Bei Kaspersky ist man der Ansicht, Microsoft missbrauche seine Marktmacht, um den »Windows Defender« in den Vordergrund zu rücken und Sicherheitslösungen anderer Hersteller zu behindern.
Der russische Security-Spezialist Kaspersky hat sich an die EU-Kommission und das Bundeskartellamt gewandt, damit diese untersuchen, ob Microsoft seine dominante Position auf dem Markt für Betriebssysteme ausnutzt, um die Hersteller von Sicherheitssoftware zu behindern. Bei Kaspersky ist man der Ansicht, mit Windows 10 habe Microsoft damit begonnen, die Nutzer zum »Windows Defender« zu drängen, und Hürden für die Anwendungen von Drittanbietern geschaffen. Das Ergebnis seien ein geringerer Schutz für die Nutzer, eine Einschränkung ihrer Rechte, Software frei zu wählen, sowie finanzielle Einbußen für Nutzer und Security-Hersteller.
Insgesamt fünf Sachverhalte sollen die Wettbewerbshüter prüfen. Zum einen dass Microsoft den Nutzern von Windows 10 den Einsatz des Windows Defenders nahelegt und empfiehlt, ihn anstelle anderer installierter Sicherheitssoftware zu nutzen – zumal die Aussagen zu den Fähigkeiten und Qualitäten des Windows Defenders in der Werbung irreführend seien, so Kaspersky. Zum anderen dass Microsoft das Herunterladen, Installieren und Aktualisieren von Security-Software anderer Anbieter behindert. Als Beispiel führen die russischen Sicherheitsspezialisten die Tatsache an, dass Windows 10 anders als frühere Windows-Versionen nicht mehr darauf hinweist, wenn der Virenschutz veraltet ist.
Darüber hinaus bemängelt Kaspersky, dass in einigen Fällen beim Upgrade auf Windows 10 wichtige Treiber für die Sicherheitslösungen anderer Anbieter entfernt werden, sodass diese nicht mehr funktionieren. Die Nutzer würden dadurch ihre bezahlte Lizenz verlieren, Microsoft weise nur darauf hin, sie müssten eine kompatible Version herunterladen.
Außerdem kritisiert Kaspersky die feste Verknüpfung von Windows 10 und Windows Defender, durch die das Microsoft-Programm nicht komplett deinstalliert werden kann. Und zu guter Letzt stelle Microsoft die neuen Versionen von Windows 10 nur noch wenige Tage vor der Veröffentlichung für andere Software-Anbieter bereit und nicht mehr zwei Monate vorab wie früher. Als Hersteller benötige man aber diese zwei Monate, um die eigenen Produkte unter der neuen Version zu testen und sie anzupassen, heißt es bei Kaspersky. Da man diese Zeit nicht habe, könne es nach einem Windows-Upgrade Kompatibilitätsprobleme geben.
Es sei sehr schwer zu glauben, dass das alles nur zufällig und unbeabsichtigt geschehen sei, schreibt Kaspersky-Gründer Eugene Kaspersky im Blog des Unternehmens. »Für uns ist glasklar, dass alle diese Maßnahmen bewusst getroffen wurden, um die eigene Lösung zu pushen und Nutzer davon abzuhalten, ihre eigene Entscheidung bezüglich Antivirus zu treffen.«
Kaspersky zufolge suchte man wiederholt den Kontakt mit Microsoft, erhielt aber keine Reaktion, weshalb man nun die Behörden einschalte. Microsoft teilte gegenüber US-Medien mit, man habe Kaspersky vor einigen Monaten ein Treffen auf höchster Ebene angeboten, um die Sorgen des Software-Anbieters besser zu verstehen – doch ein solches Treffen habe bislang nicht stattgefunden.