Einen deutlichen Qualitätsschub erhält die heute meist übliche Sprachübertragung von Smartphones mit EVS. Forscher haben diesen Audiostandard entwickelt, der das komplett hörbare Frequenzspektrum überträgt.
Smartphones sind wahre Alleskönner, doch die Sprachqualität beim Telefonieren war viele Jahre lang unverändert. Mit dem neuen Standard Enhanced Voice Services (EVS) wird sich das ändern. Mit ihm klingen die Worte des Telefonpartners so natürlich, als ob er neben einem stehen würde. Für die Entwicklung des Codecs sind Forscher des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2017 ausgezeichnet worden.
Angestoßen wurde der Codec vom internationalen Gremium für Mobilfunkstandardisierung 3rd Generation Partnership Project (3GPP). Daran war auch ein großes Team des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen maßgeblich beteiligt. Die Anforderungen an einen solchen Standard sind hoch. »Die Grundvoraussetzung besteht zunächst einmal darin, Sprache in guter Qualität zu übertragen – und zwar bei niedrigen Datenraten, so dass die Übertragung wirtschaftlich bleibt«, sagt Markus Multrus, der die Software-Entwicklung für den Codec am Fraunhofer IIS koordiniert. Zudem sollte der Codec robust gegenüber Fehlern bei der Übertragung sein, damit das Gespräch bei schlechten Empfangsbedingungen nicht unterbrochen wird. Weiterhin sollte der Codec auch mit anderen Signalen gut auskommen – und etwa Musik in Warteschleifen in guter Klangqualität übertragen.
Zwischen den bisherigen Codes und EVS gibt es deutliche Unterschiede: »Das menschliche Ohr nimmt Frequenzen bis ca. 20 Kilohertz wahr«, erläutert Guillaume Fuchs, der die wissenschaftliche Entwicklung von EVS am Fraunhofer IIS vorangetrieben hat. »Der bisherige Codec übermittelt allerdings nur Tonsignale in einem Frequenzbereich bis 3,4 Kilohertz – der Bereich zwischen 3,4 und 20 Kilohertz wird schlichtweg abgeschnitten. Daher klingt die Stimme dumpf.«Der neue Codec übertrage hingegen je nach Bitrate Frequenzen bis 16 beziehungsweise bis 20 Kilohertz. Damit umfasst der Codec das komplette hörbare Frequenzspektrum – bei Datenraten, die mit bisherigen Mobilfunkcodecs vergleichbar sind.
Bevor ein neuer Codec jedoch als Standard gesetzt werden kann, muss er zeigen, was er kann. In zahlreichen Hörtests wurde der Codec weltweit von mehreren Tausend Testpersonen bewertet. Mit guten Ergebnis: Die Hörer beurteilten den neuen Standard signifikant besser als die bisherigen Verfahren. Mittlerweile ist der Codec in 3GPP standardisiert. »In Japan, Korea, den USA und Deutschland wird EVS bereits kommerziell eingesetzt«, sagt Stefan Döhla, der das Fraunhofer IIS im Gremium vertritt. Schätzungen zufolge seien bereits 50 bis 100 Millionen Geräte mit EVS ausgerüstet. So bieten zum Beispiel Vodafone und die Deutsche Telekom ihren Kunden bereits mit Crystal Clear beziehungsweise HD Voice Plus Mobiltelefonie an, die auf dem EVS basiert. Erforderlich sind außerdem geeignete Smartphones, die es unter anderem von Samsung und Sony gibt.