CRN-Interview: Bitkom zu Lauschangriffen

»Vertrauensverlust für die gesamte Branche«

14. August 2014, 16:31 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die größte Gefahr lauert im eigenen Server-Rack

CRN: Ist die dadurch entstehende Unsicherheit bei den europäischen Cloud-Kunden eine Chance für heimische Anbieter, Produkte wie Datacenter und Cloud „Made in Germany“ bei den Kunden anzubringen? Erwarten Sie einen zusätzlichen Aufschwung für die deutsche ITK-Branche?
Thylmann: Wir beobachten derzeit, dass sich Unternehmen mit besonders hohen Standards für Datenschutz und -sicherheit am Markt positionieren, gerade auch in Deutschland. Wir sind hier aber nicht in einem Nullsummen-Spiel. Gelder werden ja nicht einfach umgeschichtet, von einem Anbieter zum anderen. Gut jedes zehnte Unternehmen hat zum Beispiel laufende Cloud Projekte gekündigt, viele geplante Projekte wurden auf Eis gelegt. Grundsätzlich ist ein Vertrauensverlust für die gesamte Branche messbar. Nach unserer Umfrage halten 86 Prozent der Internetnutzer ihre persönlichen Daten im Internet für unsicher. Zum Vergleich: Im November 2013, auf dem Höhepunkt der Diskussion um die Ausspähung des Handys der Bundeskanzlerin, waren es 80 Prozent – und vor der Affäre im Jahr 2011 nur 55 Prozent. Dabei misstrauen inzwischen 67 Prozent der befragten Internetnutzer der „Wirtschaft allgemein“, wenn es um den Umgang mit ihren Daten im Web geht. Im Jahr 2011 war es 46 Prozent. Die NSA-Affäre hat also ihre Spuren hinterlassen. Dem Vertrauensverlust infolge der Abhöraktionen kann nur mit konkreten Maßnahmen seitens der Politik und der Wirtschaft begegnet werden. Zu den wichtigsten Forderungen des BITKOM gehören Verhandlungen über No-Spy-Abkommen mit anderen Ländern, ein besserer Schutz vor Wirtschaftsspionage, eine stärkere Sensibilisierung von Bürgern und Unternehmen im Bereich der IT-Sicherheit sowie international einheitliche Regelungen zur Herausgabe von Kundendaten an Behörden zur Bekämpfung von Terror und schwerer Kriminalität.

CRN: Was empfehlen Sie innovativen deutschen Unternehmen mit hohem geistigem Kapital? Sollten diese eventuell heimische Cloud-Anbieter bevorzugen, oder ist eine Gefahr der wirtschaftlichen Spionage aus Ihrer Sicht nicht gegeben? Thylmann: Die Bedeutung von IT-Sicherheit wurde lange unterschätzt, sie ist aber essentiell in der digitalen Wirtschaft. Dabei stellt Schutz vor Wirtschaftsspionage einen wichtigen Aspekt innerhalb eines ganzheitlichen Sicherheitskonzepts dar. Für die Unternehmen gilt es, auch den vielfältigen anderen Bedrohungen ihrer Schutzziele gerecht zu werden. Gerade hoch innovative Unternehmen müssen darauf achten, dass ihre Daten und Informationen absolut zuverlässig geschützt werden. Die konkrete Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen hängt von der Unternehmensstruktur und den unternehmenseigenen Prozessen und Daten ab. Mit Cloud-Diensten können insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen ihr Sicherheitsniveau zu moderaten Kosten signifikant erhöhen. Der am wenigsten sichere Platz für Daten ist in aller Regel der Server im eigenen Rack.


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