomen entfernt. Betrug der Verbreitungsgrad von VR-Brillen im Jahr 2016 noch zwei Prozent, so ist es in diesem Jahr gerade einmal ein Prozentpunkt mehr – so das Ergebnis der „Deloitte Global Mobile Consumer Survey 2017”, welche VR eine Flaute nach dem Hype attestiert. Ist die Technologie also schon im freien Fall, bevor sie überhaupt die Chance hatte, zum Massenphänomen zu werden?
Benjamin Rieck, Solcom: “Mit VR kann man schneller, kosteneffizienter, besser arbeiten. Es ist ein Werkzeug, um am Ende Wettbewerbsvorteile zu haben – vorausgesetzt man setzt es richtig ein.”
Virtuelle Welt (noch) nicht in der Realität angekommen
Fest steht – da sind sich alle Teilnehmer des Business Talk einig –, dass der erwartete Hype bisher ausgeblieben ist. In den seltensten Fällen sei man so weit, von einer kommerziellen Marktdurchdringung der Technologie sprechen zu können. Vielmehr bewege man sich derzeit noch auf dem Niveau von Pilotprojekten, Einzellösungen oder Proof of Concepts (PoCs). Doch woran liegt das genau? Welche Faktoren tragen, speziell auch im B2B-Umfeld, zur Abflachung des Trends bei? Die entscheidenden Hürden – hier herrscht ebenfalls Konsens unter den Gesprächsteilnehmern – seien vorrangig die Faktoren Hardware und Content. Auch wenn die Leistung der Geräte in den vergangenen Jahren einen Sprung gemacht habe, gäbe es noch zahlreiche, technologische Einstiegshürden: angefangen von der bisweilen noch nicht universell einsetzbaren Trackingtechnologie über die Kabelgebundenheit bis hin zur Auflösung der verbauten Displays. Ebenso die Preisfrage: Auch wenn die Kosten für Hardware wie HTC Vive und Oculus Rift in einem atemberaubenden Tempo sinken, bleibt eine professionelle VR-Vollausstattung nach wie vor kostspielig. Potenzielle Käufer warten im Zweifel noch neue Modelle ab, die einige der bestehenden technischen Schwachstellen beseitigen.
Klaus Herbert, HP Deutschland: “Wir haben Anwendungsbeispiele noch und nöcher – Turbinenbegehung, Chirurgen, die sich aus MRT-Daten ein Operationsfeld aufbauen können, Trainings… Die Vorstellungskraft ist das einzige, was uns ein Limit setzt.”
Doch der Markt ist ein dynamischer – und so schnell ein Ab kommt, so schnell kann es auch wieder ein Auf in der Wellenbewegung der innovativen Technologie geben. So bieten einige Hersteller bereits VR-Devices mit einer Bildqualität von bis zu 8K. Und erste drahtlose Brillen (Stichwort Microsoft HoloLens) drängen auf den Markt. Besonders wichtig ist dabei, dass die Verzögerung zwischen physischer Bewegung und deren Übertragung in die virtuelle Realität möglichst gering gehalten wird – unter 20 Millisekunden ist dabei der Richtwert – um die sogenannte „Motion Sickness“ zu vermeiden. Auch habe der, zugegeben punktuelle, Hype um das AR-Spiel Pokémon Go gezeigt, dass es mitunter einer echten „Killer-Applikation“ bedarf, die das komplette Marktsegment auf eine neue Stufe heben kann. Der Ausbau der entsprechenden Breitband-Infrastruktur, getrieben durch die Netzbtreiber hierzulande, trage ihr Übriges dazu bei. „Aber weshalb es sich bisher nicht wirklich durchgesetzt hat, war der Nutzen im B2B-Bereich“, ist Lars Vogel, Head of Digital Transformation bei T-Systems MMS, überzeugt. Oft fehle nach der Ausprobierphase der langfristige Mehrwert. Und gerade im Business-Umfeld falle eine Entscheidung in der Regel aufgrund einer RoI-Betrachtung. „Das heißt, der Nutzen muss sich irgendwie quantitativ darstellen lassen“, so Vogel.