Das Thema FTTX oder Glasfaser im Zugangsnetz wird jetzt auch hier zu Lande marktrelevant. Den Carriern stehen zur Implementierung eine Reihe verschiedener Architekturen zur Auswahl.
Die Entscheidung für und die Implementierung dieser FTTX-Archtiekturen (Fiber To The X) ist für den Carrier jeweils eine eminent wichtige Weichenstellung. Die Architekturen unterscheiden sich zunächst einmal dadurch, wie weit die Glasfaser bis zum Kunden verlegt wird. Während die Deutsche Telekom bei ihrem VDSL-Projekt bis zu den Kabelverzweigern geht (FTTC, Curb), gehen einige alternative Anbieter schon bis in die Gebäude (FTTB, Building).
Für die Carrier gilt es zunächst den Block der Investitionskosten (Grabung, aktives und passives Equipment) zu betrachten, aber natürlich können auch die Betriebskosten nicht außer Acht gelassen werden. Darüber hinaus sind technische Aspekte wie etwa die Zuverlässigkeit und die Interoperabilität der gewählten Lösung oder die mit ihr erreichbare Bandbreite für den Endkunden zu beachten, denn sie entscheiden den Markterfolg mit. Die funkschau fragte bei wichtigen Markt-Playern nach ihrer Meinung zum Thema. Sie sollten erklären, welche FTTX-Architekturvariante sie bevorzugen und warum.
WDM-PON interessante Variante
Dr. Stephan Neidlinger, Director, Global Business Development Strategic Accounts WDM bei Adva Optical Networking: „Eine interessante und viel versprechende neue Systemvariante für FTTX-Netze, welche die Vorteile der heutigen Techniken Active Ethernet und E/GPON in sich vereint und die Nachteile vermeidet, ist WDM-PON (Wavelength Division Multiplex PON). Hierbei werden deutlich geringere Betriebskosten, verglichen mit Punkt-zu-Punkt-Netzen, durch den Einsatz von nur einem Glasfaserpaar im Hauptkabelbereich erreicht. Dieses Hauptglasfaserkabel stellt die Verbindung zwischen Central Office und einem passiven Wellenlängenmultiplexer her, indem optische Signale mit unterschiedlichen Wellenlängen auf einzelne Ausgangsglasfasern aufgeteilt werden, die wiederum mit den Häusern verbunden sind. Anders als in E/GPON-Lösungen wird eine skalierbare und transparente Diensteübertragung mit unterschiedlichsten Bandbreiten sowie beliebige teilnehmerindividuelle Hochrüstbarkeit ermöglicht. Höchste Sicherheit und Verfügbarkeit wird durch die logische Trennung der Endteilnehmersignale mit separaten Wellenlängen geboten und ‚unbundling’ beziehungsweise ein ‚Open-Access-Network’-Ansatz wird auf einfache Weise unterstützt.
Eine besonders elegante Architekturvariante ergibt sich, wenn die WDM-PON-Lösung in C/DWDM-Backhaul-Systeme integriert ist, wobei die Reichweite des Zugangsnetzes hierbei bis zu 100 Kilometer betragen kann. Mit diesem Ansatz wird nur ein Gerät im Central Office benötigt, was Schnittstellenanzahl, Platzbedarf und Leistungsaufnahme verringert und damit positiv zur Energieeffizienz beiträgt.
Unsicherheiten im regulatorischen Bereich verzögern den zügigen Ausbau von FTTX-Netzen. Unbundling von Glasfasern und -kanälen könnte Abhilfe schaffen. Des Weiteren ist die Annahme (und Bezahlung) der neuen Breitband-Dienste durch die Kunden unklar. Und abschließend ist die Erschließung der einzelnen Häuser mit Glasfaserinfrastruktur zeitaufwändig.“
GPON geeignetste Lösung
Klaus Hilbers, Technical Sales/Wireline Access bei Alcatel-Lucent: „Hat sich ein Netzbetreiber für die Erschließung von Gebäuden durch Glasfaser im Rahmen eines so genannten FTTX-Projektes entschieden, stellt sich die Frage nach der technologischen Realisierung. Häufig werden dazu in Modellbetrachtungen drei verschiedene Ausgestaltungen betrachtet: ‘Point to Point’, Active Ethernet und GPON. Aus theoretischer Sicht wäre die Anbindung eines jeden Nutzers durch eine dedizierte Glasfaser in einem so genannten Punkt-zu-Punkt-Netz unschlagbar einfach und zukunftssicher zu realisieren. Die damit verbundenen Infrastrukturkosten disqualifizieren die Lösung allerdings genau so schnell wieder, da sich die bei Entfernungen bis zu zwanzig Kilometer nicht nur die Verlege- und Materialkosten, sondern auch die Bündeldicken und die damit verbundene Komplexität in heute nicht zuverlässig beherrschbaren Größenordnungen bewegen.
Zur Entschärfung dieser Problematik wurde die Idee geboren, die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen entsprechend zu verkürzen und eine erste, aktive Ethernet-Aggregationsstufe näher beim Nutzer aufzubauen. Gleichzeitig wird dadurch das Einzugsgebiet und die Anzahl der Fasern reduziert. Der optimale Punkt zur Platzierung des Verkehrskonzentrators ist dabei häufig indirekt vorgegeben, da der zumeist verwendete Ethernet-Switch vor Umwelteinflüssen geschützt und mit Strom versorgt werden muss. Mit dieser Realisierung kann man also die Investitionskosten im Vergleich zu ‚Punkt-zu-Punkt’-Netzen senken, verschiebt allerdings erhebliche Aufwände in die zukünftige Verwaltung, Überwachung und Wartung der zahlreichen aktiven Netzelemente. Idealerweise ist also dieser Aggregationspunkt mit passiver Technik auszustatten, um sowohl die Investitionskosten als auch die operativen Aufwände zu optimieren. Genau hierzu liefern die nach ITU 984.x standardisierten GPON-Komponenten unter Verwendung von passiven optischen Splittern die geeignetste Lösung. Aspekte wie ausreichend Bandbreite pro Teilnehmer, Sicherheitsaspekte, Zukunftssicherheit und Verwaltbarkeit sind dabei schon frühzeitig und im Standard verankert gelöst worden.“
VDSL ist guter Kompromiss
Ron Levin, Associate VP Product Marketing bei ECI Telecom: „Den größten Mehrwert zur Differenzierung der Serviceprovider stellt das eigene Netz dar. Operatoren differenzieren sich nicht nur durch das Anbieten von Diensten mit hohem Bandbreitenbedarf voneinander, sondern auch durch Netzintelligenz. Glasfaser in der Zugangsnetzebene – FTTX ist die Lösung für Serviceprovider, die ihren Kunden mehr bieten wollen. Die Frage ist wie weit die Glasfaser im Zugangsnetz ausgebaut wird. Es gibt zwei grundsätzliche Erwägungen. Erstens: die Entfernung zwischen dem Endkunden und dem HVT, bedingt durch die Limitierung der Kupferleitungen. Zweitens: die Kapitalaufwendungen. Je weiter die Glasfaser im Zugangsnetz ausgebaut wird, umso höher werden die initialen Kapitalaufwendungen und die operativen Ausgaben, da mehr Systemtechnik betrieben werden muss. Die in deutschen Städten umgesetzte Kombination, mit Glasfaser zum KVZ und kupferbasierter VDSL-Technologie zum Endkunden ist ein guter Kompromiss, um genügend Bandbreite für die nächste Zukunft bereitzustellen und die Kosten und Komplexität für den Ausbau auf ein Minimum zu beschränken. Abhängig von dem aktuellen Netzausbau, dem abgeschätzten Bandbreitenbedarf, und den geplanten Investitionen für Netzausbau und Netzbetrieb des Carriers entscheidet sich, welches Ausbauszenario gewählt werden sollte.“