Für die neuen Triple-Play-Dienste ist es notwendig, die potenzielle Übertragungs-Qualität der Kupferkabel zu überprüfen. Ein neues Verfahren ermöglicht es, die Güte von einem Leitungsende aus zu testen. Das spart Zeit und Kosten.
Von Paul Marr und Alfonso Domesi
Da die Netzbetreiber heute mehr als je zuvor darum kämpfen, ihren Kunden mehr Unterhaltungs- und Kommunikationsdienste zu einem günstigeren Preis als ihre Mitbewerber anzubieten, stellen sie an ihre installierten Infrastrukturen auch weitaus höhere Leistungsanforderungen als früher. Neue hochbitratige Technologien wie ADSL2+ und VDSL2 ermöglichen die Übertragung mehrerer Videoströme mit hoher Auflösung (HD). Diese erfordern jedoch auch Leistungsparameter, die zum damaligen Zeitpunkt der Verlegung der Kabel noch nicht absehbar waren. Heute besteht eine der wichtigsten Herausforderungen für die Netzbetreiber darin, die Qualität der Kupferdoppeladern im Anschlussbereich sowie deren Fähigkeit einzuschätzen, neue Technologien und Dienste, insbesondere IPTV, zu unterstützen.
Zur Vermeidung der Abwanderung von Kunden sowie zur Erhöhung der Umsätze bieten die Netzbetreiber ihren Kunden heute neue Dienste wie IPTV an. Es ist jedoch erforderlich, zu überprüfen, ob die für die Übertragung dieser neuen und modernen Dienste vorgesehenen Doppeladern überhaupt in der Lage sind, die sehr hohen Datenraten zu bewältigen. Um auf der sicheren Seite zu sein, entscheiden sich die Betreiber häufig für das Grooming dieser Doppeladern.
Normalerweise ist die Vorqualifizierung ein zeitraubender und kostenintensiver Prozess. Doch die von Exfo angebotene Technologie zur Analyse der Video- und DSL-Datenraten von einem Leitungsende versetzt die Netzbetreiber in die Lage, die nackten Adern mit nur einem Techniker und einem Tester kostengünstig zu überprüfen und einzuschätzen. So werden Abschnitte erkannt, die die neuen Technologien unterstützen, und sie wissen, wann ein Grooming von Leitungen überflüssig ist und können abschätzen, ob der vorhandene Kundenanschluss für die neuen, höher bitratigen und umsatzstärkeren Dienste wie IPTV nutzbar ist.
Seit vielen Jahren messen die Anbieter von Telekommunikationsdiensten die Rauschleistung an analogen Telefonleitungen (POTS) zur Ermittlung der (in diesem Fall hörbaren) Erlebnisqualität (QoE). Mit dem Übergang von Wählmodems zu den neuen hochbitratigen DSL Technologien wie der diskreten Mehrfrequenzübertragung (DMT) haben sich die an die Bewertung der Adernqualität gestellten Anforderungen jedoch wesentlich geändert. DMT ist das von fast allen ADSL-, ADSL2+-, VDSL- und VDSL2-Modems verwendete Übertragungsverfahren. Bei diesen neuen Technologien reicht aber eine simple Rauschmessung nicht länger aus. Nun ist eine komplexere Analyse zur Qualifizierung der Leitung und Abschätzung des Leistungsverhaltens eines DSL-Dienstes gefordert.
Es kommt darauf an, zu verstehen, wie DMT zur Übertragung der digitalen Daten von der Vermittlungsstelle (CO) zum Kundenanschluss eingesetzt wird. DMT verwendet mindestens 256 analoge Träger (ADSL, bei ADSL2+ sind es 512) mit einem Abstand von jeweils etwa 4 kHz.
ADSL2+ benötigt für die Übertragung aller 256 Träger insgesamt 2,2 MHz der Frequenz der Anschlussleitung. Die Träger sind in Abhängigkeit von den zu übertragenden Ketten aus schnellen Einsen und Nullen in regelmäßigen Abständen amplitudenmoduliert. Daher kann jeder Träger jederzeit eine von 16 Amplituden aufweisen.
Wenn der Anwender sein DSL-Modem einschaltet, führen das Modem in der Vermittlungsstelle (CO) und das Modem der Kundeneinrichtung (CPE) eine Analyse aller Träger aus, um den Signal-Rausch-Abstand (SNR) zu prüfen und auf dieser Grundlage die Anzahl der bei dieser Frequenz zu übertragenden Datenbits anzupassen. Im Ergebnis dessen führt das System (CO + CPE) die Zuweisung der Daten auf dem Frequenzband aus, wobei zur Erzielung der eingerichteten Datenrate viele verschiedene Frequenzen genutzt werden. Bei DSL wird die verfügbare Datenrate durch drei wesentliche Faktoren eingeschränkt:
1. Technologie: In Abhängigkeit von der verwendeten Technologie (ADSL, ADSL2+ oder VDSL2) ändern sich die maximale Anzahl der Träger und die Bandbreite. So unterstützt ADSL bis zu 8 MBit/s im Downstream, während es bei ADSL2+ bis zu 24 MBit/s sind.
2. Dienstprofil: Je nachdem, welchen Dienst der Anbieter verkaufen möchte, kann er in der Vermittlungsstelle die maximal verfügbare Datenrate eingrenzen. Das heißt, dass die Kupferdoppelader zwar durchaus 18 MBit/s übertragen könnte, in der Vermittlungsstelle das Dienstprofil aber auf 7 MBit/s begrenzt wurde. Die Betreiber bieten ihren Kunden im Allgemeinen gestaffelte Dienste zu unterschiedlichen Preisen an und diese Staffelung wird über unterschiedliche Profile realisiert.
3. Leitungsqualität: Bedingt durch den Zustand der Kupferleitung (das heißt Rauschen, Dämpfung und SNR) wird unter Umständen nicht die volle verfügbare Datenrate unterstützt. Während die Servicetechniker auf die beiden erstgenannten Faktoren keinen Einfluss haben, stehen ihnen bei der Leitungsqualität Korrekturmaßnahmen zur Verfügung.
Dabei besteht das Ziel darin, die Kupferleitung einzuschätzen, gegebenenfalls zu reparieren und die physischen Eigenschaften mit Blick auf die mögliche Unterstützung der eingerichteten Dienste zu qualifizieren.
Bei ADSL2+ und VDSL2 als den Schlüsseltechnologien für die Bereitstellung von IPTV und Video sind neue Leistungs- und Dienstniveaus erforderlich. Zur Vermeidung des mit unnötigen Reparaturen verbundenen Kostenund Zeitaufwands ist es unerlässlich, die Leitungsqualität zu kennen und zu wissen, wann wirklich ein Grooming erforderlich ist. Eine korrekte Bewertung der Adern vor der Bereitstellung von IPTV und Video erhöht das Vertrauen in den Erfolg neuer Dienste und fördert die Gewinnung neuer Kunden.