NIFIS kritisiert Lauschangriff

Google sammelt Metadaten beim Telefonieren über Android

4. Juli 2016, 11:00 Uhr | Elke von Rekowski

Heftige Kritik an Google übt jetzt ein deutscher Sicherheitsverein. Er wittert einen großen Lauschangriff, der mit dem der NSA vergleichbar ist. Im Visier von Google: Android-Nutzer.

Wer mit einem Android-Smartphone telefoniert, hat eingewilligt, dass die Metadaten aller seiner Gespräche aufgezeichnet und ausgewertet werden. Darauf weist jetzt die Nationale Initiative für Informations- und Internet-Sicherheit e.V. (NIFIS) hin und verweist auf die aktuelle Datenschutzerklärung von Google vom 25. März dieses Jahres, die sie gemeinsam mit dem internationalen Information Security Forum des Diplomatic Council, der die Vereinten Nationen berät, unter die Luße genommen hat. Demnach räumt sich Google laut Datenschutzerklärung ein, die »Telefonnummer, Anrufernummer, Weiterleitungsnummern, Datum und Uhrzeit von Anrufen, Dauer von Anrufen, SMS-Routing-Informationen und Art der Anrufe« in «Telefonieprotokollen« zu erfassen und zu speichern. Das Telefonat selbst werde nicht belauscht.. »Niemand hört mit«, habe schon US-Präsident Barack Obama beim Auffliegen der NSA-Affäre abgewiegelt. »Nichts könnte irreführender sein«, widerspricht der NIFIS-Vorsitzende RA Dr. Thomas Lapp und erklärt: »NSA wie Google können aus den Metadaten verknüpft mit weiteren Informationen tief in die Privatsphäre eindringen, Beziehungsgeflechte aufspüren und den sozialen Kontext sowohl des Einzelnen als auch ganzer Bevölkerungsgruppen herausfinden.«

Metadaten verraten (fast) alles

Der Rechtsanwalt verweist in diesem Zusammenhang auf die Experimente mit der Mainway-Datenbank an der Stanford-Universität. Dabei wurden die Android-Metadaten von rund 500 Probanden, die sich freiwillig an dem Feldversuch beteiligten, fünf Monate lang verfolgt. 91 Prozent der vermeintlich anonymen Telefonanschlüsse konnten binnen dieser Zeit eindeutig einer Person zugeordnet werden. Allein anhand der Metadaten waren Rückschlüsse etwa auf Geschlechtskrankheiten oder außereheliche Affären möglich. »Wenn jemand die Anonymen Alkoholiker, einen Scheidungsanwalt, eine Abtreibungsklinik oder eine Call-Girl-Nummer anruft, dann lassen sich daraus durchaus Schlussfolgerungen ziehen, ohne die Gespräche mithören zu müssen"« nennt der NIFIS-Vorsitzende plastische Beispiele.

Dr. Lapp geht zwar davon aus, dass die Datenschutzerklärung von Google nach deutschem Recht ungültig ist, weil die informierte Einwilligung fehlt. »Schließlich ist kaum davon auszugehen, dass die meisten Android-Nutzer verstehen, dass Google sich herausnimmt, die Metadaten aller ihrer Gespräche auszuwerten. Dieses Verständnis wäre aber die Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der Erklärung. Das ändert allerdings nichts daran, dass Google genau dieses Recht für sich in Anspruch nimmt«, so der Rechtsexperte. Viele hätten sich daran gewöhnt, dass Google alles wisse über ihre Geräte, ihre Suchanfragen, ihre besuchten Webseiten, ihre E-Mails, ihren Standort und diese Daten auch eindeutig einer namentlich bekannten Person zuordnen könne. Lapp ist davon überzeugt: »Es dürfte aber doch für die meisten eine Überraschung sein, dass sie Google das Recht einräumen, ihre Telefongespräche zu beobachten, während sie sich bei NSA & Co. genau darüber empören.«


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