VATM-Präsident Martin Witt bezog bei der Vorstellung der 20. TK-Marktstudie wie folgt Stellung: „Die Festnetz-Liberalisierung der vergangenen 20 Jahre ist eine echte Erfolgsstory – vor allem zugunsten der Endkunden. Das zeigt auch die Marktstudie.“ Nur ein funktionsfähiger Infrastruktur- und Dienstewettbewerb garantiere vielfältige Angebote, einen funktionierenden Verbraucherschutz, erschwingliche Preise, Innovationen und Investitionen sowie die Teilhabe an der fortschreitenden Digitalisierung. Die Telekom dominiere derzeit weiterhin den deutschen Festnetz-Markt. „Fast 75 Prozent aller Anschlüsse werden physikalisch auf dem Netz des Ex-Monopolisten bereitgestellt. Die Vectoring-Entscheidung zugunsten der Telekom hat die Abhängigkeit der Wettbewerber von Vorprodukten der Telekom erhöht.“ Die Politik dürfe nicht immer wieder den Fehler begehen, auf neue Monopole zu setzen.
„Der Koalitionsvertrag und der neue europäische Kodex EECC bieten gute Grundlagen. Jetzt müssen die Ziele der Bundesregierung mit dem EECC umgesetzt werden – mit weniger Bürokratie und mehr Wettbewerb“, unterstrich Witt. Der Plan der Bundesregierung für die Migration von Mega- zu Gigabit müsse Anfang 2019 stehen. „Wir brauchen neue, einfache und klare Spielregeln für alle“, so der VATM-Präsident. So müsse der diskriminierungsfreie Netzzugang – Open Access – sinnvoll gestaltet werden. Wenn Open-Access-Verhandlungen scheitern beziehungsweise es ein nicht marktkonformes Verhalten gebe, müsse die Bundesnetzagentur weiterhin als Schiedsrichter eingreifen können – unter dem Motto „mehr Markt wagen, aber keinesfalls die Kontrolle verlieren“. Aufgrund der großen Bedeutung von 5G für die Digitalisierung müsse das Versteigerungsverfahren bis November überarbeitet sein. „Hier müssen wir eine starke Infrastruktur mit starkem Wettbewerb schaffen“, sagte Witt.
Drei Mal Gigabit-Voucher sind drei Mal besser als alte Förderung
Wichtige Verbesserungen müssten auch beim Bau und der Förderung vorgenommen werden. „Die Verwaltung in Ländern und Kommunen muss 2019 einheitliche Genehmigungsverfahren implementieren“, fordert der VATM-Präsident. Zudem spricht sich der Verband für die Einführung von Vouchern aus. Außerhalb der Ballungsgebiete und schon mit Gigabit versorgten Gebiete gäbe es für jeden Hausanschluss, aber auch jeden Gigabit-Vertrag einmalig 500 Euro sowie für Wohnungsanschlüsse im Haus je 150 Euro. „Die Einführung von Vouchern würde die Nachfrage steigern, den eigenwirtschaftlichen Ausbau deutlich beschleunigen und den verbleibenden Förderbedarf senken“, ist Witt überzeugt.
In vielen Städten starte jetzt der Glasfaserausbau oder stehe kurz bevor. „Hier wäre es ein wichtiges Signal, dass die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur die Verpflichtung der Telekom zum Überbau mit alter Vectoring-Technologie in den Nahbereichen der Hauptverteiler beendet, wenn die Telekom die FTTB/H-Anschlüsse anderer Anbieter nutzt. Baut sie selbst FTTB/H statt Vectoring aus, ist die Telekom schon heute von der Vectoring-Ausbau-Verpflichtung befreit. Mit einer solchen Gleichstellung beim Glasfaserausbau helfen Politik und Regulierer all den Unternehmen, die wirklich Glasfaser bis zum Kunden ausbauen“, betont Witt: „Vor allem aber nutzt es auch den Telekom-Kunden, die so statt 100- MBit/s-Vectoring echte Gigabit bekommen können. Das ist allemal besser, als die nächsten Jahre weiter Vectoring auszubauen. `Gemeinsam Gigabit schaffen´ bedeutet auch gemeinsam nutzen und nicht den Business Case in den Kommunen verschlechtern, in denen echte Glasfaser angeboten wird. Dieses wäre mit einem Federstrich möglich, denn die Telekom würde lediglich aus der bestehenden – und für das neue Ziel der Bundesregierung absolut kontraproduktiven – Ausbauverpflichtung entlassen.“