Ob die Generation 65-Plus tatsächlich spezialisierte »Senioren Devices« bevorzugt, ist dagegen eher fraglich. »Die speziell als Senioren-Handys vermarkteten Geräte waren meist wenig erfolgreich«, sagt Weicksel. »Diese wurden oft seitens der Zielgruppe als Stigmatisierung empfunden.« Dass im höheren Alter andere Ansprüche gelten, scheint dagegen klar auf der Hand zu liegen. »Legt der Teenager Wert auf die Marke und den In-Faktor eines Produkts, so achten Senioren auf Qualität, Sicherheit und Funktionalität«, erklärt José Martins, Director Sales DACH bei Ordissimo, Anbieter von Notebooks und Tablets mit einer einfach zu bedienenden Nutzeroberfläche. »Für die ältere Generation sind Verlässlichkeit und einfache Bedienung die entscheidenden Kriterien beim Kauf«, so Martins. Hier könnte ein Software-seitiger Ansatz überzeugen. Googles Betriebssystem Android und auch Apples iOS bieten eine vielfältige App-Auswahl. In einer Top 13-Liste für Senioren-Apps nennt Security-Anbieter Kaspersky beispielsweise Skype, um mit Familie oder Freunden in Kontakt zu bleiben, oder »Silver Surf«, ein Browser speziell für ältere Menschen. Doro bietet mit »Doro Experience« gar einen kompletten UI-Aufsatz für Android, der im oft komplex gestalteten Mobile OS nicht nur für größere Icons sorgt, sondern ein Cloud-basiertes Management-System bietet. Über dieses können Dritte Einstellungen ändern und flexibel Hilfestellung leisten.
Letztendlich liefern diese Ansätze für Mobile Devices nicht nur dem ITK-Markt an sich ein wachsendes Geschäftsfeld, sondern auch dem Healthcare-Bereich immer mehr technische Möglichkeiten. »Mit den richtigen Apps werden beispielsweise Blutdruck oder Herzfrequenz fortlaufend überwacht und aufgezeichnet, bei starken Unregelmäßigkeiten können auf Wunsch automatisch Ärzte oder Angehörige informiert werden«, erklärt Johannes Weicksel vom Bitkom. Im Vergleich zum gelegentlichen Messung beim Arztbesuch bekämen sowohl Patient wie auch Arzt einen besseren Überblick über den aktuellen Gesundheitszustand. Laut dem Branchenverband hat sich die Zahl der Angebotenen Apps aus den Bereichen Gesundheit und Fitness mit nunmehr 70.000 Programmen seit 2010 verzehnfacht. Und nicht nur Smartphones und Tablets, auch die Entwicklung der Wearable Devices ermöglicht eine detailreiche Patientenüberwachung. »Gerade im Seniorenmarkt ist es sinnvoll, über die etwas anderen Aktionen und Kooperationen nachzudenken«, erklärt Schweiger. Laut dem IVS-Geschäftsführer ist die Arbeit mit Hörgeräteakustikern, Optikern und Apothekern, bis hin zu Pflegediensten interessant, um neue Kunden zu gewinnen. Die Arbeit im vertikalen Markt Healthcare geht also neben Partnerschaften mit Krankenhäusern und Ärzten, mit breiten Möglichkeiten im kompletten Gesundheitsumfeld einher. Technische Entwicklungen können schon jetzt für eine höhere Lebensqualität für Senioren und ihre Familien sorgen.
In erster Linie kann von der Entwicklung der wachsenden Kundengruppe und Produktauswahl der stationäre Fachhandel profitieren. Voraussetzung ist es, die Bedürfnisse der Käuferschaft zu kennen. »Service und Beratung sind der Schlüssel zum Erfolg und hier kann der Fachhandel punkten«, sagt Helmut Schweiger. Senioren würden nicht im Internet nach dem niedrigsten Preis recherchieren, sondern sind dankbar für das persönliche Gespräch und eine gute Betreuung. Laut Schweiger ist die Zielgruppe für Treue und Loyalität bekannt und wird gerne auch bei anderen Anschaffungen auf die Händler zurückkommen. In diesem Bereich hat der Retail also einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Etail und besonders in Zukunft gilt es auch für den ITK-Handel, sich mit einer alternden Kundschaft zu beschäftigen. »Der demographische Wandel hat auch eine positive Seite: Die Senioren von morgen und übermorgen kennen fast alle Internet und Handys aus dem Privat- und Berufsleben«, so Weicksel. »Das werden sie im Alter nicht missen wollen.«