Die eigentliche Kunst, ein immer noch boomendes Produkt- mit dem Service-Geschäft einschließlich IT-Bereitstellungsmodellen zu verheiraten, ist nämlich keine leichte Management-Aufgabe. Aus eins und eins ist bei einigen Systemhäusern, die klein angefangen haben und schnell über 20 Mitarbeiter gewachsen sind, nicht etwa das erhoffte Ergebnis drei geworden, sondern eher eineinhalb. Die Folge bei so manchem regionalen IT-Haus: Downsizing auf die wieder ursprüngliche Zahl von Mitarbeitern. Wer die internen Prozesse einer zu schnellen Expansion nicht überdenkt, sie mitwachsen lässt oder umorganisiert, hat trotz boomendem Markt unter dem Strich nichts gewonnen.
Diese Gefahr braucht man Holger Kämmerer nicht darzulegen, er kennt sie aus vielen Beratungsmandaten, die seine zweite Firma für Systemhäuser wahrnimmt: Ubega – ausgeschrieben »Umfassende Beratung - einfach gut aufgestellt«. Expansion ging und geht für den ATD-Chef zugleich auch immer mit Prozessveränderung einher. Genau das hat Kämmerer bei seinem eigenen Systemhaus eingeleitet und auf eine agile Organisation mit einem Prozess- und Rollenkonzept gesetzt.
Kern einer agilen Organisation ist: Das Knowhow und die Verantwortung werden möglichst auf alle Schultern verteilt, jeder Mitarbeiter arbeitet demnach in verschiedenen Rollen. Aufgabenbereiche sind im technischen Support bei ATD: Call-Annahme, Help Desk, Field Service und MSP-Betreuung. Im wöchentlichen Jour fixe werden größere Aufgaben besprochen, die tägliche Teamkoordination wird in einem ganz kurzen Meeting besprochen. Einen Disponenten gibt es bei ATD nicht, dafür sorgt ein Teamkoordinator für die nötige Flexibilität – im Einvernehmen mit dem Team. Außerdem stellte Kämmerer schon in diesem Mai einen kaufmännischen Leiter ein. »Ohne solche agilen Strukturen hätten wir dieses Wachstum nicht stemmen können«, sagt Kämmerer.
Ganz wichtig sei es, dass solche Prozessthemen nicht von oben nach unten verordnet werden, sondern das Team im Vorfeld tätig wird und die strukturierte Arbeitsweise gemeinsam entwickelt. Dabei half Kristin Dethloff. Die Beraterin bei Ubega moderiert solche prozessualen Veränderungen, die ja oft nicht frei von Konfliktpotenzial sind. Den psychologischen Nebeneffekt kennt die Betriebswirtin natürlich auch, wenn man aus Betroffenen Beteiligte in einem Change-Prozess macht: »Das selbst gewählte Schicksal ist angenehmer zu tragen«, bestätigt Holger Kämmerer.