Simultaninterview

Nachgehakt: Netzneutralität

24. März 2011, 10:01 Uhr | Von Claudia Rayling

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

De-Cix

Frank P. Orlowski, Director Business Development & Marketing De-Cix.
© De-Cix

funkschau: Braucht es Qualitätsklassen oder ist das Best-Effort-Prinzip ausreichend?
Frank P. Orlowksi: Bis heute funktioniert und skaliert das Internet nach dem Best-Effort-Prinzip. Täglich werden viele Terabyte Videoinhalte transportiert und Hunderttausende von Internet-Telefonaten geführt. So lange die Netzbetreiber technisch in der Lage sind, Anschluss- und Backbone-Kapazitäten auch und speziell mit dem Einsatz neuer Zugangstechnologien zu skalieren, gibt es keinen Handlungsbedarf und das Best-Effort-Prinzip ist ausreichend.

funkschau: Droht mit dem Kippen der Netzneutralität Diskriminierung, Innovationsrückgang bis hin zur Zensur? Ist die Offenheit des Webs in Gefahr?
Orlowski: Ein Kippen der Netzneutralität bedeutet das Ende des Internet, wie wir es kennen. Nur wenn jeder Rechner des Netzes mit jedem anderen Rechner mit maximaler Bandbreite und jedem Inhalt kommunizieren kann, funktioniert es. Man geht mittlerweile sogar davon aus, dass es bereits eine Verbindung zwischen der Verfügbarkeit, der Qualität und dem Preis von Internet-Connectivity sowie dem Wirtschaftswachstum einer Region gibt.

funkschau: Was hat der User vom Kippen der Netzneutralität? Wo liegt für ihn der Nutzen?
Orlowski: Einen tatsächlichen Nutzen von dem vieldiskutierten „Netzmanagement“ würde man dort ziehen können, wo der Treiber tatsächlich technischer Natur ist. Als Beispiel sind die Mobilfunknetze zu nennen. Vor dem Hintergrund kann es sinnvoll sein, einzelne Dienste, wie zum Beispiel Filesharing auszubremsen. Ein Blocken von Ports oder Diensten ist aber hier aus meiner Sicht nicht nötig.

funkschau: Bremsen Qualitätsklassen am Ende die Bereitschaft zum Infrastrukturausbau?
Orlowski: An dieser Stelle ist nicht auszuschließen, dass die Befürworter von Serviceklassen und einem Ende der Netzneutralität, Qualitätsklassen tatsächlich dafür nutzen wollen, den gelieferten Internet-Access stärker zu monetarisieren. Darüber hinaus kann das „Netzmanagement“ Verkehrsströme so reduzieren, dass Ausbaumaßnahmen zurückgefahren werden können.

funkschau: Wenn man den Schritt zur „Liberalisierung“ geht, welche Rolle spielt dann die Regulierung? Brauchen wir ein Gesetz?
Orlowski: Zum jetzigen Zeitpunkt besteht meines Erachtens seitens des Regulierers keine Notwendigkeit einzuschreiten. Sobald absehbar ist, dass die „Major Player“ entsprechende Vereinbarungen miteinander treffen, die nicht im Interesse der anderen Marktteilnehmer sind, sollte der Regulierer hellhörig werden. In Deutschland steht man, verglichen zu den USA, erst am Anfang der Netzneutralitätsdebatte.


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