Auch der Women in Cybersecurity Report weiß Lösungen: »Unsere Untersuchung zeigt ermutigende Anzeichen dafür, dass es Frauen gelingt, sich einen Weg zum beruflichen Erfolg zu bahnen, indem sie eine höhere Ausbildung anstreben und sich trotz traditioneller Hindernisse wie der unterschiedlichen Bezahlung für Führungspositionen qualifizieren.« Wenn Frauen in ihrem Beruf erfolgreich sind, würden sie als Vorbilder für andere Frauen dienen, die in die Cyber Security einsteigen wollen, so die Autoren. »Um starke, adäquat besetzte Cyber Security-Teams aufzubauen, müssen Arbeitgeber – und die Cyber Security-Branche als Ganzes – Cyber Security zu einer lohnenden und einladenden Karriere für alle machen. Das Verständnis der Herausforderungen, mit denen unser Berufsstand konfrontiert ist, ist ein wichtiger erster Schritt, um dieses Ziel zu erreichen und letztendlich die wachsende Lücke in der Cyber Security-Belegschaft zu schließen.«
Es gibt in der Tat genügend Frauen, die mit positivem Beispiel vorangehen und sich als Vorbilder zeigen: Janina zur Mühlen beispielsweise arbeitet als Senior Channel Marketing Managerin bei Mimecast, Anbieter für Daten- und E-Mail Security. Sie ist eine von wenigen Frauen, die sich in einer noch sehr Männner-dominierten Arbeitswelt behaupten. Eine Karriere im Bereich Cyber Security hatte zur Mühlen aber eigentlich nicht angestrebt: »Ehrlicherweise hat sich das einfach so ergeben. Ich bin definitiv kein Techie! Selbst wenn man bislang keine Berührungspunkte zu neuen Technologien hatte, so bietet dieses Feld fast unbegrenzte Möglichkeiten. Ich bin mir sicher, dass jede Frau darin Facetten ausfindig machen kann, die ihr zusagen. Insbesondere im Bereich Cybersecurity passiert jeden Tag so viel in der Welt, was ich wahnsinnig spannend finde. Man muss sich täglich neuen Herausforderungen und Veränderungen stellen – Cyber Security ist sehr schnelllebig, da auch die Cyberkriminellen nicht schlafen. Selbsterklärend, dass jede Frau in diesem zukunftsweisenden Umfeld viel lernen kann.« Als Frau in einer ›Männerdomäne‹ sagt sie aber: »Gewiss ist es eine Challenge sich in einer noch sehr männerdominierten Arbeitswelt zu behaupten. Dies birgt aber selbstverständlich auch Vorteile und ich arbeite sehr gerne mit meinen Kollegen zusammen. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass sich eine ausgewogene Diversität in Teams positiv auf den Workflow auswirkt, mehr Kreativität sowie den Austausch und das Miteinander fördert.«
An starken Vorbildern mangelt es nicht. Frauen in der Tech-Branche waren von Anfang an dabei: Hinter dem ersten Universalcomputer namens ENIAC standen sechs Programmiererinnen: Jean Bartik, Marlyn Wescoff Meltzer, Ruth Lichterman Teitelbaum, Kay McNulty Mauchly Antonelli, Frances Spence und Frances Elizabeth Holberton. Trotz ihrer bahnbrechenden Arbeit veröffentlichte die Armee nie die Namen der Frauen, die an der ENIAC arbeiteten, und sie wurden weitgehend vergessen, bis Kathy Kleiman, Co-Produzentin and Co-Autorin mit »The Computers: The Remarkable Untold Story of the ENIAC Programmers« auf ihre Geschichte aufmerksam machte. Suchmaschinen, wie wir sie heute kennen, basieren auf dem Konzept der inversen Dokumentfrequenz, das 1972 von Karen Spärck Jones, Professorin am Cambridge Computer Laboratory, entwickelt wurde. In Deutschland mangelt es ebenfalls keinesfalls an Vorbildern. Um nur einige zu nennen: Zoe Adamovicz etwa ist Mitbegründerin und CEO von Neufund, einer Blockchain-basierten Plattform für Investoren, die bisher mehr als 20 Millionen US-Dollar gesammelt hat. Die Unternehmerin hatte Positionen bei Deloitte, der Fox Entertainment Group und der an der Nasdaq gelisteten Digital Turbine Inc. inne. Julia Wiencirz ist Managerin des Solution Engineering-Teams bei Applause, dem Unternehmen, das Software testet und Usability-Feedback-Untersuchungen durchführt. In einem ihrer Interviews sagte sie: »Mich interessieren die Veränderungen, die Technologie bewirken kann. Bei technischen Neuerungen frage ich mich weniger: Wie funktioniert das genau? Sondern immer: Welche Auswirkungen hat das? Welche Veränderungen bringt der Einsatz mit sich? Dient die Lösung wirklich dem Kunden?«
Vorbilder, Role Models, gute Beispiele sind also ganz und gar nicht rar und sie allein sind auch nicht die Lösung, wie Tijen Onaran Unternehmerin sagt: »Es ist wichtig, dass Frauen sich sichtbar machen, als Vorbild für andere Frauen. Aber es geht in unserer Gesellschaft nicht darum, Frauen ›zu verbessern‹, sondern die Strukturen zu verbessern.« Onaran ist Investorin, Autorin und Gründerin von Global Digital Women und hat anlässlich des intrnationalen Weltfrauentags am 8. März 2021 am Webinar »Ladies in Tech« von Salesforce als Speakerin teilgenommen. Sie erklärt zudem: »Wir brauchen diverse Perspektiven am Tisch. Insbesondere beim Coding brauchen wir einen anderen und einen neuen Blick.« Deshalb engagiert sie sich in ihrer Arbeit für Global Digital Women dafür, große Tech-Unternehmen davon zu überzeugen, sich dieses Ziel zu setzen. Jedes Unternehmen sollte sich Vielfalt auf die Fahne schreiben und danach streben. Lucia Falkenberg, Chief People Officer bei Eco, ergänzt in dem Webinar: »Gebt Frauen eine Stimme innerhalb der Unternehmenskultur!«
Die Gesellschaft und die Unternehmen jeder Größe müssen das Potential von Frauen also erkennen und auch akzeptieren. Frauen sollten auf allen Ebenen mit am Tisch sitzen und dafür braucht es strukturelle Veränderungen, die dankenswerterweise auch Männern zu Gute kommen, wie etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.