Simultaninterview

Nachgehakt: Netzneutralität

24. März 2011, 10:01 Uhr | Von Claudia Rayling

Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Spacenet

Sebastian von Bomhard, Vorstand Spacenet.
© Spacenet

funkschau: Braucht es Qualitätsklassen oder ist das Best-Effort-Prinzip ausreichend?
Sebastian von Bomhard: Qualitätsklassen sind dann sinnvoll, wenn sie technische Gründe haben. Prekär wird es jedoch, wenn vor allem große Konzerne auf diesem Weg versuchen, den Wettbewerb auszuhebeln und die Grundsätze des Peerings verletzen, des gleichberechtigten Datenaustauschs unter Providern.

funkschau: Droht mit dem Kippen der Netzneutralität Diskriminierung, Innovationsrückgang bis hin zur Zensur? Ist die Offenheit des Webs in Gefahr?
Von Bomhard: Der Begriff Netzneutralität ist nicht eindeutig definiert. Selbst wenn man zwischen Neutralität gegenüber Inhalten, Diensten, Datenverkehr unterscheidet, sind die Grenzen fließend. Insofern kann die „Netzneutralität“ auch nicht „kippen“. Versteht man darunter Kontrolle von Inhalten und Diensten, dann würde dies Ungleichheit und Ungerechtigkeit erzeugen.

funkschau: Was hat der User vom Kippen der Netzneutralität? Wo liegt für ihn der Nutzen?
Von Bomhard: Möchte man unter „Kippen der Netzneutralität“ verstehen, dass verschiedene Qualitätsstufen bei der Datenbeförderung geschaffen werden, dann profitiert der Anwender von der Optimierung von datenintensiven und -sensiblen Services wie VoIP oder VoD. Denn bei einer E-Mail ist eine Verzögerung von einigen Sekunden akzeptabel, nicht bei VoIP-Paketen.

funkschau: Bremsen Qualitätsklassen am Ende die Bereitschaft zum Infrastrukturausbau?
Von Bomhard: Network-Management ist einer der möglichen Wege zum Ausbau von Infrastruktur. Letztlich zählt nur die Leistungsfähigkeit des Netzes. Sichergestellt muss vielmehr, dass die Inhalte einzelner Anbieter nicht bevorzugt werden, und dass nicht der Ausbau auf die lukrativsten Gebiete beschränkt werden darf.

funkschau: Wenn man den Schritt zur „Liberalisierung“ geht, welche Rolle spielt dann die Regulierung? Brauchen wir ein Gesetz?
Von Bomhard: Es ist den Märkten bisher immer gelungen, sich aus eigener Kraft zu „regulieren“. Da erst bei drohendem Marktversagen eingegriffen werden sollte, ist die Zeit für eine Regulierung nicht gekommen. Der Markt ist stark genug, etwaige Schieflagen kurzfristig zu beseitigen. Das ist stets zu bedenken, wenn man glaubt die Auswüchse einzelner Marktteilnehmer durch Regulierung eindämmen zu müssen.


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