Die Bundesregierung fordert von der Wirtschaft 50 MBit/s schnelle Internet-Anschlüsse auch in der Fläche. Andererseits erlaubt die Bundesnetzagentur der Telekom, den Ausbau dort zu stoppen, wo die Hälfte der Bevölkerung mit nur einem Mbit/s surfen kann.
Als leistungsfähige Industrienation will Deutschland in Sachen Breitband-Geschwindigkeit nicht Ländern wie Südkorea oder Japan hinterherhinken. Deshalb erwartet die Bundesregierung von den Netzbetreibern einen flächendeckenden Breitbandausbau, der Geschwindigkeiten von 50 Mbit/s ermöglicht.
Dort, wo Konkurrenten der Deutschen Telekom das Netz ausbauen wollen, stellt sich der Bonner Riese aber immer öfter quer, beklagt der Branchenverband VATM. Die Telekom beruft sich demnach in immer mehr Fällen auf eine Verfügung der Bundesnetzagentur, die es ihr erlaubt, den Ausbau zu verhindern, wenn in einem Ausbaugebiet 50 Prozent der Bevölkerung zumindest mit einem (!) MBit Surf-Tempo angeschlossen sind. Für mehr Geschwindigkeit könnte hier der Aufbau neuer Kabelverzweiger mit Glasfaser-Anschluss sorgen. Dies aber werde blockiert, heißt es beim VATM.
Ein konkretes Beispiel führt Alexander Lucke, Geschäftsführer der DNS:NET Internet Service GmbH, an: In der brandenburgischen Stadt Ludwigsfelde mit den Ortschaften Schiaß und Mietgendorf will sein Unternehmen die Anschlüsse ausbauen. Doch obwohl dort derzeit nicht einmal mit einem Mbit/s gesurft werden kann, stellt sich die Telekom quer: Gegen eine Anordnung der Bundesnetzagentur hier einen Netzausbau vorzunehmen hat die Telekom vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage eingereicht. Begründung: Das Netz gehöre der Telekom. Sie habe kein Interesse, den Wettbewerbern die Möglichkeit zu geben, die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern, wo sie dies selbst nicht tut.
Gegen die Telekom-Politik wehren sich jetzt die VATM-Mitgliedsunternehmen. Norbert Westfal, Geschäftsführer der EWE TEL GmbH: »Die Mindestversorgungsgrenze von einem MBit/s muss unverzüglich aufgegeben werden, wenn gleichzeitig die Regierung der Wirtschaft das Ziel setzt, flächendeckend 50 MBit/s anzubieten«.
Härter geht VATM-Chef Jürgen Grützner mit der Telekom und ihrem Hauptanteiseigner – dem Bund – ins Gericht: »Eigentum verpflichtet, so steht es im Grundgesetz und so sollte das gemeinsame Verständnis sein, wenn es darum geht, Deutschland mit Breitband zu versorgen«. Mit der Forderung nach Remonopolisierung aller Kabelverzweiger auf dem Land und einem Investitionsstopp für schnelleres Vectoring der Wettbewerber werde die Telekom ihrer Verantwortung nicht mehr gerecht, betont Grützner. »Die Bundesregierung als größter Anteilseigner muss diesem Spuk endlich ein Ende machen wenn, ihre enorm ambitionierten Ausbauziele nicht zur Farce werden sollen«, fordert der VATM-Geschäftsführer.