Lars, but not Least - Breitbandausbau in der Praxis

So dreist veräppelt Kabel Deutschland seine Kunden

30. Oktober 2014, 15:31 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Dann bauen Sie das Netz halt selber aus«

Während IT-Profis immerhin das nötige Fachwissen haben, um solche Methoden zumindest zu erkennen, wenn sie schon nicht viel gegen die lahmen Ausreden der Service-Center unternehmen können, sieht es für weniger versierte Nutzer noch weitaus schlechter aus. Wie einige Versuche mit einem CRN-Redakteur zeigen, werden sie teilweise so dreist über den Tisch gezogen, dass man an Versehen kaum mehr glauben kann. In einem von uns begleiteten Fall hatte Kabel Deutschland beispielsweise eine Familie von der klassischen DSL-Konkurrenz (in diesem Fall ausgerechnet der neue eigene Mutterkonzern Vodafone) mit dem Versprechen auf schnelleres und billigeres Internet abgeworben. Tatsächlich wurde mit der Umstellung zum Jahreswechsel jedoch der Preis höher und die Geschwindigkeit deutlich geringer. Dabei war der Preis noch das geringste Problem. Hier war es lediglich ein völlig überflüssiges Sicherheitspaket, das den Kunden als quasi obligatorisch verkauft worden war und den Preis selbst mit Rabattierung im ersten Jahr über jenen der alten DSL-Flatrate steigerte.

Wesentlich gravierender war allerdings auch hier die nicht gelieferte Geschwindigkeit. Statt »bis zu 100 Mbit/s«, die im Verkaufsgespräch noch als realistisch dargestellt worden waren, surften die Neukunden von Anfang an ebenfalls nur mit etwa 3 Mbit/s Download-Geschwindigkeit. Wo es beim vorherigen Anbieter mit durchschnittlich etwa 10 Mbit/s vereinzelte Ruckler und Hänger gegeben hatte, ging jetzt oft fast gar nichts mehr. Richtig ärgerlich wurde es jedoch, als auch diese Kunden sich entschlossen, an unserem Experiment teilzunehmen und im Beisein der CRN den Support zu kontaktieren. Nachdem auch hier einige Vertröstungen ergebnislos geblieben waren, beschloss die Familie, zu der unter anderem auch eine promovierte Juristin gehört, den Druck auf Kabel Deutschland zu erhöhen. Beim nächsten Telefonat wurde deutlich gemacht, dass man eine Lieferung von 3 Prozent der erwarteten Geschwindigkeit nicht länger akzeptieren voll bezahlen werde. Daraufhin offerierte der Support den Umstieg auf einen kleineren und günstigeren Vertrag mit »bis zu 32 Mbit/s«, und versprach, dieser Wert sei ab August im betroffenen Wohngebiet auch tatsächlich verfügbar.

Bei den Kontrollen in den folgenden Monaten zeigte sich allerdings schnell, dass sich an der Geschwindigkeit rein Garnichts geändert hatte. Statt sich deshalb zu entschuldigen, wurden die Mitarbeiter im Service-Center jetzt allerdings erst richtig dreist. So legte einer der Kundenbetreuer etwa einfach auf, nachdem man das weiterhin bestehende Problem geschildert hatte, den erneuten Speedtest auf der Seite von Kabel Deutschland allerdings durchgeführt hatte, ohne dabei als Kunde eingeloggt zu sein. Eine weitere Service-Kraft mutmaßte patzig, dass man wohl etwas falsch angeschlossen habe müsse, obwohl in ihren Kundendaten doch ersichtlich sein sollte, dass ein Mitarbeiter des Anbieters die Installation kostenpflichtig vorgenommen hatte. Als der Familienvater bei der erneuten Zusicherung eines baldigen Endes der Bauarbeiten und des damit einhergehenden Geschwindigkeitsschubs schließlich fragte, warum er dieser bislang mehr als hohlen Versprechung weiterhin glauben solle, fiel dann sogar der unglaubliche Satz: »Wenn Sie glauben, dass Sie das Netz schneller ausbauen können, können Sie es ja selber machen!«.

Wie CRN inzwischen herausgefunden hat, ist Kabel Deutschland in der Stadt tatsächlich seit einigen Monaten mit Ausbauarbeiten beschäftigt. Diese werden sich auch noch einige Zeit lang hinziehen. Dass man im festen Wissen um damit einhergehende Engpässe den Kunden dennoch Fantasiegeschwindigkeiten versprechen und sie mit überteuerten Verträgen abzocken kann, ist zwar mit gesundem Menschenverstand kaum nachvollziehbar, aber doch der traurige Alltag vieler Kunden in der deutschen Telekommunikationslandschaft – nicht nur bei diesem Anbieter. Es wird also höchste Zeit, dass sich die Verantwortlichen in der Politik auf ihren Auftrag der Vertretung ihrer Bürger und der deutschen Unternehmerschaft besinnen und endlich klare Regeln schaffen, die einem solchen Gebaren, das in fast allen anderen Branchen schlichtweg »Betrug« genannt würde, endlich und endgültig ein Ende bereiten. Damit der Rest der Welt uns nicht vollends abhängt und die Regierung nicht auch noch letzten kläglichen Rest ihrer digitalen Glaubwürdigkeit verspielt.


  1. So dreist veräppelt Kabel Deutschland seine Kunden
  2. »Dann bauen Sie das Netz halt selber aus«

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Kabel Deutschland GmbH

Matchmaker+